
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht auf dem Treffen der Verteidigungsindustrie in Kiew
Foto:President Of Ukraine / dpa
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat bei einem Besuch in der Hafenstadt Odessa der Ukraine weiter Unterstützung für den Kampf gegen Russlands Angriffskrieg zugesichert. Er besichtigte dort Anlagen zum Export von Getreide über das Schwarze Meer. Borrell warf Kremlchef Wladimir Putin vor, mit der Blockade und der Bombardierung der Häfen das ukrainische Getreide vom Weltmarkt fernzuhalten und Hunger als Waffe zu nutzen. Dies sei »barbarische Zerstörung«.
Der EU-Außenbeauftragte betonte, es müsse alles getan werden dafür, dass das Getreide weiter auf den Weltmarkt komme. Dafür schaffe die EU alternative »Solidaritätsrouten«, über die bisher mehr als 50 Millionen Getreide und Lebensmittel das Land verlassen hätten.
Borrell verurteilte die Annexion der vier ukrainischen Regionen Cherson, Saporischschja, Luhansk und Donezk, während Russland den ersten Jahrestag der Aufnahme der Gebiete in sein Staatsgebiet feierte. »Wir als Europäische Union unterstützen die Ukraine in ihrem Kampf um die Wiederherstellung ihrer territorialen Integrität«, sagte Borrell.
Er plant zudem eine Zusammenkunft der Außenminister der 27 EU-Staaten in Kiew. Dort soll es um längerfristige Finanzierungszusagen für Militärhilfen gehen sowie um die Lieferung moderner Kampfjets und Raketen. Borrell will von 2024 bis Ende 2027 jährlich fünf Milliarden Euro mobilisieren. Zudem dürfte zumindest am Rande die EU-Beitrittsperspektive der Ukraine Thema sein.
Selenskyj: Allianz der internationalen Rüstungsindustrie gegründet
In der ukrainischen Hauptstadt Kiew kamen bei einem internationalen Rüstungsforum 252 Unternehmen aus mehr als 30 Ländern zusammen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verkündete dabei die Gründung einer Allianz der Verteidigungsindustrie, der sich 38 Unternehmen aus 19 Ländern, darunter auch Deutschland, angeschlossen hätten. In seiner abendlichen Videobotschaft sprach er von einem sehr erfolgreichen Treffen, das helfen solle, das Land zu einem weltweit führenden Waffenproduzenten zu machen.
Priorität habe die Entwicklung einer modernen Verteidigungsindustrie in der Ukraine, sagte Selenskyj. Hergestellt werden sollen demnach in Zusammenarbeit mit führenden Unternehmen etwa Raketen, Drohnen und Artilleriegeschosse, aber auch Panzertechnik und effektive Flugabwehrsysteme, sagte er. Die Mitglieder der Allianz sollten gemeinsam mit der Ukraine ein Arsenal aufbauen.
Ukraine-Hilfe der USA wackelt nach Shutdown-Einigung – Biden sichert weiter Unterstützung zu
US-Präsident Biden forderte nach der Abstimmung im US-Kongress über die Abwendung eines Stillstands der Regierungsgeschäfte schnell weitere Unterstützung für die Ukraine. Die Einigung sei zwar »eine gute Nachricht« für die Menschen im Land, teilte der Demokrat mit. »Wir können unter keinen Umständen zulassen, dass die amerikanische Unterstützung für die Ukraine unterbrochen wird«, mahnte er. Der Kongress hatte zuvor einen Übergangshaushalt bis Mitte November verabschiedet und so einen sogenannten Shutdown abgewendet.
Biden musste das Gesetz noch unterzeichnen. Die Einigung enthält allerdings keine weitere Unterstützung für die Ukraine . Die Spitzen der Demokraten und Republikaner kündigten im Zuge der Abstimmung an, dafür zu sorgen, dass so schnell wie möglich über zusätzliche Unterstützung für das angegriffene Land abgestimmt werden soll.
Ein Jahr Annexion: Putin spricht von Wiederaufbau der Regionen
Russland machte indes deutlich, von seinen Kriegszielen nicht abzulassen. Der Vizechef des russischen nationalen Sicherheitsrates, Dmitrij Medwedew, teilte zum Jahrestag der Annexion der vier Gebiete bei Telegram mit , dass Russland weitere Regionen in der Ukraine einnehmen wolle. Der Krieg werde weitergehen bis zur »vollen Vernichtung des nazistischen Kiewer Regimes«, sagte der Ex-Präsident und bediente sich dabei wieder bekannter Propagandaparolen. Die Regierung in Kiew ist demokratisch gewählt.
Zuvor hatte Kremlchef Putin einen Wiederaufbau der vom Krieg zerstörten Regionen zugesichert. Es würden »Schulen, Krankenhäuser, Wohngebäude und Straßen, Museen und Denkmäler« wieder aufgebaut und neu errichtet, sagte Putin in einer vom Kreml veröffentlichten Videobotschaft.
Putin hatte unter Bruch des Völkerrechts und nach international nicht anerkannten Referenden mit den Besatzungschefs der vier Regionen am 30. September 2022 Verträge über die Aufnahme in die Russische Föderation unterschrieben. Auch nach mehr als anderthalb Jahren Krieg kontrolliert Russland keine der vier annektierten Regionen komplett.
Was heute wichtig wird
Die Ukraine begeht den Tag der Verteidiger des Landes. Es sollten vor allem jene geehrt werden, die ihr Leben für den Unabhängigkeitskampf des Landes gegeben haben, sagte Selenskyj. Um 9 Uhr Ortszeit (8 Uhr MESZ) soll das öffentliche Leben landesweit für eine Schweigeminute zum Erliegen kommen.