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Ampel-Spitzentreffen im ZDF - Lindner geht auf Illner-Redaktion los

Drei Tage war die Ampel krank, jetzt geht sie wieder, doch wie lang? Auch Maybrit Illner hat so ihre Zweifel: „Kompromiss statt Masterplan – Ampel-Streit wirklich beigelegt?“

Lars Klingbeil (45, SPD). Der Chef-Sozi verkündet, das jetzt beschlossene Modernisierungspaket werde das "Land über die nächsten Jahrzehnte verändern". Karl Valentin hätte gesagt: Verändern schon, aber halt wie?

Omid Nouripour (47, Grüne). Der Ober-Öko will „den Wohlstand Deutschlands auch in Zukunft sichern“. Wie teuer wird das?

Christian Lindner (44, FDP). Der Boss der Liberalen hat die Ampelfahrt mit der roten Kelle gestoppt und twittert erfreut: „Die neue Perspektive ist auf Technologiefreiheit, Tempo und Marktwirtschaft gerichtet.“

Eva Quadbeck (53). Die RND-Chefredakteurin ließ einen Schlaf-Forscher nach dem Sinn von Nachtsitzungen fragen. Antwort: „Plötzlich kommen uns erstaunliche Einfälle.“

Theo Koll (65). Der ZDF-Hauptstadtstudioleiter hoffte vorher: „Ein kleiner Sprung sollte zu schaffen sein.“ Und jetzt?

Drei Häuptlinge zwischen Friedenspfeife und Kriegsbeil! Das Zoff-o-Meter hofft, dass es nicht nur beim Palaver bleibt.

Bei Ilner (Mitte) diskutierten Eva Quadbeck, Lars Klingbeil, Christian Lindner, Omid Nouripour und Theo Koll (v.l.n.r.)

Quadbeck nennt als erste das Kind beim Namen: „Das war eine Regierungskrise“, stellt sie fest. Am Ende stehe ein „Papier, mit dem längst nicht alle zufrieden sind“, weil es „auch um die Machtarithmetik in der Ampel ging.“ Deshalb erwarte sie, „dass sich das System schnell wieder aufhängen wird.“ Uff!

Ihr ZDF-Kollege Koll diagnostiziert, dass die Schwierigkeit und Dauer „ein Spiegelbild dessen ist, was in der Gesellschaft ist“. Tja.

„Es ist richtig, dass wir einen Schritt aufeinander zugegangen sind“, lobt Nouripour sich und die anderen Ampelmänner, denn „es war ein mühsamer Weg!“

„Alle drei können zufrieden sein“, bilanziert Lindner und liefert gleich auch eine Orientierung für die nächsten Wahlen: „Wir als Koalition mit zwei eher linken Parteien und der FDP als einer Partei der Mitte …“ Nouripour lächelt in sich hinein: Alter Schwede!

Klingbeil verströmt Hurra-Gefühle: „Wir haben wirklich Lösungen gefunden, die das Land in den nächsten zehn, zwanzig Jahren nach vorn bringen werden!“, strahlt er.

„Der Kanzler ist der heimliche Gewinner“, urteilt Quadbeck. Grüne und FDP seien vorher „die ganze Zeit gegeneinander gelaufen“, aber die SPD „hat sich nicht in den Wind gestellt und gesagt, was sie eigentlich möchte.“

Damit meint sie mehr als nur das bekannte Scholzen: Die gesamte Kanzlerpartei gehe „taktisch inzwischen sehr stark in die Richtung, wie das auch Merkel und die CDU sechzehn Jahre lang gemacht haben.“

RND-Chefredakteurin Eva Quadbeck

Außerdem, so Quadbeck weiter, sei es „für den Kanzler durchaus praktisch, dass Herr Habeck und Herr Lindner wie Hund und Katze aufeinander reagieren, also gegenseitig die Signale nicht verstehen oder missdeuten.“ Wow! Allgemeine Heiterkeit am Tisch, besonders Lindner lacht sich scheckig.

