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Viel Verzicht, wenig Freiheit: Kinder, die Angehörige pflegen

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Kinder, die in die Pflege von Angehörigen eingebunden werden, müssen auch auf emotionale Ebene Unterstützung geben.

(Foto: picture alliance / photothek)

Für einige Jugendliche heißt es statt Sport, Party oder Treffen mit Freunden nach der Schule: Kochen, Waschen, Kümmern. Sie sind mit der Pflege von Angehörigen beschäftigt und übernehmen dabei viel Verantwortung. Kleine Freiheiten sind von großer Bedeutung.

Junge Leute gehen zur Schule oder hängen mit ihren Freunden ab. Manche von ihnen müssen sich aber auch um ihre kranken Eltern kümmern. Was das mit ihnen macht, zeigt die Reportage "Re: Pflegende Jugendliche", die am Donnerstag auf Arte läuft. Adrien lebt in der französischen Kleinstadt Bazas, im Südwesten des Landes - und an vielen Tagen muss er sich gleich als Erstes um seine kranke Mutter Alexandra kümmern. Die 41-Jährige leidet seit zehn Jahren unter Parkinson. Alle drei Stunden muss Alexandra wichtige Medikamente einnehmen, ohne die ihre Muskeln versteifen würden.

An Adrien, dem ältesten von drei Kindern, bleibt die meiste Verantwortung hängen. Zum Glück braucht der Teenager nur zehn Minuten zu Fuß zur Schule und kann im Notfall schnell daheim sein. Auch das Einkaufen und Kochen wird von Adrien mehrfach pro Woche erledigt. Dabei muss er sehr auf die Kosten achten, da die Familie lediglich von einer kleinen Invalidenrente lebt. Der Vater hat Frau und Kinder vor neun Jahren verlassen - inzwischen bekommt Adrien aber Unterstützung von einer Krankenschwester und einer Haushaltshilfe.

Leonora aus Saint Brieuc in der nordfranzösischen Bretagne sorgt seit Kindesbeinen für ihre schwerbehinderte jüngere Schwester Joyce, die in einer speziellen Einrichtung lebt. Zwei- bis dreimal pro Woche fährt die 28-Jährige dorthin, um sie zum Logopäden oder woanders hinzubringen - oder einfach, um sie zu besuchen. Joyce wurde zu früh geboren und hat dadurch einen schweren Hirnschaden erlitten. Leonora hat schon früh lernen müssen, Verantwortung zu übernehmen und insbesondere emotionale Unterstützung zu geben.

Kleine Freiheiten

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Joyce wurde zu früh geboren und hat dadurch einen schweren Hirnschaden erlitten.

(Foto: picture alliance/dpa/NDR)

Adrien und Leonora leisten Beachtliches und müssen dabei auf viele Dinge verzichten, die sie in ihrem Alter gerne machen würden: Freunde treffen, ins Kino gehen, mal ausgelassen feiern. Sie sorgen dennoch rührend für ihre Mutter oder Schwester und meistern dabei einige größere Probleme. Ihr ganzes Leben ist von Unruhe und Sorgen geprägt, auch finanziellen - in Frankreich gibt es für Kinder und Jugendliche, die ihre Eltern oder Geschwister pflegen, wenig Hilfe vom Staat, die obendrein eine komplizierte Bürokratie mit viel Papierkram bedeutet.

Umso wichtiger sind für beide ihre Freiheiten, sei es die eigene Wohnung für Leonora oder das Basketballspielen für Adrien. Auch eine gemeinsame Auszeit in einem hübschen Schloss, die von einem Verein organisiert wird, bringt Abwechslung. Dort kann Adrien endlich einmal richtig abschalten, er dreht einen Film oder macht eine Wanderung mit Picknick. Er kann sich hier mit Freunden austauschen und hat sogar eine Freundin gefunden. Joyce bekommt einen Geländerollstuhl, mit dem auch sie an Ausflügen teilnehmen kann. Diese kleinen Freiheiten sind für alle von großer Bedeutung.