Mit der 90-jährigen Dianne Feinstein stirbt die älteste Senatorin der USA. Sie war zuletzt auch ein Beispiel für die heillose Überalterung der politischen Klasse Amerikas.
Als Frau hat Dianne Feinstein die Politik der USA maßgeblich mitgeprägt. Nicht nur ihr jahrzehntelanger Einsatz gegen Schusswaffengewalt machte sie zur Ikone. Wofür sie aber am Ende ihrer Karriere in Erinnerung bleibt, ist ein in Washington weit verbreitetes und reichlich ungesundes Verhalten. Trotz schwerwiegender gesundheitlicher Probleme und Greisenalters klebte die demokratische Politikerin aus dem Bundesstaat Kalifornien buchstäblich bis zum letzten Atemzug an ihrem Amt. Mehr zu Feinsteins Tod lesen Sie hier.
Wie verbreitet das Phänomen extrem alter Politiker in den USA ist, zeigt schon ein kleines Rechenbeispiel aus jener Parlamentskammer, in der Dianne Feinstein in den vergangenen Jahren, wenn überhaupt, fast nur noch im Rollstuhl erschienen war. Im 118. US-Kongress betrug das Durchschnittsalter der Senatorinnen und Senatoren bislang 64 Jahre. Bis auf wenige Ausnahmen befinden sich die meisten von ihnen also längst im Rentenalter. Mit dem Tod der 90-jährigen Dianne Feinstein sinkt dieses Durchschnittsalter nun nur geringfügig auf 63,7 Jahre.
Dass es Senatoren wie Feinstein überhaupt gelingt, so lange im Amt zu bleiben, obwohl sie nicht einmal mehr an Sitzungen teilnehmen können, verdanken sie meist vor allem ihren Mitarbeitern. Von Feinstein ist unter anderem bekannt, dass ihre Büroangestellten den Laden am Laufen hielten, auch weil sie sonst um ihre eigenen Posten hätten fürchten müssen.
Das gleiche Phänomen gilt für den Minderheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell. Obwohl der 81-Jährige bereits zwei schwerwiegende öffentliche Aussetzer hatte, bei denen er minutenlang mit eingefrorenem Gesicht in die Kameras starrte und nichts mehr sagen konnte, macht er weiter, massiv gestützt von seinem treu ergebenen Mitarbeiterstab.
Feinstein ist keine Ausnahme, sondern die Regel
Erfahrung schadet gerade in politischen Ämtern zwar nicht, aber die USA befinden sich seit Jahren auf dem Weg in eine Gerontokratie, einer Herrschaftsform, die vor allem von den Alten einer Gesellschaft bestimmt wird. Das hat Folgen für eine Demokratie in einer sich schnell wandelnden und technologisch immer komplexer werdenden Zeit. Die jüngeren Generationen sind unterrepräsentiert. Vielfältige Perspektiven fehlen. Notwendige Veränderungen erfolgen schleppender. Vielversprechenden politischen Talenten gelingt der Aufstieg in wichtige Ämter nicht, weil die Alten blockieren.
Prominentestes Beispiel ist der mächtigste Mann im Staat: US-Präsident Joe Biden. Mit seinen 80 Jahren ist er der älteste jemals amtierende amerikanische Präsident. Selbst wenn man von seinem regelmäßigen Stolpern und den vielen verbalen Aussetzern absieht, ist unbestreitbar: Ein 80-Jähriger ist in diesem extrem fordernden Amt nicht so belastbar, wie jüngere Präsidenten es sein könnten. Hinzu kommt: Die Demokraten haben nicht einmal einen geeigneten Nachfolger für Biden. Sollte es ihm gesundheitlich schlechter gehen, womöglich vor den kommenden Präsidentschaftswahlen, stünde ihnen keine vielversprechende Alternative zur Verfügung.