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Ad Blue wird knapp: Die Lieferbranche ist am Abgrund

Die Folgen wären enorm weitreichend

Es ist ein volatiler Markt. Spricht man mit Logistikexperten, ergibt sich ein düsteres Gesamtbild: das einer Branche, die permanent fürchtet, dass künftig der Dieselzusatz wieder knapp wird. Mit dramatischen Folgen. Nachdem es bereits in den vergangenen Monaten große Krisen bei den Halbleitern und damit auch der Chipindustrie gab, droht nun der Engpass im Transportgeschäft der Bundesrepublik. Ob die Krise bald gelöst wird, ist noch völlig offen.

AdBlue ist ein Mittel, das nicht nur Lkw benötigen, sondern auch viele neuere Autos mit Dieselantrieb. Zum Großteil solche mit der Euro-6-Norm, teilweise auch mit der Euro-5-Norm. In ganz Deutschland wären das allein bei den Pkw deutlich über zehn Prozent der Fahrzeuge.

Problematisch wird es auch in den ländlichen Gegenden. Dort, wo kein Schienenverkehr eingesetzt wird, könnten schnell Busse nicht mehr fahren. Viele Menschen könnten dann auch keinen privaten Wagen mehr nutzen und säßen in ihren Orten fest.

Doch die Folgen wären noch weitreichender. Das Mittel wird auch für große Traktoren und Sattelschlepper benötigt, die wiederum bei Landwirten dafür sorgen, dass Kühe und andere Tiere versorgt werden.

"Von der Hand in den Mund"

Wer die aktuelle Knappheit verstehen will, muss einen Blick in die Produktion des Stoffes werfen. AdBlue wird im sogenannten "Haber-Bosch-Verfahren" gewonnen. Hierfür wird Wasserstoff benötigt – dafür braucht es wiederum Erdgas. Die Gasmangellage bedroht auf direktem Weg also die Herstellung des Stoffes. AdBlue besteht etwa zu einem Drittel aus Harnstoff, der wiederum direkt im Verbund mit der Ammoniaksynthese produziert wird.

Das chemische Verfahren kann kaum variiert werden. Und der Bedarf ist enorm. Nach Angaben des SKW-Sprechers braucht die Logistik in Deutschland pro Tag 2,5 Millionen Liter AdBlue, die privaten Autos wiederum etwa fünf Millionen Liter pro Tag. Die Zahlen werden umso dramatischer, wenn man sie im Verhältnis zu den möglichen Vorräten sieht. Eine Million Liter AdBlue liegen beispielsweise lediglich in der Notfallreserve in Piesteritz für mittelständische Speditionen. Es ist ein Geschäft, das Insider als Prozess bezeichnen, der "von der Hand in den Mund" lebt.

In Ludwigshafen, bei BASF, wird weiterhin produziert. Noch könne man die Versorgung aufrechterhalten und die Verträge erfüllen, heißt es dort. Bei SKW, dem Werk, das zwischenzeitlich die Produktion eingestellt hatte, läuft der Betrieb wieder. Vorerst.

Die Frage ist, wie stark sich die Mangellage im Gas in den kommenden Wochen auswirken könnte. Zwar sind die Gasspeicher ordentlich gefüllt, doch noch ist unsicher, wer wann damit versorgt wird. Sobald die Werke kein Gas mehr bekommen, könnte die Produktion schnell wieder zurückgefahren werden.