Ihre Analyse: Indem der Kanzler die FDP unterstütze, schwäche er die Grünen, und die „sind ja auch der größere Konkurrent der SPD.“ Lindner findet das prima: „Vor allem sind SPD und Grüne Konkurrenten im linken Lager“, wiederholt er seine These, „da ist mehr Austausch.“ Heidewitzka!

„Die nächsten Umfragen werden zeigen, dass die Zufriedenheit mit dem Zusammenhalt der Koalition dramatisch abnimmt“, orakelt ZDF-Koll. Es sei „politisch überraschend“, dass SPD und FDP inhaltlich näher beieinander gewesen seien.

ZDF-Journalist Theo Koll

Klingbeil schüttelt ungnädig den Kopf: „Man muss sich mal entscheiden“, murrt er. „Entweder der Kanzler moderiert, oder er hat sich an die Seite der FDP geschmissen!“

„Wir waren ja dabei!“, grient Lindner und breitet die Arme im Oberhirten-Modus aus. „Das ist unser kleiner Vorteil, ausnahmsweise, bei uns dreien!“

Ein kühler ZDF-Einspieler zur Wärmewende treibt der Runde den Jux gründlich aus. „In Ihrem Beitrag wird so bedauernd gesagt: Ja, das Verbot von Gasheizungen kommt jetzt nicht, die Grünen konnten es nicht durchsetzen“, zitiert Lindner erbost. „Ich will Sie fragen, Frau Illner: Will das deutsche Volk das eigentlich?“

Sein Fazit: „Auch wenn einzelne Parteien Federn lassen mussten: Für das Land war das ein Gewinn. Ich glaube, dass das im Interesse der Menschen ist.“ Rumms!

Koll packt gleich noch den Autobahnbau und die E-Fuels dazu: „Wir haben in der Bevölkerung klare Mehrheiten für das Auto“, betont der ZDF-Mann. Vor allem aber „haben wir große Sorgen bei einem so tiefen Eingriff wie einer Umstellung der Heizung. Wir werden erleben, dass die Grünen runtergehen und die FDP hochgeht!“

Lindners Laune wird immer besser. „Mir hat noch niemand vorgeworfen, ich würde mich nur aus taktischen Gründen für das Auto interessieren“, ulkt er.

Nouripour wirkt weit weniger zufrieden: „Ich will mich nicht sagen, jetzt werden wir eine große Party feiern!“, grollt er, bucht aber immerhin das Bahn-Investment als grünes Plus. „20 Milliarden ist nicht nichts!“

SPD-Co-Chef Lars Klingbeil

„Wir hatten in den letzten Wochen eine kommunikative Lage, wo bei vielen Bürgern der Eindruck entstanden ist, am 2. Januar 2024 steht Robert Habeck persönlich vor der Tür und reißt die Gasheizung raus“, klagt Klingbeil. „Das zeigt, wie groß die Angst vor Klimaschutz sein kann.“ Ächz!

Sein Gegenmittel: „Die Bürger können sich darauf verlassen, dass wir niemanden im Stich lassen, dass wir Förderprogramme auf den Weg bringen werden und dafür sorgen, dass soziale Härten abgefedert werden.“

„Die Bundesregierung wird im April endlich einen Gesetzesentwurf vorlegen“, verspricht Nouripour für seinen Wirtschaftsminister. „Und wir wollen das Gesetzesverfahren bis zum Sommer abschließen. Für Neubau. Wir reden ausschließlich über Neubau.“

„Dabei werde es auch Regeln für Biomethan und Wasserstoff geben“, versichert der Grünen-Chef. „Nach unserer Überzeugung ist die Wärmepumpe deutlich einfacher, aber das wird sich weisen.“ Hosianna! Der Gott der Technologieoffenheit sei gepriesen!

„Wann wird es wasserstofffähige Gasheizung geben?“, fragt Illner ins Schwarze.

„Das gibt’s jetzt schon am Markt“, antwortet Lindner wie selbstverständlich. Wichtiger ist ihm, „dass die im politischen Raum diskutierte Idee eines verpflichtenden Austauschs einer funktionierenden Gasheizung“ als „Verschärfung der bisherigen Regelung unterbleibt.“ Uff! Heißt auf Deutsch: Kein Austauschzwang. Geht doch!

