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App droht US-Verbot: Wer ist der Tiktok-Chef Shou Zi Chew?

Für den Chef einer der beliebtesten Apps der Welt ist Shou Zi Chew relativ unbekannt. Das wird sich spätestens mit seinem Auftritt vor dem US-Kongress ändern. Etliche US-Abgeordnete drängen darauf, Tiktok zu verbieten. Für Chew steht viel auf dem Spiel.

Erst vor wenigen Tagen hat die Video-App Tiktok nach eigenen Angaben in den USA die Marke von 150 Millionen Nutzern geknackt. Ein Meilenstein für Chef Shou Zi Chew. So beliebt wie die Plattform auch sein mag: In den USA und in vielen anderen Ländern gibt es massive Datenschutzbedenken und Befürchtungen über einen Zugriff des chinesischen Staates auf Nutzerdaten der Tochter des chinesischen Internetriesen Bytedance. Tiktok-Chef Chew muss deswegen heute vor dem US-Kongress antanzen. Das ist auch insofern interessant, weil er das Unternehmen bislang eher im Verborgenen leitete und wenig in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten ist.

Vor seinem Auftritt vor dem Energie- und Handelsausschusses bemüht Chew sich bereits um Schadensbegrenzung und veröffentlicht vorab eine Stellungnahme. Sein Unternehmen gebe keine Daten an China weiter und werde dies auch nicht in Zukunft tun. Die US-Regierung hat damit gedroht, Tiktok zu verbieten, sollte sich die App nicht von Bytedance abkoppeln. Von Diensthandys zahlreicher US-Behörden ist Tiktok bereits verbannt. Vor dem Kongress will Chew heute darlegen, welche Maßnahmen Tiktok zum Schutz der US-Nutzer ergreift - und dabei den Vorwurf der Datenspionage erneut zurückweisen. Doch wer ist der Mann eigentlich?

Laut der BBC ist allgemein wenig bekannt darüber, wie der 40-jährige Singapurer arbeitet oder wie viel Macht er tatsächlich im Unternehmen hat. Ein Bericht aus der "New York Times" aus dem September vergangenen Jahres legt allerdings nahe, dass Chews Entscheidungsbefugnis begrenzt sein könnte. Darauf deuten Aussagen ehemaliger Führungskräfte bei Tiktok hin. Das Sagen im Unternehmen soll demnach ByteDance-Gründer Zhang Yiming haben.

Erste Erfahrungen bei Facebook

Chew ist in Singapur aufgewachsen und hat in dem Stadtstaat eine chinesische Eliteschule besucht. Sein Vater arbeitete im Baugewerbe und seine Mutter in der Buchhaltung. Er spricht fließend Englisch und Mandarin. Während seines Wehrdienstes war er Offizier bei den Streitkräften Singapurs. Chew hat am University College in London Wirtschaftswissenschaften studiert und im Anschluss einen MBA-Abschluss an der Harvard Business School erworben. In Harvard lernte er auch seine Frau kennen, mit der er zwei Kinder hat. Erste Erfahrungen bei einer Social-Media-Plattform sammelte Chew bei Facebook, als das Unternehmen noch ein Startup war.

Medienberichten zufolge soll Chew außerdem fünf Jahre bei der russischen Investmentfirma DST angestellt gewesen sein. Dort soll er angeblich ein Team geleitet haben, das 2013 zu einer der frühen Investoren von Bytedance angehört hat. Als Investmentbanker bei Goldman Sachs arbeitete er schließlich zwei Jahre.

Im Anschluss daran wechselte er im Alter von 32 Jahren die Branche und begleitet den chinesischen Smartphone-Giganten Xiaomi als Chief Financial Officer bis zu seinem Börsengang 2018. "Er ist vollkommen multikulturell", zitiert das "Wall Street Journal" Hugo Barra, ein ehemaliger Xiaomi-Manager, der mit Chew zusammenarbeitete. "Das ist ein entscheidender Vorteil für eine Führungskraft in einem chinesischen Unternehmen, das versucht, ein globales Unternehmen zu werden."

Im März 2021 schließlich wechselte Chew als Finanzchef zu Bytedance. Nur zwei Monate später bekam er die Rolle als Geschäftsführer von Tiktok angeboten. Zuvor war sein Vorgänger, Kevin Mayer, unerwartet nach nur drei Monaten im Amt zurückgetreten. Damals unternahm bereits die Trump-Regierung einen Versuch, einen Verkauf von Tiktok an US-Investoren zu erzwingen.

Anhörung in Washington kein "Alles-oder-Nichts-Moment"

Erst ein Jahr nachdem Chew die Leitung von Tiktok übernommen hatte, traute sich der 40-Jährige laut BBC-Informationen so richtig aus der Deckung und richtete sich im vergangenen Februar ein eigenes Konto ein. Auf seinem Profil gewährt er private Einblicke in seinen Alltag. Seine knapp 18.000 Follower hat er seitdem zum Super-Bowl und NBA-Spielen mitgenommen und daran teilhaben lassen, wie er mit Sängerin Ciara tanzte.

Am Montagabend wendete sich Chew zuletzt in einem Video, das auf dem offiziellen Konto von Tiktok erschien, direkt an die US-amerikanischen Nutzer der Plattform. In dem Clip sagt er: "Einige Politiker haben angefangen, von einem möglichen Verbot von Tiktok zu sprechen. Das könnte Tiktok von euch allen 150 Millionen wegnehmen." Im Gespräch mit dem "Wall Street Journal" zeigte sich Chew noch wesentlich entspannter. Schließlich werde seine Anhörung in Washington kein "Alles-oder-Nichts-Moment". Er sehe darin eine "großartige Gelegenheit", um die Arbeit von Tiktok zu erklären, Feedback zu hören und Fragen zu beantworten.

Chew sagte, er habe die Einladung des Handelsausschusses angenommen, weil er sowohl im Kongress als auch in der amerikanischen Öffentlichkeit mit falschen Vorstellungen über Tiktok aufräumen wollte. "Es gibt einige Dinge, die über unser Unternehmen gesagt werden, die schlichtweg falsch sind, und wir müssen das klären", zitiert das "Wall Street Journal" ihn.