Hannover – Kann man wirklich so naiv sein?
Nachdem Friedhofskiller Emre A. (24) die Internet-Bekanntschaft seiner Freundin mit rund 100 Messerstichen getötet hatte, rief er seinen ehrenamtlichen Betreuer (60) an, stellte ihm eine ungewöhnliche Frage: „Was hältst du vom perfekten Mord?“
Irre: Der ahnungslose Fürsorger lieferte ihm am Hörer die Anleitung zur Beseitigung der Leiche!
Ungläubiges Kopfschütteln bei Zuschauern im Saal des Landgerichts Hannover, als der Betreuer am Donnerstag im Zeugenstand über die zwei insgesamt 100 Minuten langen Telefongespräche mit seinem langjährigen Schützling („Ich bin wie ein großer Bruder für ihn“) plauderte.
Im Mord-Talk Anfang April 2020 ging es um Salzsäure, Zersägen, Koffertransport, Plastikfolie, die Ablage auf einem Friedhof. „Das geht nicht so einfach, da müsste er ja die Leiche, die ursprünglich in der Grube liegt, wieder ausgraben und seine Leiche da mit ´reinschmeißen", sagte er damals seinem autistischen Schützling. „Dann habe ich gesagt, da brauchste dann aber Spaten und Schaufel.“ Das Werkzeug könne er im Baumarkt bekommen. Gewundert habe er sich über das bizarre Thema nicht, so der Zeuge: „Wir haben über viele Dinge philosophiert.“

Nach der Unterhaltung schaffte Emre A. die Leiche von Kadir A. (†28) am Karfreitag in einem Koffer zum Jakobi-Friedhof im Stadtteil Kirchrode, verscharrte ihn halb auf einer Grabstelle. Gärtner fanden das Opfer am 15. April – 350 Meter von der diakonischen Unterkunft des Angeklagten entfernt.
Obwohl der Leichen-Fund Tagesthema in Hannover war, hegte der Betreuer angeblich keinen Verdacht, informierte auch nicht die Kripo, die gut vier Wochen fieberhaft nach dem Killer fahndete. „Das habe ich nie und nimmer miteinander in Verbindung gebracht", beteuerte er vor Gericht. Dass Emre A. in Whatsapp-Unterhaltungen mit seiner Freundin schlimmste Mordfantasien äußerte, schockiere ihn: „Mir gegenüber ist er der liebste und netteste Mensch gewesen!“

Anwalt Pascal Ackermann, der die Familie des Ermordeten in der Nebenklage vertritt, ist über die Blauäugigkeit des Betreuers erstaunt: „Mir fehlen die Worte.“
Laut Anklage lockte Emre A. den Bielefelder mit seiner mitangeklagten Freundin Tanja W. (25, ebenfalls Autistin) nach Hannover, um ihn in der Unterkunft umzubringen. Kadir A. war mit einem japanischem Tanto-Messer niedergemetztelt worden.
Mutmaßliches Motiv des Pärchens: Rache. Tanja W. behauptet, dass das spätere Opfer sie bei einem Treffen vergewaltigt haben soll. Weil die Staatsanwaltschaft Bielefeld das Ermittlungsverfahren gegen Kadir A. mangels Glaubwürdigkeit der Anzeigeerstatterin einstellte, sollen die beiden ein Mord-Plan geschmiedet haben. Das Paar bestreitet die brutale Selbstjustiz, will den Verkäufer aus Notwehr getötet haben.
Am 27. Januar soll im Prozess plädiert werden, das Urteil folgt am 2. Februar.