Germany
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Auch Deutschland sollte die Russland-Verbindungen von Politikern untersuchen

Kein Land ist seit jeher derart kritisch gegenüber Russland, kein Land hat seine europäischen Partner über Jahre hinweg so vehement vor der aggressiven Außenpolitik Moskaus gewarnt wie Polen. Ausgerechnet in diesem Polen soll jetzt eine vom Parlament eingesetzte Kommission darüber entscheiden, ob Amtsträger, ja auch Personen des öffentlichen Lebens zwischen 2007 und 2022 unter russischem Einfluss standen und der Republik auf diese Weise geschadet haben.

Im Deutschen Bundestag hingegen wurde noch nicht einmal ein Untersuchungsausschuss eingesetzt, der die gescheiterte Russlandpolitik der vergangenen Jahre aufarbeitet. Nicht nur das: Die Deutschen erkennen gerade schmerzlich, dass sie die wohl schlechteste Energiepolitik der Welt zu verantworten haben; und wo Sicherheitspolitik hätte sein müssen, war naive Russland-Kuschelei. Mit welchen Folgen?

Einige Beobachter erklären Deutschland mittlerweile gar zum Ermöglicher des russischen Vernichtungskrieges in der Ukraine. Speziell Angela Merkel werden schlechte Zeugnisse ausgestellt, zuletzt vom amerikanischen „Wall Street Journal“. In Deutschland selbst hat die ehemalige Kanzlerin gerade einen Orden von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verliehen bekommen – in einer Zeit, in der ihr Erbe zumindest international in Zweifel gezogen wird. Ausgerechnet von Steinmeier, der als Architekt des geplatzten Minsker Abkommens gilt und dessen Tätschelfotos mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow Menschen in Ostmitteleuropa verstörten.

Dass Deutschland dringend die Russland-Verstrickungen seines politischen Spitzenpersonals ausleuchten muss und dass dem auch Taten wie ein Ämterverbot folgen müssen, ist spätestens seit der Veröffentlichung des Buches „Die Moskau-Connection“ der beiden Journalisten von der „FAZ“, Reinhard Bingener und Markus Wehner, klar.

Stattdessen regiert Manuela Schwesig in Mecklenburg-Vorpommern, als wäre nichts gewesen, und der Russland-Lobbyist und Ex-Kanzler Gerhard Schröder, von Polens Premierminister „Symbol der Schande“ genannt, feierte im Mai in der russischen Botschaft zusammen mit SED-Bonzen, AfD- und Linken-Politikern den Sieg der Sowjetunion über das Dritte Reich vor 78 Jahren – es sieht aus wie ein Tanz auf den Gräbern ukrainischer Frauen und Kinder. Der Aufschrei müsste viel größer sein. Die Deutschen täten gut daran, an dieser Stelle mehr Polen zu wagen.

Opposition diskreditieren

Doch die polnische Russland-Kommission darf kein Vorbild für Deutschland sein. Sie zielt in Wahrheit nicht auf mögliche russische Einflüsse, sondern soll Mitglieder der Opposition während des Wahlkampfs diskreditieren oder ihnen den Weg in Staatsämter versperren. Im Herbst wird in Polen ein neues Parlament gewählt, und die regierenden Nationalkonservativen stehen unter Druck wie lange nicht. Das Gesetz zur Schaffung der Kommission ist ein weiterer schwerer Schlag für den bereits beschädigten polnischen Rechtsstaat.

Dennoch kann der polnische Weg Deutschland als Aufforderung dienen, endlich reinen Tisch mit seiner Russland-Vergangenheit zu machen und mögliche von Russland ausgehende Gefahren für die liberale Demokratie und die öffentliche Ordnung hierzulande ernst zu nehmen. Die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses oder von Kommissionen ist ein Mittel dazu. Ein anderes ist eine breite gesellschaftliche Debatte. Sie muss keinesfalls dem hysterischen Geist der McCarthy-Ära entsprechen, als in den 50er-Jahren in den USA vermeintliche Kommunisten verfolgt wurden.

Es zeugt einerseits von einer demokratischen Reife und Gelassenheit, umstrittene Professoren oder Vertreter der „Letzten Generation“ in Talkshows einzuladen. Andererseits braucht es eine intensivere Beschäftigung damit, wem ihre Aktionen nutzen. Immerhin führt Russland einen großen Krieg in der Ukraine und wendet sich unverhohlen auch gegen Deutschland, mittlerweile einer der wichtigsten Unterstützer Kiews.

Das Verbreiten russischer Propaganda, das Blockieren von Infrastruktur, ja auch kritischer Infrastruktur wie LNG-Terminals, und dadurch eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft sind keine Bagatellen. In Polen wundert man sich darüber, dass in Deutschland die Sicherheitsbehörden wie auch die Öffentlichkeit in diesem Zusammenhang nicht sofort ausländischen Einfluss vermuten – auch wenn einige jener Exponenten wie „nützliche Idioten“ daherkommen.

Bewusstsein der Menschen schärfen

Größere Sorge als die Endzeitpropheten müssen einem die russlandfreundliche AfD und andere rechte Milieus, verirrte Linke, radikale Friedensbewegte und die vielen Putin-Sympathisanten bereiten, ob in sozialen Netzwerken oder in Ostdeutschland.

Ein Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung? Ja, der muss jetzt kommen. Doch sollten die Menschen im Land auch ihr Gefahrenbewusstsein schärfen. Ob der Ukraine weiter Hilfe aus dem übrigen Europa zuteilwird, hängt auch davon ab, wie wehrhaft die deutsche Demokratie ist. Das weiß man in Russland, der Ukraine und Polen. Ob man es auch in Deutschland weiß, wird sich zeigen.