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Auto-Zoff bei Anne Will - FDP und Grüne rütteln an der Ampel

Die Grünen wollen dem freien Bürger an den Wagen fahren: Individualverkehr nur noch per Pedes oder Pedal! Jetzt droht im Streit um den Straßenbau sogar ein Blackout der Ampel. Anne Will sorgt sich: „Auto oder Bahn, Tempo oder Limit – Steckt die Verkehrswende im Stau?“

▶︎ Ricarda Lang (29, Grüne). Die Parteichefin bläst zur Attacke: „Das Verkehrsministerium muss dringend einen Plan vorlegen, wie die Klimaziele im Verkehrssektor erreicht werden sollen!“

▶︎ Christian Dürr (45, FDP). Der Fraktionschef will Bau und Sanierung von Autobahnen beschleunigen, wenn sie im „überragenden öffentlichen Interesse liegen“. Abstimmung mit den Reifen?

▶︎ Thorsten Frei (49, CDU). Der Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion hat das Allgemeinwohl im Auge: „Autobahnen sind auch heute immer noch Lebensadern der Wirtschaft!“

▶︎ Katja Diehl (50). Die Autorin hält, so Talkmasterin Will, „das Auto für ein Auslaufmodell“. Sie sitzt im Beirat des grünen Verkehrsministers von Baden-Württemberg.

▶︎ Robin Alexander (47). Der Vize-Chefredakteur der „Welt“ wettert: „Die Politik führt ein ideologisches Theater auf!“

Das Reizthema an Tanke und Theke! Wer bremst, wer gibt Gas? Das Zoff-O-Meter erwartet großes Gehupe!

Ricarda Lang, Christian Dürr, Thorsten Frei, Moderatorin Anne Will, Katja Diehl und Robin Alexander (v.l.)

In einem ARD-Einspieler warnt Verkehrsminister Volker Wissing: „Wir müssen uns beim Aufbau und beim Ausbau der Infrastruktur an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientieren und dürfen uns nicht in ideologischen politischen Debatten verlieren!“

Von wegen! Ideologie in hoher Oktanzahl liefert ja gerade den richtigen Dreh für ganz viel Talk-Qualm, und Will lässt gleich mal die Reifen durchdrehen: „Herr Dürr, alle Welt hat verstanden, dass Klimakrise ist, nur die FDP will Autobahnen auf bis zu zehn Spuren ausbauen. Ist das nicht ein bisschen sehr Geisterfahrer-Mentalität?“

Dürr senkt trickreich den Reifendruck: „Man kann ja niemanden erklären, Autobahnen bauen wir ganz besonders langsam und das ist dann gut für Umwelt“, widerlegt er, was niemand behauptet hat. Stöhn!

Frei denkt den Klimaschutz weiter: „Wenn Sie Umleitungen wegen kaputter Straßen haben, wenn Sie Staus haben, dann ist es ja gerade nicht klimaschonend.“ Peng!

Die Grünen-Chefin will aus einer alten Kampagne neuen Honig saugen: „Das lädt uns natürlich sehr ein, über das verkehrspolitische Erbe von Andreas Scheuer zu sprechen, aber das will ich gar nicht“, erklärt sie sie mit leicht drohendem Unterton.

Doch der CDU-Mann lässt mit so was nicht ausbremsen. „Nur zu!“, ermuntert Frei die Kollegin. „Das ist ein erfolgreiches Erbe.“

Die Talkmasterin ergreift sofort Partei: „Wirklich?“, ruft sie spöttisch dazwischen.

