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Wieso Lula Scholz abblitzen ließ

Mit seinem Wunsch nach Munitionslieferungen blitzte Kanzler Scholz in Brasilien ab. Präsident Lula will stattdessen gemeinsam mit China im Ukraine-Krieg vermitteln. Was das zu bedeuten hat.

Das Wichtigste im Überblick

Gänzlich nach Plan lief das nicht. Kanzler Olaf Scholz ist derzeit zu Besuch in Brasilien. Gemeinsam mit Präsident Lula da Silva trat er in der Nacht nach einem vierstündigen Gespräch vor die Presse. Doch als es dort um den Ukraine-Krieg ging, brachte Lula den Kanzler in Bedrängnis.

Scholz betonte, dass es die klare gemeinsame Haltung gebe, dass beide Länder den russischen Angriff verurteilten. Doch Lula wirkte in dieser Frage nicht so klar. Es müsse noch herausgefunden werden, wer die Schuld an diesem Krieg trage. Und weiter: "Kriege heute passieren, passieren, weil es keine Verhandlung gibt, weil es niemanden gibt, der sich zusammen an den Tisch setzt."

Sein Vorschlag: Brasilien könne gemeinsam mit China in dem Krieg vermitteln. Dabei hatte die chinesische Regierung gerade erst den USA die alleinige Schuld an dem russischen Überfall auf die Ukraine zugeschrieben. t-online erklärt, was dahinterstecken könnte.

Wie positioniert sich Brasilien im Ukraine-Krieg?

Brasilien betrachtet sich nach Aussage Lulas als "Land des Friedens". Was das bedeutet, hat nun auch Kanzler Scholz gelernt: Dessen Bitte, der Ukraine Panzermunition zu liefern, erteilte Lula eine klare Absage: "Brasilien hat kein Interesse, die Munition weiterzugeben, damit sie im Krieg zwischen der Ukraine und Russland benutzt wird", sagte er.

Denn, und das ist der Kern des Ganzen: Für Lula ist die Schuldfrage im Ukraine-Krieg keineswegs klar. Vielmehr vertritt er die Ansicht, dass beide Parteien verantwortlich für die Auseinandersetzung sind. "Ich glaube, Russland hat den klassischen Fehler begangen, in das Territorium eines anderen Landes einzudringen", sagte er. "Aber ich denke immer noch: 'Wenn einer nicht will, streiten zwei nicht.'"

An einem friedlichen Ende sind laut Lula beide Seiten nicht interessiert. Wie andere nicht-westliche Staaten zuvor versucht auch Brasilien damit eine neutrale Stellung einzunehmen: auf der einen Seite gute Beziehungen zur EU und den USA zu suchen, aber eben auch zu China und zu Russland.

Welche Bedeutung haben Lulas Worte?

Brasilien steht derzeit besonders im Fokus – gemeinsam mit den anderen sogenannten BRICS-Staaten. Das sind neben Brasilien und Russland noch Indien, China und Südafrika – fünf Länder abseits des Westens, die politisch und wirtschaftlich besonders einflussreich sind und in unterschiedlichen Konstellationen zusammenarbeiten. Russland ausgeklammert sind sie wichtige Akteure der internationalen Gemeinschaft – und dementsprechend schwer wiegt ihr Wort auch im Ukraine-Krieg.

Und da scheint sich derzeit etwas zu drehen. Ungewöhnlich deutlich etwa wurde die chinesische Regierung am Montag. "Die USA sind diejenigen, die die Ukraine-Krise ausgelöst haben", sagte Außenamtssprecherin Mao Ning vor der Presse in Peking. Sie seien auch "der größte Faktor, der die Krise anfacht". Bislang hatte sich China bei direkten Schuldzuweisungen zurückgehalten.

Ning reagierte damit auf eine Anschuldigung der USA, chinesische Firmen würden die russische Seite unterstützen. Und auch Südafrika bewegte sich zuletzt von einer neutralen Position eher in Richtung der russischen Sichtweise.

Brasilien ist da nicht so eindeutig: In der Pressekonferenz äußerte sich Lula unentschieden, in der gemeinsamen Abschlusserklärung mit Scholz hingegen verurteilen beide Länder Russlands Invasion deutlich. Dennoch: Auf eine Seite schlagen wird sich Brasilien wohl nicht. "Wir werden Beziehungen mit jedem führen", kündigte Lula am 1. Januar 2023 in seiner Antrittsrede an.

Was steckt hinter den Vermittlerplänen mit China?

Um diese Frage zu beantworten, lohnt es sich, einen Blick auf Lulas politisches Programm zu werfen. Der brasilianische Präsident ist sehr klar darin, wie er die künftige Ordnung der Welt sieht: "auf Dialog basiert, Multilateralismus und Multipolarität". Große Worte, die heruntergebrochen bedeuten: Es gibt nicht mehr die ganz großen Bestimmer, die die Welt in ihre Einflusssphären unterteilen. Sondern eben viele verschiedene einflussreiche Akteure. Und darunter sieht Lula auch: Brasilien.

Dass Lula sein Land und China als Vermittler ins Spiel bringt, ist auch in diesem Kontext zu sehen: Er sucht den Weg Brasiliens zurück auf die Weltbühne, nachdem das Land unter dem Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro an Einfluss verloren hatte.