Sein Ziel sei, „dass wir das Ambitionsniveau der Wärmewende an das anpassen, was sozial akzeptiert und volkswirtschaftlich vernünftig ist“, drechselt Lindner noch hinterher.

Danach ärgert sich der FDP-Chef, dass immer so auf seinen Verkehrsminister geschaut werde: „Es ist nicht Volker Wissing, der die Ziele nicht erreicht“, wettert er. „Es sind die Bürger, weil die Menschen eben mobil sein wollen!“

Seine antigrüne Gegenattacke: „Im Verkehr werden die Klimaziele nicht erreicht. Aber man kann nicht gleichzeitig auf drei funktionierende Kernkraftwerke vorzeitig verzichten und auf der anderen Seite sagen, dass wir da jetzt Braunkohle einsetzen müssen, das ist Schuld der Autofahrer.“ Peng!

Der Co-Vorsitzende der Grünen, Omid Nouripour

„Wird Olaf Scholz weiter eine Fortschritts- und Klimakoalition anführen?“, erkundigt sich Illner bei Nouripour. „Glauben Sie, dass die Menschen Ihnen das glauben?“

„Wir werden dieses Land nicht voranbringen, wenn Digitalisierung Sache der FDP ist, soziale Gerechtigkeit Sache der SPD und Ökologie Sache der Grünen“, warnt der Parteichef. „Das ist von vorgestern!“

Seine Forderung: „Das müssen wir aufbrechen! Dass da die Rezepte zuweilen nicht zusammenpassen, das ist so. Aber deshalb sitzen wir dann ja 30 Stunden zusammen und essen Currywurst - viel zu lange ...“

Koll warnt vor einem drohenden Wohlstandsverlust: „Wir haben gigantische Nachholfinanzierungen“, rechnet er vor. „Was können wir noch zahlen, wo müssen wir Abstriche machen?“

„Bei einer energetischen Gebäudesanierung ist es ja nicht mit dem Austausch der Heizung getan“, sekundiert Quadbeck. „Da ist man schnell bei einer sechsstelligen Zahl.“ Der Staat werde den Menschen nicht alles erstatten können: „Ich glaube, dass das Versprechen nicht einzuhalten ist. Da werden die Leute allein dastehen.“ Stöhn!

Zum Schluss feuern die Politiker noch ein paar Beschwichtigungsgranaten ins Blaue. „Ich habe ein Vertrauen, dass wir den Weg der Transformation gehen und das Geld auch richtig einsetzen“, hofft Klingbeil. Lindner erklärt feierlich: „Wir scheuen uns als Bundesregierung nicht vor den Aufgaben.“

Auf Illners x-te Frage nach den Plänen des Wirtschaftsministers wirkt der Finanzminister dann aber doch etwas dünnhäutig: „Das nächste Mal laden Sie Herrn Habeck bitte auch ein, wenn Sie ihn schon so oft zitieren“, knurrt er.

Nouripour stellt noch mal einen schon angerosteten Blitzableiter auf das Ampeldach: „Wir haben ein hochambitioniertes Programm, weil wir ja einen Reformstau haben, seit Jahrzehnten“, behauptet er.

Es müsse noch über vieles verhandelt werden, meint der Grüne zum Schluss, „aber der falscheste Ort auf der Welt, um das zum jetzigen Zeitpunkt zu diskutieren, ist, mit Verlaub, eine Talkshow.“ Schade!

„In diesem Haus ist nur Platz für die Wahrheit.“ Maybrit Illner

Das waren nicht die erwarteten zackigen Drei von der Zankstelle, sondern eher eine milde Herrenrunde im Ü60-Modus. Statt harten Bandagen heißluftgepolsterte Samthandschuhe, statt klarer Ansagen jede Menge Höflichkeitsfloskeln: Das war ein Talk der Kategorie „Friedensgipfel“.