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Wirbel um Netanjahu-Rede: Gewerkschaften legen "Staat Israel still"

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Die Proteste sind in der Nacht eskaliert.

(Foto: picture alliance/dpa)

Israels Gewerkschaften schalten sich in den Protest um die geplante Justizreform ein und trommeln zum "historischen" Arbeitsstreik. Derweil verzögert sich eine Rede, in der Ministerpräsident Netanjahu das Aus des Gesetzes ankündigen könnte.

Zur Unterstützung der landesweiten Massenproteste in Israel gegen die von der Regierung geplante Justizreform hat die größte israelische Gewerkschaft zu einem sofortigen "Generalstreik" aufgerufen. "Ich rufe zu einem Generalstreik auf", sagte der Chef des Gewerkschaft-Dachverbandes Histadrut, Arnon Bar-David, in einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz. "Wenn diese Pressekonferenz endet, steht der Staat Israel still", sagte der Gewerkschaftschef.

Histadrut rief zu dem "historischen" Arbeitsstreik auf, um "den Wahnsinn" der umstrittenen Justizreform der Regierung zu stoppen. Der Leiter der Arbeitergewerkschaft am internationalen Flughafen Ben-Gurion bei Tel Aviv, Pinchas Idan, sagte: "Ich habe den sofortigen Startstopp am Flughafen angeordnet." Es wird erwartet, dass Zehntausende von den Flugänderungen betroffen sind.

Ansprache von Netanjahu erwartet

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu will sich zur Justizreform äußern. Es wird erwartet, dass Netanjahu einen Stopp der umstrittenen Pläne seiner rechts-religiösen Regierung ankündigen könnte. Die genaue Uhrzeit war zunächst jedoch unklar. Die nach Medienberichten ursprünglich für 09.00 Uhr (MESZ) geplante Ansprache verzögerte sich am Vormittag. Hintergrund soll ein Streit innerhalb der Koalition sein.

Wie die israelische Tageszeitung "Haaretz" berichtet, habe Netanjahu am Morgen zunächst einen Stopp des umstrittenen Gesetzes erklären wollen. Weil Justizminister Yariv Levin und der Minister für öffentliche Sicherheit Itamar Ben-Gvir daraufhin mit ihrem Rücktritt gedroht hätten, habe Netanjahu seine Erklärung jedoch verschoben. Zuvor hatte ein Vertreter von Netanjahus Likud-Partei laut dem TV-Sender Kanal 12 gesagt, der Ministerpräsident wolle einen Stopp der Justizreform verkünden.

Nach der Entlassung von Verteidigungsminister Joav Gallant durch Netanjahu waren in der Nacht Tausende Demonstranten in Tel Aviv und anderen Städten des Landes auf die Straße gegangen. Der Minister, ein Parteifreund und bislang enger Vertrauter von Netanjahu, war von dem umstrittenen Vorhaben der ultrarechten Regierungskoalition zum Umbau der Justiz abgerückt und hatte eine Unterbrechung des Gesetzgebungsverfahrens gefordert. Er warnte, eine fortdauernde Spaltung der Bevölkerung in dieser Frage könne zu einer "wirklichen Bedrohung für die Sicherheit Israels" werden. Daraufhin war Gallant am Sonntagabend entlassen worden.

Präsident Herzog fordert "sofortigen Stopp"

Israels Präsident Isaac Herzog, der bereits zuvor wiederholt vor einer Spaltung der Gesellschaft und einem "Bürgerkrieg" infolge des Gesetzesvorhabens gewarnt hatte, schloss sich Gallants Forderung an. Nach den spontanen nächtlichen Protesten als Reaktion auf Gallants Entlassung rief Herzog die rechtsreligiöse Regierung erneut zu einem "sofortigen Stopp" des Gesetzgebungsverfahrens auf. "Wir waren vergangene Nacht Zeugen sehr schwieriger Szenen", erklärte Herzog via Twitter. Ihm zufolge ist die "ganze Nation in tiefer Sorge". "Unsere Sicherheit, unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft - alles ist bedroht."

"Um der Einheit des israelischen Volkes und der notwendigen Verantwortung willen fordere ich Sie auf, den Gesetzgebungsprozess sofort zu stoppen", appellierte Herzog an die Regierung. Die Pläne der ultrarechten Regierungskoalition zum Umbau der Justiz in Israel sorgen seit Wochen für Massenproteste. Sie zielen darauf ab, die Befugnisse der Justiz und des Obersten Gerichts einzuschränken und die Stellung des Parlaments und des Ministerpräsidenten zu stärken.

Netanjahu, gegen den ein Prozess wegen Korruption anhängig ist, stellt die Reform als notwendig dar, um das Gleichgewicht in der Gewaltenteilung wiederherzustellen. Kritiker befürchten hingegen eine Aufhebung der Gewaltenteilung und eine Aushöhlung der Demokratie in Israel.