„Beim Abschluss des Koalitionsvertrags konnte man wissen: Das wird irgendwann eine Entscheidung sein“, urteilt „Welt“-Journalist Alexander über den Dauerkonflikt zwischen Straße und Schiene. „Und darum wird jetzt gerungen.“

Seine Prognose: „Ich persönlich hege den Verdacht, dass nach der Berlin-Wahl ein bisschen schneller gerungen wird“, denn da wolle man das grüne Stammpublikum schonen. Motto: Boah, wat sind wir alle wieda hip hier …

„Die Grünen haben eine Vorstellung, und die FDP hat eine Vorstellung“, stellt Alexander klar. „Olaf Scholz wird irgendwann mal sagen müssen, was ER möchte.“

Dürr tut wieder, was er gerne macht: Er schiebt alle Schuld auf die „Vorgängerregierung“. Gilt natürlich nur bis 2013, denn bis dahin war die FDP ja selber an der Macht.

Umso eifriger führt der Fraktionschef jetzt die Schlachten der Vorzeit fort: „Der Andy Scheuer hat sich ja viele Jahre um so eine Pkw-Maut gekümmert, anstatt die Schiene auszubauen“, ätzt er.

„Ich will, dass es ein Grundrecht gibt auf freie Wahl der Mobilitätsmittel“, doziert Autorin Diehl, „also dass ich nicht angewiesen bin auf ein Auto.“

Denn, so ihr persönliches Argument zu „Menschen im ländlichen Raum, die alt werden“: „Ich jetzt gerade als Tochter kutschiere meine Eltern, weil, da gibt’s nichts außer dem Auto, und das ist etwas, was sich für mich unfrei anfühlt. Das ist gegen die Würde des Menschen, um Mobilität bitten zu müssen!“

Die Autorin, die rote Socken leuchten lässt und die Parteichefin (im knöchellangen Grün-Strick) duzt, haut gleich noch einen raus: „Autobahnen bauen gegen Stau ist wie den Gürtel zu lockern, wenn man abnehmen will“, rattert sie fast fehlerfrei runter.

Thorsten Frei

Frei rettet den Talk aus der ideologischen Sackgasse: Um den ÖPNV attraktiver zu machen, „braucht man Kapazitätsausweitungen, eine bessere Verknüpfung“, verlangt der Unionspolitiker. „Und muss man auch etwas bieten, was Pünktlichkeit beinhaltet, Sauberkeit, Sicherheit!“

Dürr setzt auf „synthetische Kraftstoffe, hergestellt in sonnenreichen Gegenden der Welt, die wir statt Erdöl importieren könnten“. Denn, so der FDP-Politiker: „Wir haben über 46 Millionen Verbrennerautos. Wir müssen diesen Autofahrern die Möglichkeit geben, in Zukunft CO2-neutral unterwegs zu sein.“

Seine populäre Forderung: „Der Individualverkehr sollte kein Luxusgut sein für einige wenige. Und da wären die synthetischen Kraftstoffe eine sehr gute Option.“ Deshalb sei er dem grünen Stuttgarter Verkehrsminister dankbar, der sich bei dem grünen Wirtschaftsminister Habeck für E-Fuels eingesetzt habe.

Christian Dürr

Die Grünen-Chefin zeigt prompt ihre Folterwerkzeuge: „Wenn ich sage, ich will Geld sparen, brauche ich ein hartes Ordnungsrecht“, droht sie dem Auto und seinen Freunden. „Ordnungsrecht“ ist das Grün-Wort für „Verbieten“.

Und, so Lang weiter: „Wenn ich wenig Ordnungsrecht will, muss ich richtig Geld in die Hand nehmen. Dann kann ich aber nicht 30 Milliarden in Autobahnen investieren!“

Prompt springt das Zoff-O-Meter an. „Liebe Ricarda Lang, ich schätze dich“, säuselt der FDP-Mann, kontert dann aber mit einer knallharten Gegendrohung: „Jetzt zu sagen, da müsste das Ordnungsrecht her: Heißt das dann, dass Menschen ihr Auto nicht mehr benutzen können? Das kann für unsere Regierungskoalition ja keine Option sein.“ Puh!

