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Asow-Kämpfern "geht es gut": Das erwartet Ukrainer in russischer Gefangenschaft

Die Verteidiger des Asow-Stahlwerks in Mariupol senden aus der russischen Haft einige wenige Lebenszeichen. Diese sollen zeigen, dass die Soldaten nicht gefoltert werden und "mit allem zufrieden sind". Berichte von Ukrainern, die aus der Gefangenschaft heimkehren konnten, vermitteln jedoch ein ganz anderes Bild.

Die ukrainischen Kämpfer der Regiments Asow, die nach der mehrwöchigen Belagerung des Stahlwerks in Mariupol kapituliert haben und sich seitdem in russischer Gefangenschaft befinden, werden nach Angaben der Frau des Kommandeurs der Einheit unter "zufriedenstellenden" Bedingungen festgehalten. Wie der "Guardian" berichtet, konnte Asow-Kommandeur Denys Prokopenko mit seiner Frau Kateryna telefonieren.

"Er sagte, es gehe ihm gut, und fragte, wie es mir geht", sagte die Frau der Zeitung. "Ich habe aus anderen Quellen gehört, dass die Bedingungen mehr oder weniger zufriedenstellend sind", fuhr Kateryna Prokopenko fort. Ihr sei auch gesagt worden, dass den Gefangenen keine Gewalt angetan worden sei.

Zuvor hatte die Nachrichtenseite "Zenger" Aufnahmen aus einem Gefängnis im besetzten Gebiet nahe Donezk veröffentlicht, in dem ein Teil der Asow-Kämpfer festgehalten werden. Darauf sprechen einige der Gefangenen von "guten Bedingungen" und davon, dass sie "mit allem zufrieden sind" und "keine Beschwerden haben". Einer spricht im Video gar davon, dass seine "Erwartungen übertroffen wurden". Ob Kommandeur Prokopenko und die anderen Soldaten die Zustände im Gefangenenlager allerdings freiwillig so darstellen, ist fraglich. Berichte von Menschen, die aus russischer Gefangenschaft in die Ukraine zurückkehren konnten, lassen das Gegenteil vermuten.

Stromschläge versetzen - aus Spaß

Wolodymyr Khropun, ein Freiwilliger des Roten Kreuzes, wurde Mitte März bei Kiew gefangen genommen, am 9. April kam der Mann im Rahmen eines Gefangenenaustauschs frei. Einige Wochen später erzählte er in einem Interview mit dem britischen Sender BBC seine Geschichte. Demnach wollte Khropun am 18. März mit einem Schulbus Zivillisten aus einem besetzten Dorf nahe der ukrainischen Hauptstadt evakuieren, die dort wegen der Kämpfe festsaßen. Doch an einem russischen Kontrollpunkt wurde der Mann festgenommen.

In den ersten Tagen seien er und andere Gefangene im Keller einer Fabrik in einem Nachbardorf festgehalten worden. In dem 28 Quadratmeter großen Raum befanden sich demnach etwa 40 Häftlinge, sie seien mit Gewehren geschlagen und getreten worden.

Die Russen hätten Khropun die Augen verbunden und seine Hände mit Klebeband gefesselt. Sie hatten immer wieder Taser gegen Häftlinge eingesetzt und Informationen über das Militär verlangt. "Ein Soldat war sehr jung, fast noch ein Kind. Er versetzte den Menschen Stromschläge in den Nacken, ins Gesicht und in die Knie. Er schien Spaß daran zu haben", erinnert sich Khropun.

Nach einer Woche wurden die Gefangenen über Belarus nach Russland gebracht. "Die Folterungen gingen weiter. Sie demütigten uns, ließen uns knien und zwangen uns in unbequeme Positionen. Wenn wir ihnen in die Augen schauten, wurden wir geschlagen. Wenn wir zu langsam waren, wurden wir geschlagen. Sie behandelten uns wie Tiere", sagte der Mann.

"Schlimmer als Hunde" behandelt

Ähnlich klingt auch der Bericht von Roman Hrybow. Der Marinesoldaten war Verteidiger der Schlangeninsel im Schwarzen Meer, er galt lange Zeit als Urheber des berühmten Spruches "Russisches Kriegsschiff, fick dich!". Als der Soldat ausgetauscht wurde und frei kam, erzählte im ukrainischen Fernsehen, er und seine Kameraden seien in der Gefangenschaft "schlimmer als Hunde" behandelt worden. Die Männer seien körperlich und moralisch misshandelt worden.

Am schlimmsten sei aber der psychologische Druck gewesen, so Hrybow. "Sie sagten uns, dass Kiew und andere Städte bereits eingenommen worden seien, dass es keinen Sinn habe, zurückzukehren, und dass wir, wenn wir zurückkommen, dort sehr schlecht empfangen würden", berichtete Hrybow nach seiner Freilassung Ende März.

Am Tag des Austauschs sei ihm und weiteren Gefangenen nicht gesagt worden, wohin sie gebracht werden. Ihre Hände seien auf dem Rücken gefesselt und Schlingen um den Hals gelegt worden, so dass viele auf dem Weg kaum atmen konnten. Die Soldaten waren sich nach Hrybows Worten sicher, dass sie zur Erschießung gebracht werden.

"Sie sagten, dass sie mich mit einem Schlagstock vergewaltigen werden"

Der Priester Sergej Tschudinowitsch wurde am 30. März aus einer Kirche in der von Russen besetzten südukrainischen Stadt Cherson entführt. Nachdem ihm wenige Tage später die Flucht gelungen war, sprach er in einem Facebook-Video über seine Erfahrungen. Beim Verhör sei zunächst ein "höfliches Gespräch" mit ihm geführt worden, erzählt der Priester. Doch dann seien ihm Nase und Augen zugebunden worden, er habe aussagen müssen, dass er ein Mitglied der Territorialverteidigung ist. Nach zwei Stunden "Verhör" begann die Folter. Er sei gewürgt und mit einem Schlagstock geschlagen worden. Er durfte nicht trinken, "und dann gaben sie mir Wodka statt Wasser", erzählt der Priester.

"Sie sagten, dass sie mich mit einem Schlagstock vergewaltigen werden", heißt es im Video weiter. "Sie schlugen mich, dann fingen sie an, meine Hose aufzuknöpfen, zogen mich aus, legten mich auf die Knie, und sagten, dass sie einen Schlagstock hineinstopfen werden", so Tschudinowitsch. "Ich habe mich vom Leben verabschiedet. Sie haben versucht, mich zu vergewaltigen." Aus Angst um sein Leben unterschrieb der Mann schließlich ein Dokument, das er nach eigenen Worten nicht mal gelesen hat. Wenige Tage später konnte der Priester schließlich fliehen.