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Wasser rationieren? So will Lemke für globale Gerechtigkeit sorgen

Es beginnt mit einem Schaulaufen. Dutzende schwarze Limousinen fahren am Mittwochmorgen (Ortszeit) am United Nations Plaza vor, direkt am East River in Manhattan gelegen. Dass das Hauptquartier der Vereinten Nationen unmittelbar am Ufer des als dreckig verschrienen Flusses hochragt, ist Zufall. Und doch ist es passend. Bis Freitag nehmen hier in New York hochrangige Politiker aus aller Welt an einer Konferenz für sauberes Wasser teil.

Aus einem der Fahrzeuge steigt Umweltministerin Steffi Lemke. Auf der Weltbühne in New York ist auch die Bundesregierung wieder in hoher Mission unterwegs. Sie will das Wasser retten. „Verschmutzung, Übernutzung, Dürren und Überschwemmungen gefährden die gesamte globale Entwicklung“, sagt Lemke.

Ein UN-Nachhaltigkeitsziel, wonach alle Menschen bis 2030 Zugang zu sauberem Wasser haben sollen, gibt es zwar schon. Doch die weltweite Umsetzung geht den Deutschen nicht schnell genug. Sie sei zu fragmentiert, zu schlecht koordiniert, findet die Grünenpolitikerin. „Das muss sich ändern“, mahnt sie.

Aktuelle Zahlen bestätigen sie darin. Jeder vierte Mensch hat weltweit keinen ausreichenden Zugang zu Wasser, also rund zwei Milliarden Menschen, heißt es im jüngsten UN-Report. Und etwa 3,4 Milliarden Menschen leben demnach ohne sanitäre Anlagen. In ärmeren Ländern bestehe vor allem ein existenzielles Risiko wegen schlechter Wasserqualität, in Industrieländern sei der hohe Verbrauch durch die Landwirtschaft problematisch.

Es brauche deshalb zwischenstaatliche Vereinbarungen zur grenzüberschreitenden Wasserbewirtschaftung, fordert die Ministerin in New York. Und auch einen eigenen UN-Sondergesandten für Wasser. Das aktuelle UN-Treffen ist das erste seit 1977, bei dem es ausschließlich ums Wasser geht. Auf der Konferenz wird über kein großes Abkommen verhandelt, es soll aber über ein nicht-verbindliches Aktionspapier abgestimmt werden.

Deutschlands Vorreiterrolle beim Wasser

Deutschland sieht sich jetzt in der Vorreiterrolle. Denn in der vergangenen Woche brachte Lemke ihre „Nationale Wasserstrategie“ durch das Bundeskabinett. Für deren Inhalte wolle sie auch auf der internationalen Bühne werben, kündigt sie an. Ziel sei es, dass Wasser „ausreichend und dauerhaft in guter Qualität“ sowohl für Menschen als auch für Ökosysteme zur Verfügung steht.

Dazu gehöre etwa eine „wassersensible Stadtentwicklung“: Mehr Grün und weniger versiegelte Flächen sollen dafür sorgen, dass Wasser in den Metropolen besser gespeichert wird. Auch werden Länder und Kommunen künftig gesetzlich verpflichtet, Risikokarten für Starkregen zu erstellen – und die Ergebnisse bei der Bauplanung zu berücksichtigen.

Die meisten Bürger dürfte jedoch eine Frage interessieren, auf die es auch mit der Strategie noch keine Antwort gibt: Wie soll das Wasser künftig verteilt werden? Gemeinsam mit den Ländern will Lemke jedenfalls ein Konzept erarbeiten, wie die Politik im Falle einer Mangellage die Versorgung sichern kann. Vorrang habe der Mensch, machte die Ministerin klar. Und doch muss eine Abwägung zwischen Industrie, Landwirtschaft und Verbrauchern her – eine sogenannte Wassernutzungshierarchie.

Gardasee leidet stark unter einer anhaltenden Dürreperiode

Der beliebte Gardasee im Norden von Italien leidet gerade stark unter einer anhaltenden Dürreperiode. Hinzu kommt aber auch noch, dass Schleusen geöffnet werden mussten, damit der Rest des Landes nicht austrocknet.

