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Banken: Deutsche Bank im Visier: Ist die Bankenkrise in Europa angekommen?

Die Aktie der Deutschen Bank ist am Freitag zeitweise um 15 Prozent gefallen – und keiner weiß so recht, warum. Es zeigt aber, wie schnell eine Bankenkrise nach Europa kommen könnte

Der vergangene Freitag war ein Lehrstück, wie irrational die Märkte manchmal sein können. Im Fokus stand dabei die Deutschen Bank, deren Aktie zeitweise 15 Prozent ihres Wertes verlor – und das, obwohl es hierfür keinen offensichtlichen Grund gab. Nach den jüngsten Bankenpleiten in den USA und der Schweiz ist der Markt hochnervös. Jede kleinere Meldungen reicht, um Bankaktien auf Talfahrt zu schicken. Dass es jetzt also die Deutsche Bank getroffen hat, alarmiert entsprechend viele Anlegerinnen und Anleger, und wirft vor allem eine Frage auf: Ist die Bankenkrise auch in Europa angekommen?

Die Antwort darauf ist gar nicht so eindeutig. Klar ist nur: Aus systemischen Gründen kann die Bankenkrise nicht in Deutschland angekommen sein. Nahezu alle Experten sind sich einig, dass die Deutsche Bank (DB) nichts mit den Krisen bei der Credit Suisse oder der US-amerikanischen Silicon Valley Bank zu tun hat. Sogar Bundeskanzler Olaf Scholz schaltete sich am Freitag ein, und erklärte, wie stark die Deutsche Bank sei. Bankexperten würden ihm da nicht widersprechen: Die DB erzielte im vergangenen Jahr den höchsten Gewinn seit 2007, während die Kundeneinlagen zeitgleich auf ein Rekordhoch von 622 Mrd. Euro stiegen. Auch operativ verbindet die Banken wenig. So hielt die DB bis zuletzt nach eigenen Angaben keine nachrangigen AT-1-Anleihen der Credit Suisse, die im Zuge der UBS-Übernahme abgeschrieben wurden. Von der Silicon Valley Bank, der US-Regionalbank, von der die Krise ausging, hielt sie ebenfalls keine Anteile.

Zwei Gründe für Absturz

Dass die Deutsche Bank am Freitag trotzdem so stark abverkauft wurde, hat vor allem zwei Gründe: einer sind die sogenannten „Credit Default Swaps“ (CDS), der andere psychologische Effekte, die zu ihrer Bewertung geführt haben. Mit CDS sichern Investoren ihre Anleihen der Deutschen Bank ab. Deswegen werden sie auch als „Kreditausfallversicherungen“ bezeichnet. CDS gelten als eine Art Fiebermesser, wie hoch das Risiko für einen Ausfall ist. Je höher der Kurs, umso wahrscheinlicher der Ausfall. Am Mittwoch kostete eine solche Versicherung noch 1,42 Prozentpunkte auf den Nennwert der DB-Anleihe – am Freitag lag sie schon bei 2,08 Prozentpunkten. Das heißt, wer Anleihen über 1 Mio. Euro bei der Deutschen Bank absichern wollte, musste für die CDS 20.800 Euro zahlen.

Blick auf das Gebäude (M.) im Frankfurter Bankenviertel, in dem auch die Credit Suisse ihre Deutschland-Zentrale unterhält

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Wie diese Steigerung zustande gekommen ist, darüber rätseln Analysten noch. Fundamentale Gründe gebe es dafür eigentlich nicht, schreibt  Autonomous-Analyst Stuart Graham: „Um es ganz klar zu sagen: Die Deutsche Bank ist nicht die nächste Credit Suisse“. Vieles deutet auf eine gezielte Attacke von Hedgefonds und anderen aktivistischen Investoren hin. Der Markt für CDS ist verhältnismäßig illiquide, so dass sich bereits mit mittleren dreistelligen Millionenbeträgen gezielt Stimmung machen ließe.

