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Außen britisch, innen deutsch?: Warum König Charles (auch) ein Hesse ist

König Charles III. in Deutschland - da schadet es nicht, etwas mehr über ihn zu wissen. Ein Beispiel: Der offizielle Nachname der britischen Monarchie lautet "Windsor-Mountbatten" - wussten Sie, dass das eine totale Fantasiemarke mit hundertprozentig deutschen Ursprüngen ist?

Während Charles zum ersten Mal als "König von Großbritannien und Nordirland" durch Deutschland tourt, wird so selbstverständlich wie regelmäßig über seine deutsche Abstammung gesprochen. Doch was genau steckt dahinter - und welche Früchte tragen die historischen Wurzeln überhaupt noch in der Gegenwart?

Für Einsteiger lässt sich die Geschichte mit dem "Mini" vergleichen: Das - gar nicht mehr so kleine - Auto ist außen britisch und im Innern deutsch, seitdem BMW die lädierte englische Marke 1996 kaufte. Heute werden Minis mit Motoren und anderen Teilen aus Deutschland auf der Insel gefertigt. Man könnte auch sagen: Eine perfekte Kooperation.

Deutsche Protestanten wurden bevorzugt

So ähnlich war die Ausgangslage, als 1714 ein gewisser Georg aus dem Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg den Thron in London bestieg - und damit als erster deutschstämmiger König über England, Wales und Schottland herrschen sollte. Sein Trumpf war seine Religion: Für die regierende Mehrheit in Westminster war die katholische Dynastie der Stuarts unerwünscht, weshalb man schon 1701 mit dem Act of Settlement eine neue Nachfolge geregelt hatte. Sie sah vor, die protestantischen Verwandten der Stuarts vom europäischen Festland zu holen: das Geschlecht der Welfen, die in Hannover residierten. Im Gegenzug erklärten sie sich bereit, den Nieselregen von daheim mit dem englischen "drizzle" zu tauschen, Englisch zu lernen (was am Ende mindestens zwei Generationen dauerte) und ihre Herkunft mit nur einem "n" zu anglisieren: the Hanoverians.

Ohne Zweifel brachte diese Geschichte mit sechs Monarchen glorreiche Zeiten für Britannien - und mindestens ein Dutzend uneheliche Kinder. Die Herrschaft der Hannoveraner endete mit dem Tod von Königin Victoria im Jahr 1901. Für den heutigen König und sein Reich hat sie unterdessen keine Bedeutung mehr - wenn man von Ortsbezeichnungen absieht wie Hanover Road, Brunswick Place oder George Square.

Der Name "Windsor" war eine Notlösung

Mit Victorias Sohn Albert Eduard, also Edward VII (Herrschertitel werden im Englischen stets ohne Pünktchen geschrieben), folgte eine weitere deutschstämmige Sippe. Sie war nach Edwards Vater Albert benannt, der ein Wettiner war und das Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha vertrat.

Streng genommen wurde diese Episode (nach drei Königen und einer Königin) erst mit dem Tod von Elizabeth II. im vergangenen Jahr beendet - hätte ihr Großvater, George V, nicht 1917 entschieden, seinen deutschen Familiennamen in "Windsor" zu ändern - was nichts anderes ist als der Name eines königlichen Schlosses. Es war gewissermaßen eine Notlösung, um beim Blick in den Spiegel nicht ständig daran erinnert zu werden, dass man sich mit den engsten Verwandten im Krieg befindet.

Die Fantasiemarke "Windsor" bildet seitdem den ersten Teil des offiziellen Familiennamens der britischen Monarchie. Der zweite lautet "Mountbatten" - durch eine gemeinsame Entscheidung von Königin Elizabeth und ihrem Ehemann Philip im Jahr 1960. Und das ist noch einmal eine andere Geschichte: eine deutsch-britisch-polnische!