Quelle: WELT/ Jonas Feldt

Als Beispiel für Konflikte fällt immer wieder der Name eines Unternehmens: Tesla. „Da beobachten wir, dass sich vor Ort viele Menschen für das Thema Wasser interessieren, weil es da auch Nutzungskonflikte gibt“, erklärte jüngst ein Ministeriumssprecher. Gemeint ist die Giga-Factory des US-Autobauers im brandenburgischen Grünheide. Umweltaktivisten, Konzern und Behörden liefern sich seit Bestehen der Giga-Factory einen Schlagabtausch.

Die Aktivisten werfen Tesla immer wieder einen zu hohen Wasserverbrauch vor. Dabei herrsche in der Region Ostbrandenburg schon jetzt Wassermangel. Der Wasserverband Strausberg-Erkner hatte im Sommer sogar damit begonnen, das Wasser für Neukunden in seinem Verbandsgebiet zu rationieren. Tesla-Chef Musk hatte Wasserprobleme zuletzt regelmäßig zurückgewiesen. Und auch Behörden betonten, dass sich die Bürger vor Ort keine Sorgen machen müssten.

Die Trinkwasserversorgung muss oberste Priorität haben

Ob es solche Probleme künftig nicht mehr gibt, bleibt mehr als fraglich. Die nationale Wasserstrategie sei eine übergreifende Strategie, betont das Haus von Ministerin Lemke. Es werde zwar eine bundesweite Leitlinie entwickelt, die im Fall von regionaler Wasserknappheit angewendet wird. Die soll allerdings nur den zuständigen Behörden vor Ort bei der Entscheidung helfen, wer vorrangig Wasser nutzen darf. „Der Bund regelt die übergreifende Strategie, und die Länder und die Kommunen kümmern sich dann um einzelne Betriebe“, heißt es aus dem Ministerium.

Während Lemke in New York das große Ganze anmahnt, bekommt sie für ihre nationalen Pläne zudem Kritik – und das aus dem eigenen Lager. Umweltaktivisten werfen der Ministerin vor, die beschlossene Strategie zu vorherigen Entwürfen gravierend abgeschwächt zu haben. „In allen Entwürfen hieß es stets: Die Trinkwasserversorgung muss oberste Priorität haben“, schreibt etwa Aktivistin Luise Neumann-Cosel im Kurznachrichtendienst Twitter.

In der gültigen Version heißt es nun: Man müsse sicherstellen, dass ausreichende Ressourcen „für die Trinkwasserversorgung und andere prioritäre Nutzungen zum Wohl der Allgemeinheit“ zur Verfügung stehen. „Was ja einfach alles sein kann“, beklagt Neumann-Cosel. Etwa auch für die Nahrungsmittel- und Futterproduktion.

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Das Bundesumweltministerium widerspricht: „Trinkwasserversorgung hat weiterhin oberste Priorität in Deutschland“, erklärte ein Sprecher unlängst. Es sei im Wasserhaushaltsgesetz klar geregelt, dass die Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser Vorrang vor anderen Nutzungen habe. Und auch die Ministerin selbst betont in New York erneut: „Trinkwasser first“ sei ihr Credo. Außerdem sei die beschlossene Strategie nun eine der gesamten Bundesregierung, während vorherige Entwürfe lediglich aus dem Umweltministerium stammten.

Zur Strategie gehört daneben auch eines: Wasser sparen. Vor allem in Industrie und Landwirtschaft soll es Anreize geben. „Wir werden prüfen, ob Instrumente wie die Weiterentwicklung von Wasserentnahme-Entgelten und smarte Wassertarife dazu beitragen können“, heißt es im Papier. Doch die Verbraucher nimmt die Umweltministerin nicht aus. Auch bei ihnen komme es auf einen sorgsamen Umgang mit Wasser an, sagt die Ministerin in New York.

Und so stelle sich die Frage, ob etwa Swimmingpools auch in Dürreperioden noch gefüllt werden müssten. Wie genau das mit dem Sparen geht, dürften Verbraucher schon bald beigebracht bekommen: Das Umweltministerium will noch in diesem Jahr eine Kommunikationsstrategie zum Thema Wasser in Auftrag geben.

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