Der Kommandeur der russischen Schwarzmeerflotte wurde bei einem ukrainischen Angriff offenbar getötet, meldet die Ukraine. Wer ist der Mann, der schon in Syrien Kriegsverbrechen zu verantworten hatte?
Der ukrainische Raketenangriff auf Sewastopol am vergangenen Freitag hat die russische Schwarzmeerflotte mitten in ihr Herz getroffen. Die eingesetzten Marschflugkörper beschädigten nicht nur das Hauptquartier des Marineverbands auf der von Russland besetzten Halbinsel Krim schwer, sondern töteten laut ukrainischen Angaben angeblich auch den Kommandeur der Schwarzmeerflotte, Admiral Wiktor Sokolow. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Angaben nicht. Wie bei Verlusten höherer Abgeordneter in der Vergangenheit üblich, äußerte sich Moskau nicht zu dem Vorfall.
Am 27. September zeigte das russische Fernsehen allerdings ein Interview mit Sokolow, der nach ukrainischen Angaben am 22. September getötet worden sein soll. Es ist aber unklar, ob es vor oder nach dem Angriff aufgenommen wurde.
Für die russischen Truppen auf der von Russland völkerrechtswidrig annektierten Krim dürfte der Raketenschlag dennoch wohl einer der folgenreichsten Angriffe seit Beginn der Invasion in die Ukraine sein. Laut einer Mitteilung der Spezialeinheiten der ukrainischen Streitkräfte, die den Einsatz als "Operation Krabbenfalle" bezeichnen, sei das Hauptquartier mitten während eines Treffens der Führungsebene der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol getroffen worden.
Neben Sokolow sollen nach ukrainischen Angaben 33 weitere Offiziere ums Leben gekommen und mehr als 100 Menschen verletzt worden sein. Das Gebäude des Hauptquartiers sei unwiederbringlich beschädigt. Russland meldete zunächst nur einen vermissten Soldaten. Besonders Sokolows angeblicher Tod dürfte ein schwerer Schlag für Russlands Kriegsmarine im Angriffskrieg gegen die Ukraine sein. Wer ist der Mann, der zumindest bis Freitag das Kommando der Schwarzmeerflotte innehatte?
Wer ist Wiktor Sokolow?
Wiktor Sokolow wurde 1962 in Bendery, einer Stadt in der moldauischen Region Transnistrien, geboren. Er besuchte zwischen 1980 und 1985 das St. Petersburger Marineinstitut. In den folgenden Jahren stieg Sokolow innerhalb der russischen Marine immer weiter auf. So kommandierte er zunächst Minenabwehrfahrzeuge der russischen Pazifikflotte. Ab 2013 diente er als Vizekommandeur der Nordflotte.
In dieser Funktion war er ab Mitte 2016 für einen Verband der Nordflotte verantwortlich, den Moskau von November 2016 bis Januar 2017 zur Unterstützung des Regimes von Syriens Herrscher Baschar al-Assad im syrischen Bürgerkrieg schickte. Dazu gehörten der Flugzeugträger "Admiral Kusnezow" sowie der Lenkwaffenkreuzer "Pjotr Weliki".
Laut russischen Angaben führten Marineflieger während des zwei Monate andauernden Einsatzes 420 Luftangriffe durch. Ziele sollen laut dem Oberkommandeur der russischen Truppen in Syrien zufolge "Infrastruktureinrichtungen, Konzentrationen von Militanten und militärischer Ausrüstung, Feuerstellungen und Hochburgen illegaler bewaffneter Gruppen" gewesen sein. Doch so nüchtern die russische Militärführung die Angriffe beschreibt, waren sie keinesfalls.
Russische Kriegsverbrechen in Syrien
Russland werden zahlreiche Kriegsverbrechen während seiner Intervention im syrischen Bürgerkrieg vorgeworfen. So zielten die russischen Angriffe oft auf Schulen, Krankenhäuser und Behausungen von Zivilisten ab. Dabei setzte Russland auch auf die sogenannte "Double Tap"-Strategie, bei der auf einen Luftangriff wenige Minuten später ein weiterer erfolgt, der bis dahin eingetroffenen Rettungskräften schaden soll.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte gab im vergangenen Januar die Zahl der zivilen Opfer durch russische Militäroperationen in Syrien mit 8.697 an, allein 2.112 Opfer waren minderjährig. Als Kommandant der Abordnung der Nordflotte war auch Admiral Sokolow für die Angriffe auf Zivilisten in Syrien verantwortlich.