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Bernd Ziesemer: Die neuen alten Freunde Deutschlands

Kolumne

Bernd Ziesemer Die neuen alten Freunde Deutschlands

Bernd Ziesemer

Bernd Ziesemer

© Martin Kress

Viele Jahre standen Handelspartner wie Australien oder Japan im Schatten Chinas. Das ändert sich gerade.

Ausgerechnet bei unseren Antipoden in Australien wird die Bundeswehr fündig: Deutschland bestellt dort gut 100 schwere Gefechtsfeldfahrzeuge vom Typ Boxer. Eine Meldung wie diese aus der letzten Woche werden wir künftig häufiger lesen – und das nicht nur aus dem Militärsektor. Das Land auf der anderen Seite der Welt gewinnt als Partner unserer Wirtschaft schnell an Bedeutung, nachdem es viele Jahre im Schatten Chinas stand. Doch seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine und den wachsenden Konflikten mit der Volksrepublik Xi Jinpings ordnen sich die Handelsströme neu – und Australien oder Japan profitieren davon.

Vor allem Australien überrascht auf den ersten Blick. Mit 26 Millionen Einwohnern ist das Land als Absatzmarkt für deutsche Unternehmen eher unwichtig. Bei unseren Exporten stand Australien im letzten Jahr auf Platz 27, bei unseren Importen sogar nur auf Platz 40. Aber das Land verfügt über viele Ressourcen, die wir dringend brauchen, wenn wir uns dauerhaft von Russland und China loslösen wollen. Das gilt zum Beispiel für grünen Wasserstoff oder auch für Seltene Erden, denen bei der Verwirklichung der Energiewende große Bedeutung zukommt. Man kann daher davon ausgehen, dass sich die deutschen Einfuhren in den nächsten Jahren deutlich erhöhen werden.

Einige strategische Initiativen zwischen beiden Ländern gibt es bereits, etwa die Deutsch-Australische Wasserstoffallianz. Weitere werden folgen, wenn sich die deutsche Wirtschaft stärker auf die Partner konzentriert, die unsere Werte teilen. Bei der Unterstützung der Ukraine hat das Land bereits gezeigt, dass es an der Seite Europas steht. Man könnte von neuen alten Freunden sprechen, die sich als zuverlässige Verbündete erwiesen haben.

Neues Interesse an Japan

Das gilt auch für Japan. In vielen Konflikten der Vergangenheit gehörte die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt eher zu den neutralen Beobachtern am Spielfeldrand. Vor allem im Umgang mit China setzte die Regierung in Tokio lange Zeit eher auf Appeasement. Doch das hat sich seit dem russischen Überfall auf die Ukraine und den chinesischen Militärdrohungen gegen Taiwan geändert. Noch nie haben die Japaner so viele Wirtschaftssanktionen des Westens mitgetragen wie jetzt. Und gegenüber China lassen sie keinen Zweifel mehr daran, dass sie einen Angriff auf die Inselrepublik Taiwan nicht kampflos hinnehmen werden.

Auch mit Japan könnte künftig wieder mehr gehen als in der Vergangenheit. Als Handelspartner steht das Land auf Platz 18 mit einem insgesamt ausgewogenen Verhältnis zwischen Ex- und Importen. Anders als Australien kommt Japan nicht als Rohstofflieferant für uns in Frage, wohl aber als Technologie- und Projektpartner. In den vergangenen 20 Jahren ließ das Interesse an Japan in Europa stark nach. Während China boomte, stagnierte die Wirtschaft des Inselstaats. Doch jetzt könnte sich der jahrelange Abwärtstrend wieder umkehren.

Die Diktatoren in Russland und China bemühen sich, Brasilien und Indien an sich zu binden und eine Art BRIC-Bündnis zu schaffen. Man darf ihnen nicht das Feld überlassen. Es wird aber auch Zeit, dass die großen Demokratien der Welt ebenfalls stärker zusammenrücken. So sollten die G7-Staaten auch Länder wie Australien in ihre Beratungen einbeziehen – und andere alte Freunde auch.  

Bernd Ziesemer

ist Capital-Kolumnist. Der Wirtschaftsjournalist war von 2002 bis 2010 Chefredakteur des Handelsblattes. Anschließend war er bis 2014 Geschäftsführer der Corporate-Publishing-Sparte des Verlags Hoffmann und Campe. Ziesemers Kolumne erscheint regelmäßig auf Capital.de. Hier können Sie ihm auf Twitter folgen.

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