Der deutsche Nachrichtendienst stuft die AfD als Verdachtsfall ein. Damit steht die Partei bundesweit unter Beobachtung.
Köln - Seit Januar zieht sich der unsichtbare Kampf zwischen der AfD* und dem deutschen Verfassungsschutz. Schon zu Beginn des Jahres wurde die Einstufung der „Alternative für Deutschland“ als Verdachtsfall erwartet. Eine Pressekonferenz sowie öffentliche Mitteillungen hatte die Partei durch mehrere Eilanträge und Klagen verhindert.
AfD ein „rechtsextremistischer Verdachtsfall“: Verfassungsschutz stuft ganze Partei trotz Klage neu ein
Jetzt hat das Bundesamt für Verfassungsschutz dennoch entschieden. Die AfD wird als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“ bundesweit beobachtet. Medien berichten übereinstimmend, BfV-Präsident Thomas Haldenweg habe das den Leitern der Landesverfassungsschutzbehörden am Mittwoch in einer Video-Konferenz mitgeteilt. Bislang galt die Partei lediglich als „Prüffall“.
Der Verfassungsschutz darf zur Kontrolle der AfD nun also alle nachrichtendienstlichen Mittel einsetzen. Darunter fallen unter anderem Telefon- sowie Mail-Überwachung und der Einsatz von V-Leuten.
Rechtsextrem? AfD-Gutachten umfängt knapp 1000 Seiten - Unterlagen im Innenministerium geprüft
„Mit Blick auf das laufende Verfahren und aus Respekt vor dem Gericht äußert sich das BfV in dieser Angelegenheit nicht öffentlich“, vermied ein Behörden-Sprecher auf Nachfrage der Tagesschau ein Dementi. Eine offizielle Bestätigung bleibt jedoch ebenso aus. Die Klage der AfD hatte im Januar dazu geführt, dass der Verfassungsschutz eine Stillhaltezusage abgab. Dem Kölner Verwaltungsgericht liegen allerdings umfangreiche Unterlagen zur Einschätzung der AfD vor.
Eine Arbeitsgruppe der Verfassungsschützer hatte ein Gutachten zur AfD ausgearbeitet. Es umfasst rund 1000 Seiten, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Darin finden sich gesammelte Äußerungen von AfD-Funktionären bei Parteitagen, Interviews, Wahlkampfauftritten und auf Social-Media. Außerdem listen und bewerten die Gutachter Kontakte und Verbindungen von AfD-Politikern zu verfassungsfeindlichen Netzwerken und Personen. Diese Begründung zur AfD-Bewertung wurde nun im Innenministerium* erneut von Juristen geprüft.
Einschätzung der AfD: Rolle des „Flügels“ entscheidend - Verfassungsschutz sieht immer noch Einfluss
Entscheidend für den Verfassungsschutz ist die Rolle des völkisch-nationalen „Flügels“ innerhalb der AfD. Dieser wurde von der Partei zwischenzeitlich aufgelöst. Und der laut Verfassungsschutz „erwiesen rechtsextreme“ Andreas Kalbitz herausgeworfen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz geht aber dennoch davon aus, dass der „Flügel“ nach wie vor eine nennenswerte Rolle innerhalb der AfD spielt. In der Forschung spricht man hier von einer sogenannten „Brausetabletten-Theorie“. Löst sich eine Tablette im Wasser auf und ist nicht mehr sichtbar, verliert sie ihre Wirkung deshalb nicht.
Die AfD gilt also jetzt als „Verdachtsfall Rechtsextremismus“. Trotzdem versprach das Bundesamt laut ARD, die Beobachtung der Gesamtpartei nur in begrenztem Umfang wahrzunehmen. Abgeordnete auf Europa-, Bundes- oder Landesebene sollen demnach nicht überwacht werden. Zumindest solange das Gericht noch zwei Eilanträge der AfD prüft.