Auch Charles III. braucht einen Nachnamen

Man muss etwas ausholen, um zu erklären, warum selbst Charles III. als "Königliche Hoheit" - die normalerweise keinen Nachnamen erfordert - auf den Namen Windsor-Mountbatten zurückgreifen muss, wenn er persönliche Angelegenheiten vor einer britischen Behörde regeln möchte. Das war zum Beispiel vor dem Standesamt erforderlich, als er 2005 seine heutige Frau Camilla heiratete.

Die kurze Begründung besteht darin, dass sich Charles' Vater Philip den Nachnamen "Mountbatten" gab - was tatsächlich der Nachname seiner Mutter Alice war. Doch seit wann werden die männlichen Ahnen der Royals nach ihrer Mutter benannt? So fortschrittlich ist selbst die britische Monarchie nicht. Die Begründung greift also zu kurz.

Philips deutsche Familie war eine Last

In Wahrheit stammte der große, blonde Philip aus dem Hause "Schleswig-Holstein Sonderburg-Glücksburg", das zuletzt in Griechenland auf dem Thron war, wo Philip auch geboren wurde. Damit kam er als künftiger Throngemahl überhaupt erst infrage. Zugleich war seine deutsche Abstammung ein großes Problem: Zum einen war sein Name für englische Zungen völlig unaussprechlich und zum anderen kam er total ungelegen, als er 1947 Prinzessin Elizabeth heiratete: The boy was too bloody German!

Schließlich war man wenige Jahre zuvor schon wieder mit den eigenen Verwandten im Krieg gewesen - was in Philips Fall besonders schwer wog. Nicht nur, dass er ein Internat in Deutschland besucht hatte. Seine deutschen Schwager waren sämtlich Nazis gewesen und hatten in Wehrmacht oder sogar SS gedient. Seine vier Schwestern wurden deshalb nicht einmal zur Hochzeit eingeladen!

Ein Nachname als Strafe für eine Liebesehe

Doch auch der gültige Königsname "Mountbatten" ist ein deutscher - und darüber hinaus ein ziemlich kurioser! Denn ursprünglich hieß er "Battenberg" und stammte aus der Gegend um Darmstadt, also aus Hessen.

Es war im 19. Jahrhundert, als Prinz Alexander von Hessen-Darmstadt mit seinem Herzen gegen die dynastischen Regeln seiner Familie von Hessen und zu Rhein verstieß und eine Frau heiratete, die er liebte, aber die nicht standesgemäß war: Julia Hauke war die in Warschau geborene Tochter eines polnischen Generals, der aus Dresden stammte. Aus heutiger Sicht war die ursprünglich bürgerliche Julia Hauke die Ururgroßmutter von Charles III.

Weil die Verbindung zwischen Alexander und Julia "morganatisch" war, also nicht ebenbürtig, reichte sie nicht, um die hessische Linie fortzuführen. Für das Paar wurde deshalb der Name "Battenberg" aus der adeligen Mottenkiste geholt. Er war im Mittelalter erloschen.

Aus Battenberg wurde "Bergbatten"

Als Ludwig Alexander - der Sohn der ersten neuen Battenbergs und Bruder von Philips Mutter Alice - mit 14 Jahren nach Großbritannien ging, um dort in der Marine Karriere zu machen, gelang ihm trotz seiner deutschen Abstammung eine steile Karriere: Er wurde "Oberster Seelord". Als sich nach dem Tod seines engen Freundes, König Edward VII, im Jahr 1910 sowie mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs die Stimmung gegen ihn verschärfte, versuchte er die Wogen zu glätten, indem er dasselbe tat wie die Königsfamilie: Er änderte seinen deutschen Namen.

Aus "Battenberg" wurde also "Mountbatten" - so wie der unerträglich süße "Battenberg Kuchen" auf einmal "Mountbatten Cake" hieß. In Anspielung auf die Verwandlung des Bösen ins Gute - und umgekehrt -, die Autor Robert Stevenson in seinem Roman "Der seltsame Fall des Dr Jekyll und Mr Hyde" erzählte, notierte Louis Mountbatten 1917 im Gästebuch seines Sohns: "I went in as Mr Hyde and came out as Lord Jekyll." Mit dieser gespaltenen Persönlichkeit leben die britischen Royals bis heute.