„Der Sachverhalt liegt jetzt beim zuständigen Staatsanwalt. Der prüft jetzt, ob ein Ermittlungsverfahren gegen den Landrat von Vorpommern-Rügen eingeleitet wird.” Das gab Martin Cloppenburg, Sprecher der Staatsanwaltschaft Stralsund, am Dienstagnachmittag im Gespräch mit dem Nordkurier bekannt.
Mehr lesen: Landrat Kerth (47) von Vorpommern-Rügen vorzeitig geimpft
Der Fall müsse jetzt strafrechtlich eingeordnet werden, dann werde relativ kurzfristig entschieden, ob ein Anfangsverdacht bestehe und die Ermittlungen aufgenommen würden, sagte Cloppenburg. Derzeit sammele die Staatsanwaltschaft Informationen zum Sachverhalt.
Bisher steht fest: Am Montagabend in der Sitzung des Kreistages hatte Kerth auf die Frage von Michael Philippen, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Kreistagsfraktion „Bürger für Stralsund/FDP”, ob er sich beim Impfen „vorgedrängelt” habe, geantwortet: „Ich habe, als ich die Eröffnung des Impfzentrums durchgeführt habe, an dem Tag war ich zum Dienstschluss dort in der Einrichtung, und es ist Ausschau gehalten worden nach Leuten, die an dem Tag – das ist vor ungefähr drei Wochen gewesen – noch verimpft werden können. Es ist keiner da gewesen.”
Lesen Sie auch: Wie Politiker, Polizisten und Geistliche ihre Corona-Impfung früher bekommen
Kerth hat nur eine Impfdosis erhalten
Kerth meint damit das Impfzentrum in Stralsund, das am 12. Januar eröffnet worden ist. Der Landrat beteuerte, er habe mehrfach gesagt, dass „er definitiv nicht geimpft werden möchte”. Aber die Impfungen würden ansonsten verfallen, ist ihm laut Eigenaussage mitgeteilt geworden. Kerth versicherte weiter, dass er nur einmal geimpft worden sei und die zweite Dose nicht erhalten habe.
Am Dienstag erklärte Kerth auf seiner Facebook-Seite: „Zum Dienstschluss des Impfzentrums waren deshalb noch vier aufgezogene Spritzen vorhanden, die hätten weggeworfen werden müssen. Man war daher auf der Suche nach impfbereiten Personen und sprach auch mich an, da ich wegen der Eröffnung im Impfzentrum war. Es war klar, dass ich nur einwilligen könne, wenn alle Versuche, noch andere Personen für die angebrochenen Dosen zu finden, endgültig gescheitert sind. Nachdem dies über längere Zeit telefonisch und unter anwesenden Personen vergeblich versucht wurde, stand fest, dass an diesem Abend niemand für die restliche Dosis gefunden werden konnte und diese definitiv verworfen würde. Zu diesem Zeitpunkt herrschten noch erhebliche Sorgen hinsichtlich der Impfverträglichkeit, auch unter medizinischem Personal. Ich hatte Sorge, dass ein beharrliches Nein meinerseits diese Sorgen verstärken könnte.”
Durchsuchung bei Halles Oberbürgermeister Wiegand
Wegen der vorgezogenen Corona-Impfung von Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) vor zwei Wochen ist in der Zwischenzeit nun auch die Staatsanwaltschaft tätig geworden. Die Polizei durchsuchte am Montag mehrere Diensträume der Stadtverwaltung. Gegenstand seien die Ermittlungen in einem Verfahren gegen Wiegand wegen des Verdachts der „veruntreuenden Unterschlagung” des Corona-Impfstoffs, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Er sei verdächtig, „unter Missachtung der in der Coronavirus-Impfverordnung des Bundesministers für Gesundheit geregelten Impfreihenfolge” dafür gesorgt zu haben, dass er selbst und andere noch nicht berechtigte Personen geimpft wurden. Sowohl durch Presseberichte als auch Erklärungen Wiegands zum Sachverhalt sehe die Staatsanwaltschaft einen Anfangsverdacht erfüllt.