Germany
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Apps, Cell Broadcast und Sirenen - So lief der Warntag 

Bonn – Hat es bei Ihnen heute auch ordentlich geschrillt?

Sirenen, Apps, digitale Tafeln, Durchsagen in Radio: Am Mittwoch gab es deutschlandweit den zweiten Warntag. Heißt: Im ganzen Land wurden zur Probe um 11 Uhr Warnsysteme getestet, ausgelöst auch vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Denn auch nach der fürchterlichen Flutkatastrophe im Ahrtal offenbarte sich: Der Katastrophenschutz muss besser werden.

Alfred Sebastian, der Bürgermeister von Dernau (Rheinland-Pfalz): „Wir sind sozusagen gar nicht vernünftig gewarnt worden. Wir haben bis 19 Uhr Sandsäcke gepackt, um einem mittleren Hochwasser vorzubeugen. Zu dem Zeitpunkt sind 20 Kilometer aufwärts schon die Straßen weggebrochen. Drei Stunden später hatten wir das Wasser im Ort stehen.“

Nun sollten beim Warntag so viele Menschen wie möglich erstmals auch über Handys per Cell Broadcast erreicht werden – ein System, das schon seit Jahren in den USA oder Japan läuft. Zusätzlich zur Alarm-Mitteilung sollte ein lautes Tonsignal am Handy erklingen.

Dabei geht eine automatische Nachricht an jedes Gerät, das eingeschaltet, auf Empfang und mit einer aktuellen Software ausgestattet ist. Eine spezielle Warn-App muss nicht installiert sein. Nur bei einigen älteren Handy-Modellen funktioniert das System noch nicht.

Der Probe-Alarm ist auf einem iPhone aufgetaucht

Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Wer aber Warn-Apps wie Nina oder Katwarn auf dem Smartphone hat, sollte auch auf diesem Wege einen Hinweis auf die Probewarnung bekommen. Strom weg, Hochwasser, schweres Wetter – der Test für den Ernstfall. Behörden wollten herausfinden, wie viele Menschen erreicht werden können.

Nach einer ersten Bewertung sehen Behörden den Warntag als Erfolg. Ralph Tiesler, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe: „Die Probewarnung hat gezeigt, dass unsere technische Infrastruktur robust ist und die technischen Probleme der Vergangenheit behoben sind.“ Aber: Für abschließende Erkenntnisse sei es noch zu früh. Viele Rückmeldungen würden aber einen positiven Eindruck bestätigen.

Hannover: In der Innenstadt zeigen Tafeln den Probe-Alarm an

Foto: Moritz Frankenberg/dpa

Der Präsident weiter: „Das heißt aber nicht, dass es an der einen oder anderer Stelle nicht noch Verbesserungsbedarf geben mag. Wir werden das nun in den nächsten Wochen auswerten, das System weiter optimieren.“

Und der Cell Broadcast? Tiesler: „Nach ersten Erkenntnissen, die wir von Mobilfunkbetreibern haben, konnten sie alle diese Nachricht aussenden, an die verschiedene Geräte.“ Zur Auswertung würde man sich auch einer Internet-Umfrage mit Online- Fragebogen bedienen.

Eine Feldstudie soll Anfang des kommenden Jahres im Rahmen einer repräsentativen Umfrage belastbare Ergebnisse liefern. Über Probleme lägen noch keine Erkenntnisse vor, so Tiesler. „Wir konnten unsere Sendungen an die Warnmultiplikatoren aussenden, das heißt, an Rundfunkbetreiber, an die Medienbetreiber, Lagezentren der Länder. Alles andere ist eine Analyse der nächsten Wochen.“

Ein Mitarbeiter des Gemeindevollzugsdiensts Bruchsal baut eine mobile Sirene ab

Foto: Julian Rettig/dpa

Laut Vodafone war der erste Cell-Broadcast-Test gut. Das Unternehmen: „Wir werden nun alle Erkenntnisse aus dem Warntag auswerten und für die weitere Optimierung des neuen Warnsystems bis zum Start des Regelbetriebs in 2023 nutzen. Dann sollen auch mehr ältere Endgeräte in das Warnsystem einbezogen werden als heute bei der ersten Testwarnung.“