„Da ich im Beirat von Winfried Hermann bin, möchte ich nicht, dass er als E-Fuel-Minister im Raume stehen bleibt“, ärgert sich Autorin Diehl über Dürrs Lob. „Mir ist dieses Signal viel wichtiger, das er gesetzt hat: ganz klar Führungspersönlichkeit zu sein, zu sagen, das ist meine Vision für den ländlichen Raum!“

„Und er hat auch ein tolles Projekt, dass Menschen, die ihren Führerschein machen, lernen, eine Stunde Carsharing zu machen“, fügt sie bewundernd hinzu, „das Denken so zu verändern, dass man das Auto benutzen kann, aber nicht besitzen muss.“ Heidewitzka!

„Steigende Zulassungszahlen sind ein Indiz verfehlter Verkehrspolitik!“, poltert Diehl dann weiter. Als CDU-Frei widerspricht, hält sie ihm selbstbewusst vor: „Dann haben Sie sich mit meiner Arbeit nicht beschäftigt. Es wird auch weiter Menschen geben, zum Beispiel mit einer Behinderung, die auch gern ein kleines vollelektrisches Auto fahren.“

„Welt“-Alexander warnt, es werde „ein Momentum verpasst“, denn: „Bei den LNG-Terminals war es möglich, sehr schnell zu bauen. Da wäre es doch naheliegend, zu sagen: Jetzt überlegen wir mal, wie wir das für immer machen können. Stattdessen führen wir eine Diskussion: Dein Auto ist böse, du willst mein Leben verändern. Das ist total schade!“

„Autobahnbau ist CO2, ist Ressourcenverschwendung, ist Fachkräftebindung“, wettert die Autorin mit wütenden Gesten. „Wir haben doch einen Fachkräftemangel! Wenn wir Autobahnen bauen, fehlt uns das woanders!“

Darauf will die Talkmasterin aber nicht auch noch einsteigen. Stattdessen fragt sie den „Welt“-Mann: „Meinen Sie, das 49-Euro-Ticket kann die Verkehrswende bringen?“

„Die Frage stellen heißt doch, sie beantworten“, grient der Journalist. „Natürlich nicht!“ Heiterkeit im Studio …

„Das 49-Euro-Ticket ist toll für die Ballungsräume, aber schlecht für die ländlichen Räume“, warnt Frei. Wegen der hohen Kosten für die Länder könne es „dazu führen, dass Verkehre abbestellt werden“, heißt: weniger Geld für neue Züge, Zugmaterial, Busverkehr. Ächz!

Die Grünen-Chefin will sich am Kopf kratzen, zieht die Hand aber schnell weg, als sie die Kamera auf sich gerichtet sieht. Alles sehr kompliziert heute! „Das 49-Euro-Ticker durchbricht endlich mal diesen absurden Tarifdschungel“, lobt sie brav und hebt zur Bekräftigung nicht den Zeigefinger, sondern den kleinen Finger. Elegant!

Ricarda Lang

Will gießt Wasser in den grünen Wein: „Nur 15 Prozent sagen, sie würden in Zukunft dieses Ticket regelmäßig nutzen wollen“, liest sie vom Blatt.

Alexander erinnert an die Vorgeschichte: „Als der Sprit teurer wurde, setzte die FDP einen Tankrabatt durch“, referiert er. „Darum durften sich die Grünen auch eine Extrawurst braten, und das war das 9-Euro-Ticket, nach einer sehr langen Nachtsitzung, nach der keiner glücklich war …“

Die Schlussfolgerung des Journalisten: „Die Verkehrsbetriebe haben gesagt, dann haben wir ja viel weniger Kohle für den Restverkehr“, berichtet Alexander. „Da kann man ja jetzt nicht sagen: Dann nehmen wir das Geld, was wir für die Autobahnen einsparen. Das Entscheidende ist, dass das Angebot in der Fläche besser wird.“ Amen!

„Nicht jeder fährt unfreiwillig Auto.“ Anne Will

Jeder auf seiner Spur bis zum Frontalcrash. Nervtötende Rechthabereien, peinliche Eitelkeiten und immer wieder aggressive Scharmützel: Das war eine Talkshow der Kategorie „Hupkonzert“.