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Afghanistan-Iran-Konflikt: Droht hier der erste Klimakrieg?

Seit Jahrzehnten streiten der Iran und Afghanistan um das Wasser des Flusses Helmand. Nun droht der Konflikt zu eskalieren – denn beide Länder kämpfen mit Dürre.

Ein jahrzehntealter Wasservertrag zwischen zwei Staaten, eine Regierung, die darauf beharrt, und die Klimakrise, die das Wasser weniger werden lässt: In etwa so lautet die Gleichung, die in den vergangenen Wochen den Konflikt um den Fluss Helmand zwischen dem Iran und Afghanistan immer weiter verschärft hat. Zuletzt gab es bei Zusammenstößen an der Grenze sogar Tote. Droht hier der erste moderne Klimakrieg?

Der Helmand ist mit mehr als 1.000 Kilometern der längste Fluss Afghanistans, entspringt in den Bergen des Hindukusch und mündet im Iran in den Hamun-See. Während einer schweren Dürre zwischen 1999 und 2001 trocknete der See schon einmal aus – mit fatalen Folgen für Natur, Landwirtschaft und Bevölkerung in einer Region, die ohnehin von Armut geprägt ist.

Nun verschärft sich der Ton um den Wasserzufluss des Sees erneut. Afghanistan nutzt den Helmand für die Trinkwasserversorgung, die Stromgewinnung und die Bewässerung der Landwirtschaft – unter anderem für den Anbau von Mohn. Der Verkauf des daraus gewonnenen Opiums ist eine wichtige Einnahmequelle für die Taliban. Dazu wird der Fluss mit den Kajakai- und Kamal-Khan-Dämmen gestaut.

Streit über einen 50 Jahre alten Vertrag

Eigentlich besteht ein jahrzehntealter Pakt mit dem Iran: 1973 einigte man sich darauf, dass mindestens 850 Millionen Kubikmeter Wasser im Jahr in den Iran durchgelassen werden müssen.

Doch um den Vertrag gibt es schon seit Langem Streit – bisher soll sich noch keine einzige afghanische Regierung tatsächlich daran gehalten haben. Der lange Krieg seit 2001, die Machtergreifung der radikalislamischen Miliz im August 2021 und die humanitäre Katastrophe in dem Land erschwerten in der Vergangenheit eine Lösung.

Mitte Mai richtete der iranische Präsident Ebrahim Raisi deutliche Worte an die afghanische Taliban-Regierung – es komme deutlich zu wenig Wasser im Iran an. Bei einem Besuch in der südöstlichen Provinz Sistan und Belutschistan sagte er, Afghanistan müsse "das Recht der Menschen in Sistan und Belutschistan umgehend erfüllen". Die Herrscher im Nachbarland müssten den Vertrag von 1973 einhalten. "Wir werden nicht zulassen, dass die Rechte unseres Volkes verletzt werden."

Begleitet wurde Raisi von seinem Außenminister Hossein Amir-Abdollahian. Dieser wurde noch deutlicher: Er drohte "unkooperativen" Taliban-Führern ausdrücklich mit dem Einsatz von "Druckmitteln."

Spott und Beschwichtigung aus Afghanistan

In Afghanistan lösten die iranischen Drohungen zunächst Spott aus. Ein Video ging viral, in dem ein hochrangiger Taliban dem iranischen Regime einen Eimer voll Wasser "anbietet": "Greift uns nicht an! Wir haben Angst!", höhnte er.

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Der afghanische Außenminister Amir Chan Muttaki warb hingegen um Nachsicht: Man wolle sich an den Vertrag von 1973 halten, aber habe wie der Rest der Region infolge der Klimakrise mit einer Dürre zu kämpfen, erklärte er. Aufgrund dessen sei es den Behörden aktuell unmöglich, ausreichend Wasser ins Nachbarland fließen zu lassen. Die Führung im Iran solle "ihre Erwartungen anpassen", so Chan in einer Videobotschaft. In den vergangenen zwei Jahren habe Afghanistan Schritte unternommen, das Problem zu lösen. "Die höhere Gewalt, die die menschlichen Kapazitäten aufgrund des Klimawandels übersteigt, muss jedoch verstanden werden."

Das iranische Außenministerium widersprach kurz darauf: Die Behauptungen der Taliban zur Dürre und gesunkenen Wasserständen könnten nicht von iranischen Experten bestätigt werden. Die Haltung der afghanischen Machthaber sei daher "rechtswidrig und inakzeptabel". Das Regime hatte zuvor gefordert, iranische Experten müssten Zugang zu den Staudämmen in Afghanistan erhalten, um den Wasserpegel zu prüfen. Die staatliche iranische Nachrichtenagentur IRNA veröffentlichte Bilder des Reservoirs, die die Angaben der Taliban widerlegen sollten.