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23-Jähriger in Drogengeschäfte verwickelt

Handfeste Beweise gab es keine: Dennoch verurteilte das Bad Kissinger Schöffengericht den 23-jährigen Angeklagten nach fast dreistündiger Verhandlung wegen vorsätzlichen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht unerheblicher Menge zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung. Außerdem hat er den Wertersatz der verkauften Drogen in Höhe von 3000 Euro sowie eine Geldauflage von 1000 Euro zu zahlen. Das Urteil basierte vornehmlich auf der Aussage einer Hauptbelastungszeugin.

Drogengeld für Anwaltshonorar

Der Angeklagte war nach Auffassung des Staatsanwalts als „ Händler und Läufer“ von zwei bereits rechtskräftig verurteilten Drogenhändlern einzustufen. Mindestens in einem Fall, um den es in dieser Verhandlung ging, soll der damals noch 20-Jährige nach Festnahme der beiden Dealer die von ihnen in seiner Wohnung zum Weiterverkauf gebunkerte Teilmenge von etwa einem Kilo Marihuana und 1000 Ecstasy-Tabletten aus Angst vor polizeilicher Durchsuchung schnell verkauft und das Geld bei einem konspirativen Treffen in der Wohnung eines weiteren bereits verurteilten Mittäters abgeliefert haben. Mit diesem und anderem Geld sollten die Anwälte der beiden inhaftierten Haupttäter bezahlt werden.

„Mein Mandant gehörte damals zu diesem Freundeskreis“, bestätigte der Verteidiger, „doch die in der Anklage genannten Vorwürfe weisen wir zurück.“ Er bezweifelte die Glaubwürdigkeit der seit Jahren in Therapie befindlichen Zeugin , die wegen Drogenkonsums ebenfalls verurteilt worden war, und drohte die Verhandlung platzen zu lassen, um in einer nächsten Verhandlung die beiden inhaftierten Haupttäter vorführen zu lassen.

Verteidiger hat Zweifel an der Zeugin

Doch die Verhandlung wurde mit Anhörung dieser Zeugin fortgesetzt. Der Angeklagte habe ihr nach Festnahme der Haupttäter gesagt, dass noch eine große Menge Marihuana und Ecstasy in seiner Wohnung gelagert sei und er nun Angst vor der Polizei habe. Außerdem sei er beim Treffen in der anderen Wohnung dabei gewesen, wo mehrere tausend Euro zur Bezahlung der Anwälte gesammelt worden seien. Auf Befragen gab sie zu, in Therapie zu sein und damals täglich Alkohol getrunken zu haben. Doch sei sie nicht ständig betrunken gewesen, wie der Verteidiger ihr unterstellte, weshalb auch ihre Aussagen bei der Polizei korrekt gewesen seien. Der Verteidiger blieb allerdings bei seinen Zweifeln.

Auch der andere Wohnungsinhaber, bei dem die Geldsammlung stattgefunden hatte, bestätigte die Anwesenheit des Angeklagten . Der verantwortliche Kriminalbeamte bestätigte zwar den Sachverhalt, konnte sich allerdings nur auf die Vernehmungen und seine Protokolle beziehen. Weder war beim Angeklagten eine Hausdurchsuchung gemacht worden, noch hatte man ihn damals beim Drogenhandel erwischt.

Glaubwürdigkeit der Zeugin angezweifelt

„Wir haben nichts Wesentliches in der Hand, das gegen meinen Mandanten spricht,“ betonte deshalb der Verteidiger in seinem Plädoyer. „Wir wissen nichts - alles nur vom Hörensagen.“ Die Anklagepunkte seien nicht konkret nachgewiesen. „Mein Mandant hat nichts damit zu tun.“ Nochmals bezweifelte er die Glaubwürdigkeit der „ständig alkoholisierten“ Hauptbelastungszeugin. „Dürfen wir darauf ein Urteil stützen? Da habe ich doch erhebliche Bedenken.“ Eigentlich hätte das Gericht vor der Verhandlung ein Glaubwürdigkeitsgutachten erstellen lassen müssen. Deshalb forderte der Verteidiger für seinen Mandanten Freispruch.

Staatsanwalt: Klare Aussagen gemacht

Zuvor hatte der Staatsanwalt seinen Antrag auf Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung vornehmlich auf die Aussage dieser Zeugin gestützt. „Sie hat sich bei der Polizei damals sehr ausführlich geäußert.“ Auch in der Verhandlung habe sie klare Aussagen gemacht. Er habe deshalb keine Zweifel, dass der Angeklagte die bei ihm verbliebenen Drogen zu Geld gemacht und dieses Geld zur Bezahlung der Anwälte übergeben hat. Da der Angeklagte allerdings kein Geld aus dem Drogenverkauf zurückbehalten hat, also kein Eigeninteresse vorlag, sei es ein minder schwerer Fall. Das Schöffengericht folgte dem Staatsanwalt in seiner Einschätzung des „vorsätzlichen Handels mit Rauschgift in nicht unerheblicher Menge“, fällte aber mit zehn Monaten Freiheitsstrafe ein milderes Urteil.

Die Richterin begründete den Schuldspruch, dass sich das Gericht auf die Aussagen der Zeugin „ohne jeden Belastungseifer“ habe verlassen können, da sie selbst dadurch keine Strafmilderung zu erwarten hatte. Die Information, dass der Angeklagte große Mengen Rauschgift in seiner Wohnung habe, hatte sie nur von ihm. Auch sei durch Zeugen bestätigt, dass er beim Treffen der Geldsammler anwesend war. Positiv anzurechnen sei lediglich, dass kein Eigeninteresse vorlag, dass die Tat schon zwei Jahre zurückliegt, seitdem auch keine weitere Straftat bekannt sei und sein augenblickliches Berufs- und Privatleben Aussicht auf Erfolg verspreche.