Germany
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Theater am Gymnasium: Gleichberechtigung mit Vampiren

Von: Helga Zagermann

Kommentare

Versammlung im Vorstadt-Gymnasium: Vampir- und Menschen-Eltern diskutieren mit den beiden Schulleiterinnen (mittig stehend Direktorin Mortimer, gespielt von Lara Horak, sitzend Direktorin Bahlmann, gespielt von Alexandra Onyshchenko), über die künftige Koedukation von Untoten und Lebenden. Stehend im roten Kleid: Magdalena Oswald, die die Rolle der Dienerin Ernesta erst am Morgen des Aufführungstags übernommen hatte – die eigentliche dafür vorgesehene Schülerin musste mit Fieber im Bett bleiben.
Versammlung im Vorstadt-Gymnasium: Vampir- und Menschen-Eltern diskutieren mit den beiden Schulleiterinnen (mittig stehend Direktorin Mortimer, gespielt von Lara Horak, sitzend Direktorin Bahlmann, gespielt von Alexandra Onyshchenko), über die künftige Koedukation von Untoten und Lebenden. Stehend im roten Kleid: Magdalena Oswald, die die Rolle der Dienerin Ernesta erst am Morgen des Aufführungstags übernommen hatte – die eigentliche dafür vorgesehene Schülerin musste mit Fieber im Bett bleiben. © Weber

Aufruhr vor dem Vorstadt-Gymnasium. Demonstranten halten Schilder hoch. Auf einem steht „Ihr wollt nur unser Blut“. Die Gegenseite skandiert „Koedukation braucht Mut“.

Germering – Was das Unterstufentheater des Max-Born-Gymnasiums (MBG) da auf die Bühne bringt, ist eine Geschichte über Vorurteile. Im Stück „Bitte nicht beißen!“ geht es darum, dass Jugendliche gemeinsam mit Vampir-Teenies unterrichtet werden sollen.

Über 50 Mitwirkende sorgen dafür, dass die Frage danach, wie ein friedliches Zusammenleben gelingen kann, von allen Seiten aus beleuchtet und schließlich humor- und pädagogisch wertvoll beantwortet wird.

(Übrigens: Alles aus der Region gibt‘s jetzt auch in unserem regelmäßigen FFB-Newsletter.)

Als in der Geschichte das Modellprojekt vorgestellt wird, regen sich Menschen- und Vampir-Eltern sofort auf. Wie soll diese Koedukation funktionieren? Gibt es dann in der Schulmensa Blutkonserven für die Vampire? Und findet der Unterricht nachts statt? Es kommt, wie es kommen muss: Die Jugendlichen übernehmen die Vorurteile ihrer Eltern. Finn (Julius Libera) bringt zu seinem Schutz ein Kruzifix, Knoblauch, Holzpflock und Hammer mit in die Schule. Man weiß ja nie.

Plötzlich, nach einem Feueralarm, ist Vampirmädchen Marie (Julia Miller) verschwunden. Dafür wird ein mit Blut besudelter Holzpflock gefunden. Hat Finn Marie angegriffen? Später heißt es: „Das arme Mädchen, getötet von einem rassistischen Mitschüler.“ Jetzt gehen beide Seiten noch aggressiver aufeinander los. Es gründet sich die AVD, die Anti-Vampir-Deutschland-Partei, die eine Bürgerwehr gegen „diese Barbaren“ fordert. Die Jugendlichen sind es dann, die sich zusammenraufen, den Kriminalfall und den Konflikt lösen.

Ein grandioser Kniff ist, dass die Truppe drei Schlussszenen nacheinander aufführt. Erst ein kitschiges Happy End. Dann ein Horrorfilm-Finale. und schließlich das echte Ende der Geschichte: Marie lebt. Und es wird in letzter Sekunde verhindert, dass die durchgedrehte Direktorin der Vampirschule die Weltherrschaft an sich reißt. Untote und Sterbliche beschließen die Zusammenarbeit und rufen dafür die Initiative „Midnight for future“ ins Leben.

Das Theaterstück sollte bereits 2020 aufgeführt werden. Dann kam die Pandemie. So mussten die Lehrerinnen Simone Lehmann und Claudia Frömmer zu Beginn des Schuljahres 2021/22 einen zweiten Anlauf starten: mit einem neuen Wahlkurs Theater (Schüler der fünften, sechsten und siebten Klassen) sowie mit einem neuen Projektseminar (P-Seminar/Q11) zur Studien- und Berufsorientierung, einer Band ehemaliger Schüler, zwei Tanzgruppen und dem unverzichtbaren Technikteam. Alle bekamen am Schluss zurecht langen und lautstarken Applaus für ihre Leistung.

Auch weil klar war, wie schwierig der Weg bis auf die Bühne war. Immer wieder waren Schüler krank oder in Quarantäne. Erst am Wochenende vor der Premiere gab’s den ersten kompletten Durchgang.

Dann wuchs zusammen, was die Unterstufenschüler erarbeitet und die Elftklässlern konzipiert hatten. Die Älteren waren nämlich verantwortlich für Maske, Kostüme, Musik, Regie, Bühnenbild. Sie wurden aber auch als Schauspieler gebraucht. So sprang Magdalena Oswald (Q11) am Tag der Premiere für eine kranke Schülerin ein. Am Vormittag bekam sie den Text, am Abend stand sie als Vampir-Dienerin, eine der Schlüsselrollen, auf der Bühne.

Sie meisterte diese Herausforderung so, als hätte sie sich vorher das Mantra „Ruhig Blut“ vorgesagt. Wäre übrigens auch ein guter Titel für das Stück gewesen. Und ist natürlich die Lehre der Geschichte: Nicht gleich aufregen, sondern erst nachdenken und mit Bedacht agieren.

Noch mehr aktuelle Nachrichten aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck finden Sie auf Merkur.de/Fürstenfeldbruck.

Auch interessant