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Unklare Gaspreisbremse: Entscheidung über weitere Entlastungen wird wohl vertagt

Stephan Weil (r.), Niedersachsens Ministerpräsident und Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, mit NRW-Regierungschef Hendrik Wüst

Stephan Weil (r.), Niedersachsens Ministerpräsident und Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, mit NRW-Regierungschef Hendrik Wüst

Foto: Britta Pedersen / dpa

Inflation, steigende Flüchtlingszahlen, galoppierende Energiepreise – bei ihrem Treffen am heutigen Dienstag haben Bund und Länder viel zu besprechen. Doch in vielen Fragen wird die Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz wohl keine abschließende Einigung erzielen.

Das zeichnet sich angesichts der jüngsten Version der Beschlussvorlage für das Treffen ab, die dem SPIEGEL vorliegt. Darin heißt es, »dass die Notwendigkeit weiterer Hilfsmaßnahmen und etwaiger Steuersenkungen vom Zeitpunkt und der Wirkung der Energiepreisbremsen abhängt«. Da aber noch nicht genau feststeht, wie eine Gas- oder Strompreisbremse genau aussehen wird, sind konkrete Gespräche über andere Maßnahmen schwierig.

Die konkrete Ausgestaltung der Preisdeckel soll unter Berücksichtigung der Arbeit der »ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme« festgelegt werden, heißt es in der Beschlussvorlage. Das Gremium werde zeitnah im Oktober Vorschläge präsentieren. Sobald die Einzelheiten zur Wirkung der Energiepreisbremsen absehbar sind, soll es laut der Beschlussvorlage Beratungen von Bund und Ländern geben – spätestens bis Ende Oktober.

Die Bundesregierung hatte sich in der vergangenen Woche geeinigt, 200 Milliarden Euro  aus dem wegen der Coronakrise etablierten Wirtschaftsstabilisierungsfonds zur Verfügung zu stellen, um die Gaspreise für Bürger und Unternehmen in den Griff zu bekommen. Dazu soll der Fonds neu ausgerichtet werden.

Insbesondere, so heißt es in der Beschlussvorlage, werde zu prüfen sein, ob und inwieweit über die Energiepreisbremse hinaus auch rückwirkend zielgenaue Wirtschaftshilfen und Härtefallregelungen erforderlich seien. Konkret werden als mögliche Optionen Hilfen für bestimmte Bevölkerungsgruppen oder Branchen genannt:

  • Industrie, kleine und mittlere Unternehmen, Handwerk und Einzelhandel

  • kommunale Energieversorger

  • Krankenhäuser sowie Universitätskliniken und Pflegeeinrichtungen

  • soziale Infrastruktur

  • Kulturveranstaltungen und Sport

  • eine Anpassung des Anwendungsbereichs des Kurzarbeitergeldes an die aktuelle Situation

»Nur ein Zwischenstand«

Dass eine konkrete Einigung zu möglichen weiteren Entlastungen bei den heutigen Beratungen nicht zu erwarten ist, hatten der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD), und sein NRW-Amtskollege Hendrik Wüst (CDU) bei einer Pressekonferenz vor Beginn des Treffens der Länder mit Scholz gesagt.

Heute könne es »keine abschließende Beratung sein«, sagte Weil, »sondern nur ein Zwischenstand«. »Solange wir noch nicht ganz genau wissen, welche Teile der Bevölkerung werden denn jetzt in welchem Maße entlastet, können wir auch relativ schwer die Frage beurteilen, wo braucht es zusätzliche Hilfsprogramme, welche Bereiche sind nicht erfasst«, sagte Weil. Er gehe daher nicht von abschließenden Beratungen zwischen Bund und Ländern in den Finanzfragen aus.

Die Bundesländer hätten »eine gemeinsame Sicht auf die Dinge«, sagte Weil. Und auch Wüst betonte, die 16 Ländern hätten eine Meinung. Das 200-Milliarden-Paket sei bekannt, aber eine Wundertüte, weil noch nicht klar sei, was dies im Einzelnen bedeute, etwa für Familien. Erst wenn klar sei, was Energie genau koste, könne man andere Entlastungen zielgenau gestalten – etwa für Personen mit kleinem oder mittlerem Einkommen und kleinere Betriebe.

Die beiden Ministerpräsidenten deuteten zudem an, dass sie vom Bund ein finanzielles Entgegenkommen erwarten. Wüst formulierte, der Bund müsse den Ländern und Kommunen Raum lassen. Angesichts steigender Kosten etwa bei kommunalen Energieversorgern, Krankenhäusern oder dem ÖPNV haben die Länder bereits in den vergangenen Wochen gefordert, der Bund müsse sich auch bei Aufgaben, die in der Hoheit der Länder oder Kommunen sind, stärker engagieren.