Hof/Saale – Fast 22 Jahre nach dem Verschwinden von Peggy Knobloch (†9) aus dem oberfränkischen Lichtenberg (Bayern) könnte es doch zu einem neuen Prozess vor dem Landgericht Hof kommen.
Peggys Mutter Susanne (50) hat nach BILD-Informationen Schmerzensgeld-Klage gegen einen Bestatter eingereicht, der die Leiche ihres Kindes im Thüringer Wald vergraben und erst 2018 im Kripo-Verhör sein Täterwissen offenbart hatte!
Bestatter Manuel S. (45) soll für 15 Jahre Ungewissheit über Peggys Schicksal 75 000 Euro an Mutter Susanne zahlen. Denn erst am 2. Juli 2016 fand ein Pilzsammler an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze die sterblichen Überreste der am 7. Mai 2001 verschwundenen Schülerin! Sie war ermordet worden, doch der Täter wurde nie verurteilt.
Der Grabstein von Peggy Knobloch auf dem Friedhof von Nordhalben: Mutter Susanne Knobloch ließ das Grab ohne Leiche errichten
Foto: Joerg Voelkerling
Aber Farbreste und Pollen am Leichenfundort belasteten Peggys früheren Nachbarn Manuel S. aus Lichtenberg so stark, dass er im Polizeiverhör gestand, die Leiche beseitigt zu haben. Mit dem Mord will er hingegen nichts zu tun haben: Er habe die leblose Peggy an einer Bushaltestelle „nur“ von Ulvi K. entgegengenommen. (Der geistig beeinträchtige K. bekam 2004 lebenslang für den Mord, wurde aber 2014 freigesprochen, weil es weder Augenzeugen noch Spuren gab und das Geständnis nicht stichfest war.)
Auf der Entgegennahme der Leiche basiert Susanne Knoblochs Klage (Az. 24 O 346/22) gegen Manuel S.. BILD sagte sie: „Es hat mich krank gemacht, 15 Jahre nicht zu wissen, was mit meinem Kind geschehen ist.“
▶︎ Erst war Peggys Mutter selbst Tatverdächtige Nummer eins: „Hand aufs Herz“, sagte ihr ein Kommissar im Mai 2001: „Jetzt wäre doch ein guter Zeitpunkt, um zuzugeben, wohin Sie Ihre Tochter gebracht haben.“
Sie ließ sich in einer therapeutischen Einrichtung behandeln, wurde nach der Entlassung auf der Straße angespuckt und angefeindet.
► 2004 leiteten die Behörden ein Ermittlungsverfahren gegen sie ein, weil sie sich eine Waffe besorgt haben sollte, um einen Tatverdächtigen zu töten. Alles erlogen!
▶︎ 2007 verbreitete ein Mann eine Foto-Montage mit Peggys Gesicht und ihrer Mama, das seinen Missbrauch des Kindes suggerieren sollte. „Daraufhin wurde gegen sie erneut ermittelt“, sagt Susanne Knoblochs Anwältin Ramona Hoyer zu BILD.
Jahrelang wurde Peggys Mutter Susanne Knobloch verdächtigt, ihre Tochter ermordet zu haben
Foto: Joerg Voelkerling
Die Folgen für die Altenpflegerin: Sie erkrankte am Herzen, musste jeden Tag Medikamente zu sich nehmen. Sie zog weg aus dem Ort Lichtenberg, wo sie angefeindet wurde. Sie kämpfte jahrelang gegen einen heimtückischen Krebs – und fragte sich, ob ihr Kind irgendwo in einem Keller gefangen gehalten würde, wie Natascha Kampusch, die sich 2006 selbst befreite.
„Ich bekam Angstzustände und Schweißausbrüche, litt an Schlaflosigkeit, Depressionen“, sagt Peggys Mama. Sie wollte ihr Kind nicht für tot erklären lassen und musste sich deswegen vor den Behörden rechtfertigen, warum es nicht die Schule besuche.
Die Wahlbenachrichtigung zu Peggys 18. Geburtstag oder Post von der Krankenkasse versetzten Mama Susanne immer neue Nadelstiche. Rechtsanwältin Ramona Hoyer: „Der Beklagte wusste all die Jahre, wo sich Peggys sterbliche Überreste befinden, er hätte der Klägerin die Gewissheit geben können, dass ihr Kind verstorben ist.“
Pilzsammler fanden Peggys Überreste in einem Waldstück bei Rodacherbrunn in Thüringen
Foto: Joerg Voelkerling
Für jedes Jahr des erlittenen Traumas soll Manuel S. nun 5000 Euro zahlen. Er bestreitet jedoch inzwischen jede Tatbeteiligung, hat auch sein Geständnis zur Leichenbeseitigung widerrufen. Das Landgericht Bayreuth stellte aber fest, dass „an seinem Täterwissen in weiten Teilen kein Zweifel besteht“. Sein Verteidiger Jörg Meringer bestätigte auf BILD-Anfrage nun den Eingang der Klageschrift und kündigte an: „Wir werden uns dagegen verteidigen.“
Am 6. April vergangenen Jahres – es wäre Peggys 30. Geburtstag gewesen – konnten ihre sterblichen Überreste nach sechs Jahren in der Rechtsmedizin endlich an geheimen Ort beigesetzt werden.
Susanne Knobloch hofft, doch noch die Wahrheit von Manuel S. zu erfahren: „Vielleicht verrät er im Prozess doch noch, was am 7. Mai 2001 um 13.24 Uhr wirklich geschah.“