Und tatsächlich ist Stimmung, beziehungsweise Psychologie, der wohl wichtigste Treiber der aktuellen Entwicklung. Anlegerinnen und Anleger eint die Angst vor einer globalen Bankenkrise. Sie ziehen daher bei den ersten Warnzeichen ihre Einlagen ab und transferieren sie zu größeren Instituten. Und nachdem die Deutsche Bank zwischen 2015 und 2018 konsequent Verluste schrieb und so gut wie keinen Skandal ausließ, sei der Fokus auf das Institut nur logisch, meint Chris Beauchamp, Chefanalyst des Finanzdienstleisters IG. „Wir sind noch immer nervös, ob ein weiterer Dominostein fällt, und die Deutsche Bank ist ganz klar die Nächste, an die jeder denkt, egal ob das gerechtfertigt ist oder nicht“, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters.

Extrem hohe Rücklagen

Den Banken fließen in diesen Fällen nicht nur Einlagen ab. Auch die Aktienkurse fallen. Grundsätzlich ist das kein Problem, solange Banken nicht zeitnah eine Kapitalerhöhungen durchführen wollen. So war es bei der Silicon Valley Bank – und einer der Gründe für den schnellen Untergang der US-Regionalbank.

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Doch bei allen Risiken scheinen Kunden, die ihre Einlagen abziehen, noch kein Problem der Deutschen Bank zu sein. Die DB hält bei Gesamteinlagen von 622 Mrd. Euro derzeit Rücklagen in Höhe von 250 Mrd. Euro. Selbst wenn also jeder dritte Kunde seine Einlagen abheben würde, wäre das kein größeres Problem. Klar ist aber auch, dass selbst diese Summen bei einem ausgewachsenen Bank-Run nicht ausreichen würden. Das ist die immanente Gefahr des Bankensektors, der sich über die Weitervergabe von Einlagen finanziert und vom Vertrauen der Kundinnen und Kunden abhängt.

Es gibt allerdings auch ein reales Risiko in den Büchern der Deutschen Bank. Das Institut hat Kredite in Höhe von fast 33 Mrd. Euro für Gewerbeimmobilien vergeben. Das entspricht fast sieben Prozent des gesamten Kreditvolumens. Mehr als die Hälfte der Immobilien befinden sich dabei in den USA, 36 Prozent in der EU und 13 Prozent in Asien. Gewerbeimmobilien werden vom Markt inzwischen als Risiko bewertet, da die Notenbanken überall auf der Welt die Zinsen erhöhen und damit das Wirtschaftswachstum ausbremsen könnten. Entsprechend könnten auch weniger Büros benötigt werden. Außerdem schlagen steigende Zinsen noch schneller auf den Wert von Gewerbeimmobilien als den von Wohnimmobilien.

Gesundes Immobilienportfolio

Dieses Risiko zeigt sich beispielsweise schon länger bei „Real Estate Investment Trusts“, kurz  REITs. Mit diesen ETF können Anleger von den Entwicklungen auf dem Gewerbeimmobilienmarkt profitieren. Als die Zinsen niedrig waren, funktionierte das prächtig – doch inzwischen geht es seit Monaten abwärts. Der Global X Green Building ETF (ISIN: US37960A8421), der in börsennotierte Gewerbeimmobilienentwickler investiert, hat auf Jahressicht knapp 23 Prozent verloren. Ein ähnliches Risiko durch Gewerbeimmobilien preisen Investoren offenbar jetzt bei der Deutschen Bank ein, selbst wenn Analysten wie Autonomous-Analyst Stuart Graham auf das gesunde Immobilienportfolio der DB hinweisen. Das Klumpenrisiko sei schon länger bekannt, und nicht weiter besorgniserregend, so Graham. Die Immobilien befänden sich in Top-Lagen, außerdem seien sie nur zu 70 Prozent beliehen.

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Inzwischen scheint sich die Angst der Anlegerinnen und Anleger auch etwas zu legen. Am Montag bewegte sich der Aktienkurs der Deutschen Bank weitestgehend seitwärts. Andere Europäische Bankaktien erholten sich auf breiter Basis. Der europäische Bankenindex Stoxx 600 Banks lag am Mittag rund 0,7 Prozent im Plus. Zum Handelsstart war das Plus sogar noch größer gewesen.

Allerdings, und auch das zeigt die Nervosität am Markt, die CDS der Deutschen Bank liegen weiter auf einem extrem hohen Niveau von 1,91 Prozent. Insofern warnen Analysten wie Beauchamp auch davor, die Krise für beendet zu erklären: „Es sieht so aus, als wäre die Bankenkrise noch nicht vollständig eingeschlafen“, sagte er gegenüber Reuters.

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