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Besondere Erinnerungen: Tuchel triumphierte, als der FC Bayern leiden musste

Thomas Tuchel soll den FC Bayern in eine bessere Zukunft führen, wünschen sie sich beim Rekordmeister. In der Vergangenheit ärgerte der neue Trainer seinen neuen Verein allerdings auch schon gehörig. Mit guten Ideen.

Im August 2009 war die Ordnung des deutschen Fußballs eine ganz andere als dieser Tage: Nach dem dritten Spieltag der Bundesliga führte Bayer Leverkusen die Tabelle an, der Hamburger SV war Zweiter, Schalke 04 Dritter - und der FC Bayern rangierte auf Platz 14. Hinter Hertha BSC, deutlich hinter Hannover 96 und nur knapp vor dem 1. FC Nürnberg auf dem Relegationsrang. Und schuld daran hatte Thomas Tuchel. "Mein erster Bundesligasieg war gegen die Bayern, mit Mainz", sagte der neue Trainer des deutschen Fußball-Rekordmeisters in einem Video-Interview des Klubs.

Nach zwei Unentschieden zum Auftakt schlug seine Mannschaft am 3. Spieltag den FC Bayern München. "Ich bin ein kommunikativer, akribischer Trainer, der nahe an der Mannschaft arbeitet. Meine Philosophie lautet: nach vorne gerichtete Verteidigung, Zweikampfstärke, schnelles Spiel in die Spitze", hatte Tuchel seinerzeit vor dem Spiel in einem Interview für die Homepage des FC Bayern erklärt. "Das deckt sich offenbar mit den Erwartungen des Vereins an die Arbeit des Trainers und das Spiel unserer Mannschaft."

"Schlau und aufmerksam verteidigt"

Den FC Bayern unter Louis van Gaal überrumpelte der Aufsteiger mit dem schnellen, intensiven Fußball. Am Ende der ersten Saison unter dem neuen Trainer stand ein starker 9. Platz, im Jahr darauf führte Tuchel seine Mannschaft mit sieben Siegen in Serie zum damaligen Startrekord in der Geschichte der Bundesliga. Der FC Bayern freilich reparierte den Fehlstart mit zwei Punkten aus den ersten drei Spielen schnell, am Ende der Saison durfte van Gaal auf dem Marienplatz das "Feierbiest" geben und die Meisterschaft feiern.

Jener Thomas Tuchel aber, der im strukturell meilenweit unterlegenen Mainz akribisch vor sich hinarbeitete und neue Vokabeln wie "Matchplan" im deutschen Fußball etablierte, nervte den großen FC Bayern immer wieder: In seinen ersten drei Dienstjahren in der Bundesliga erarbeitete sich Tuchel, der seine eigene Profilaufbahn wegen einer schweren Verletzung früh und unterklassig beenden musste, eine positive Bilanz gegen den Branchenprimus: Drei Siegen standen zwei Niederlagen und ein Remis gegenüber. Kein anderer Bundesligatrainer konnte den Rekordmeister seinerzeit so effektiv und mit klar unterlegener Infrastruktur nerven. "Wir haben alle Tugenden gezeigt, die uns auszeichnen: Leidenschaft, Laufbereitschaft und Emotion. Und wir haben aufmerksam und schlau verteidigt", sagte Tuchel nach einem 3:2-Sieg gegen den FC Bayern im Winter 2011.

Für Thomas Tuchel, 2009 wenige Tage vor dem Bundesligastart völlig überraschend aus der A-Jugend in die Bundesliga geholt, begann mit seinem ersten Sieg in der Bundesliga ein rasanter Aufstieg: Den FSV Mainz 05 führte er zweimal ins internationale Geschäft, ehe er den Klub 2014 wieder verließ. Mit Borussia Dortmund holte er den DFB-Pokal, Paris Saint-Germain führte er zu diversen nationalen Titeln und 2020 ins Champions-League-Finale, das er 2021 mit dem FC Chelsea gewann. Das machte ihn zum Welttrainer des Jahres 2021. Nach seiner überraschenden Entlassung beim FC Chelsea im September blieb er im Wartestand - und soll jetzt den FC Bayern retten. Eben jenen FC Bayern, gegen den Thomas Tuchel dereinst im August 2009 einen ganz besonderen Sieg feierte.

2017 traf der einstige Emporkömmling seinen neuen Klub noch einmal ganz empfindlich: Im Pokal-Halbfinale gab es für den FC Bayern ein bitteres 2:3 in der heimischen Arena gegen Tuchels BVB - der wenige Wochen später auch den DFB-Pokal holte. Die Meisterschaft wiederum ging mal wieder an den FC Bayern.

"Freue mich, auf der anderen Seite zu stehen"

Mit Mainz und Borussia Dortmund habe er auch "bittere Niederlagen" gegen die Münchner erlebt, später auch im Champions-League-Finale 2020 mit Paris Saint-Germain. Der Rekordmeister sei "einfach der höchste Maßstab in der Bundesliga". Normalerweise sei eine Mannschaft in Spielen gegen die Bayern "immer großer Außenseiter". Das Endspiel in der Königsklasse 2020, das Tuchel mit PSG mit 0:1 verlor, sei "sehr, sehr knapp, auf Messers Schneide" gewesen.

Der 49-Jährige war am Samstag als Nachfolger von Julian Nagelsmann vorgestellt worden, sein Vertrag läuft bis zum 30. Juni 2025. Der Trainerwechsel in München hatte auch international für großes Aufsehen gesorgt. "Ich freue mich jetzt, auf der anderen Seite zu stehen und hoffentlich unseren Gegnern das Gefühl zu vermitteln, dass man sich manchmal chancenlos fühlt", sagte Tuchel nun.

Auf "bundesliga.com" ist noch heute zu lesen: "Insgesamt sind alle drei Siege von Tuchels Mainzern gegen die Bayern verdient zustande gekommen. Neben der taktischen Flexibilität spielte bei all diesen Erfolgen auch das jeweilige Momentum eine nicht unerhebliche Rolle, so dass Tuchel immer dann punkten konnte, wenn die Bayern mit Problemen zu kämpfen hatten." Nun haben sie beim FC Bayern wieder Probleme, die Situation mit einem Punkt Rückstand auf Borussia Dortmund und einer Gemengelage zwischen Kabale und Liebe rund um den geschassten Nagelsmann, sorgte bei den Verantwortlichen für zu große Angst um die sportliche. Nun soll Tuchel wieder punkten. Für den FC Bayern.