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WM-Kolumne: Fülle, Du bist Deutschland

Ein Maximum an Freude: Niclas Füllkrug

Ein Maximum an Freude: Niclas Füllkrug

Foto: Luca Bruno / dpa
Katar kompakt – die Mini-Kolumne zur WM

Bei der wohl irrsten WM aller Zeiten werden irre Dingen passieren. Unser Kolumnist würdigt täglich die schillernden, absurden, schönen und durchgeknallten Katar-Momente. Lesezeit: Garantiert unter einer Minute.

Warum bekomme ich Angst, wenn sich Deutsche übermäßig freuen? Vielleicht weil wir immer ein bisschen zu laut sind, die Jubelschreie zu brachial, die Gesichter zu angespannt. Wenn sich Deutsche freuen, explodieren Kühlschränke. Niclas Füllkrug jubelt einfach gar nicht. Danke, Fülle. Wie Du bist, sollte Deutschland werden.

Füllkrug wirkte nach dem 1:1 gegen Spanien wie ein Grundschüler, der den Bus verpasst hat. Vielleicht jubelte er innen, man weiß es nicht. War ihm das Tor peinlich? Nach dem Spiel sagte er den wunderbar programmatischen Satz: »Wir müssen jetzt nicht durchdrehen.« Man könnte das über die ganze WM plakatieren.

Die besten Interviews mit Fußballern entstehen sowieso wenige Sekunden nach dem Schlusspfiff. Wenn die Gladiatoren nach dem Fight um ihr Leben ein Mikrofon ins Gesicht geschoben bekommen. Verschwitzte Boys aus deiner Umgebung. Goretzka ließ die Schultern hängen, Kimmich hatte das Spiel, das er mitgespielt hatte, offenbar komplett vergessen. Vielleicht war er gedanklich schon daheim auf dem Sofa. Der einzige, der erholt wirkte, war Thomas Müller, der fröhlich plauderte, bis ihm plötzlich die Niederlage gegen Japan wieder einfiel und er seufzte: »Wir hatten uns das alles ganz anders vorgestellt.« Was Neuer gesagt hat, habe ich vergessen.

Füllkrug hat uns ein paar Minuten Erholung von dieser absurden WM verschafft, von der korrupten Fifa, dem Turnier in der Wüste. Vielleicht überstehen wir die Vorrunde, vielleicht nicht. Ein Unentschieden ist der Sieg des kleinen Mannes. Der erste Advent ist ein Mini-Weihnachten gewesen. Fülle Nacht, heilige Nacht. Wir drehen nicht durch.