▶︎ Doch etwa in Berlin wurden viele Nutzer nicht erreicht. Ob das an fehlenden Einstellungen am Telefon oder anderen Problemen lag, steht noch nicht fest. Warnungen sollten rund 60 Prozent der Handys dort empfangen können. Warnungen auf anderem Weg kamen teils verspätet, wie Nutzer berichteten. Bei der Warn-App Nina war zu lesen: „Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Nationale Warnzentrale 1 Bonn meldet: Bundesweiter Warntag 2022 - Probewarnung – Deutschland vom 08.12.2022 10.59.“ Dazu der Hinweis: „Es besteht keine Gefahr für die Bevölkerung.“

Berlin Hauptbahnhof: Auf einer Anzeige taucht die Probe-Alarm-Meldung auf

Foto: Annette Riedl/dpa

▶︎ Lokale Warnmaßnahmen, etwa in Frankfurt, haben laut Feuerwehr gut funktioniert. Sirenen ertönten pünktlich um 11 Uhr. Auch in Hamburg heulten alle 123 Sirenen. Warn-Apps, Cell Broadcast und Rundfunkwarnmeldungen wurden zentral vom BBK ausgelöst.

Dass viele der bundesweit etwa 35 000 Sirenen stumm bleiben, war in einigen Städten schon vorher klar. Freiburg verzichtete bewusst auf Proben, auch Heidelberg, Stuttgart und Göppingen. In anderen Gemeinden gibt es nur wenige oder gar keine Sirenen mehr, die funktionieren.

▶︎ In der Leitstelle der Feuerwehr Köln kam es wegen des Warntages zu Notrufen, weil viele die neuen Cell-Broadcast-Nachrichten offenbar noch nicht kannten. Eine Auswertung brauche auch in NRW Zeit, so das Innenministerium. Kurios: Im Düsseldorfer Landtag musste eine Sitzung unterbrochen werden, weil so viele Telefone schrillten. „Im Großen und Ganzen hat alles funktioniert“, hieß es bei Feuerwehr dort.

▶︎ In Rheinland-Pfalz erfüllte der Test nicht alle Erwartungen. Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Carl-Bernhard von Heusinger: „Um 11 Uhr wurde das Modulare Warnsystem des Bundes mit allen an das System angeschlossenen Warnmitteln wie Fernsehen, Radio, Warn-Apps und dem neuen Cell Broadcast ausgelöst und in weiten Teilen erfolgreich getestet.“ Aber: „Zahlreiche Menschen sind offenbar nicht mit der Testwarnung über das Cell Broadcasting gewarnt worden, weil das Betriebssystem ihres Mobiltelefons zu alt ist oder nicht die erforderlichen Einstellungen ausgewählt waren.“

Und in Dernau, dem die Flut so sehr zusetzte? Dort kamen bereits kurz vor 11 Uhr erste Meldungen auf Handys, Sirenen lösten nur für etwa acht bis neun Sekunden aus, eine neu installierte Anlage meldet die Entwarnung um 11.45 Uhr nicht.

▶︎ Auch in Bayern kamen nicht alle Meldungen vom im Aufbau befindlichen Cell Broadcast durch. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU): „Sinn des heutigen Testlaufs war es, mögliche Fehlerquellen zu erkennen, um diese zeitnah beheben zu können.“ Leider habe nicht überall alles reibungslos geklappt, und es sei teilweise zu Ausfällen und Überlastungen der Server gekommen. „Etwaige Lücken im Warnsystem und deren Ursachen sind nun aufzuklären“, sagte Herrmann.

Den letzten Warntag gab es im September 2020, das erste Mal seit der Wiedervereinigung Deutschlands. Über Sirenen, Radio, Fernsehen und Handy-Apps sollten alle Bundesbürger gleichzeitig Alarmmeldungen bekommen. Der Test – er ging schief. Sirenen heulten, Sender unterbrachen das Programm. Doch Warnapps wie Nina, Katwarn oder Biwapp blieben still, lösten teils mit mehr als 30 Minuten Verzögerung aus.