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„Zwölf Familien sind da drunter. Nicht ein einziger kam heraus“

Weinende Kinder, eingestürzte Häuser und überfüllte Krankenhäuser – die Bilder aus dem Erdbebengebiet sind für syrische Familien und Sanitäter nach zwölf Jahren Bürgerkrieg, Bombenhagel und Vertreibung nur zu bekannt. Das Erdbeben der Stärke 7,7 trieb die Menschen auf die Straßen im Norden des Landes, wo Luftangriffe und Granatbeschuss die Menschen bereits seelisch und die Gebäude in ihren Fundamenten erschüttert hat.

In der immer noch von Rebellen gehaltenen Stadt Jandaris in der Provinz Aleppo liegen Schutthaufen, Stahl-Streben und Kleiderbündel, wo einst ein mehrstöckiges Gebäude stand. „Zwölf Familien sind da drunter. Nicht ein einziger kam heraus. Nicht ein einziger“, sagt ein dünner, junger Mann unter Schock mit weit aufgerissenen Augen und einer bandagierten Hand. Sein Atem wirft einen weißen Schleier in der kalten Winterluft. „Wir haben nachts um drei Menschen mit bloßen Händen aus eingestürzten Häusern herausgezogen.“

Helfer suchen in Jandaris nach Überlebenden

Helfer suchen in Jandaris nach Überlebenden

Quelle: REUTERS

Andere Männer sind zu sehen, die sich auf der Suche nach Überlebenden durch Trümmer wühlen und mit Hämmern auf Betonblöcke einschlagen. Daneben liegen verbeulte Wassertanks und Solar-Anlagen, die von Dächern stürzten.

Den Weiß-Helmen zufolge, einer Rettungsorganisation in den Rebellen-Gebieten, sind mindestens 147 Menschen in dieser Region im Nordwestens Syriens gestorben. In den von der Regierung kontrollierten Gebieten sollen es nach offiziellen Angaben mehr als 300 Tote und über 1000 Verletzte sein. „Wir sind in einem Rennen gegen die Zeit. Selbst wenn unsere Teams erschöpft sind, wir müssen weitermachen“, sagt der Leiter der Weiß-Helme, Raed Fares, per Telefon. Die Luftangriffe der vergangenen Jahre hätten die Gebäude so geschwächt, dass sie sofort zusammenbrachen.

Millionen Menschen gerade im Nordwesten Syriens sind den Vereinten Nationen zufolge so besonders vom Krieg getroffen worden. 2,9 Millionen Menschen in der Region wurden vertrieben, 1,8 Millionen leben in Flüchtlingscamps. Die Hilfsorganisationen haben seit Jahren mitten im Krieg versucht zu helfen. „Wenigstens jetzt bombardiert uns keiner, während wir helfen“, sagt Fares.

„Es ist sehr kalt, es hat geschneit. Das erschwert die Arbeit der Rettungskräfte weiter“

Das Erdbeben hatte die Südosttürkei am Morgen erschüttert. Im Lauf des Tages traf ein weiteres Erdbeben der Stärke 7,5 dieselbe Region. Die Zahl der Todesopfer wird vermutlich noch deutlich steigen. Unsere Türkei-Korrespondentin Carolina Drüten über die aktuelle Lage.

Quelle: WELT

Aber die Kälte ist eine neue Herausforderung für die Helfer. Denn viele Familien sind den Temperaturen um den Gefrierpunkt und Regenschauern fast schutzlos ausgeliefert. In der Provinz Idlib habe das Beben die brüchigen Hütten der Flüchtlingsunterkünfte beschädigt, sagt Ahmad al-Scheich, ein Bewohner einer angrenzenden Stadt.

Weiter westlich ist das größte Krankenhaus in Afrin mit Verletzten überfüllt, die auf dem Fußboden liegen. Frauen versuchen daneben verzweifelt, Angehörige und Freunde anzurufen, doch eine Verbindung kommt nur selten zustande. Während Kleinkinder im Hintergrund schreien, verschließen Sanitäter schwarze Leichensäcke auf dem blutbefleckten Boden.

Eine Außenamtssprecherin in Berlin verweist bei der Frage nach der Hilfe für die syrischen Erdbebenopfer auf die Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen. Hier würden nun „eingespielte Kanäle“ zur Unterstützung genutzt.

„Das zweitstärkste Erdbeben in der Geschichte der Türkei“

„Die Opferzahlen steigen stündlich“, berichtet Türkei-Korrespondentin Marion Sendker. Aus dem ganzen Land würden Rettungskräfte in die Unglückorte gebracht. Die Bevölkerung würde zu Blutspenden aufgerufen.

Quelle: WELT