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Bewegende Momente im Leben: Bisher unbekannte Funktion des Kleinhirns entdeckt

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Das Kleinhirn (Aktivierung in rot) steht mit verschiedenen Bereichen des Großhirns (Aktivierungen in grün) in Verbindung, um die Abspeicherung emotionaler Information zu verstärken.

(Foto: MCN, Universität Basel)

Besonders emotionale Erlebnisse bleiben Menschen im Gedächtnis. Wie Forschende herausfinden, spielt dabei ein weniger erforschtes Gehirnareal eine wichtige Rolle: das Kleinhirn. Es hilft dabei, dass wir uns besonders gut erinnern - was auch seine Schattenseiten hat.

Wenn es um das Gehirn des Menschen geht, stand lange der Neokortex im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Denn dieser Teil des Großhirns ist für das Denken und Sprechen zuständig. Die Rolle des Kleinhirns hingegen ist weniger erforscht. Dabei hat es viermal so viele Nervenzellen wie der Neokortex. Bisher wusste man zwar, dass das Kleinhirn etwa für das Erlernen komplexer Bewegungsabläufe zuständig ist, wie sie beim Bau von Werkzeugen nötig sind. Doch Forschende der Universität Basel finden nun heraus: Das Kleinhirn spielt auch beim Erinnern von emotionalen Erlebnissen eine wichtige Rolle.

Sowohl positive als auch negative emotionale Erlebnisse bleiben besonders gut im Gedächtnis abgespeichert. Dieses Phänomen ist überlebenswichtig, weil wir uns beispielsweise an Gefahrensituationen erinnern müssen, um sie künftig zu vermeiden. Aus bisherigen Studien wusste man, dass eine Hirnstruktur namens Amygdala, die für die Verarbeitung von Emotionen wichtig ist, eine zentrale Rolle bei diesem Phänomen spielt. Gefühle aktivieren die Amygdala, welche ihrerseits die Abspeicherung von Informationen in verschiedenen Bereichen des Großhirns begünstigt.

In der aktuellen Arbeit untersuchten Forschende um Dominique de Quervain und Andreas Papassotiropoulos von der Universität Basel die Rolle des Kleinhirns beim Abspeichern emotionaler Erlebnisse, wie die Universität Basel in einer Mitteilung schreibt. In einer großangelegten Studie, deren Ergebnisse im Fachjournal "PNAS" veröffentlicht wurden, zeigten die Forschenden mehr als 1400 Studienteilnehmenden emotionale und neutrale Bilder. Währenddessen zeichneten sie die Hirnaktivität der Probanden mittels Kernspintomographie auf.

Kleinhirn bei Emotionen stark aktiviert

Dabei kam heraus: Sowohl an positive als auch an negative Bilder erinnerten sich die Studienteilnehmenden in einem späteren Gedächtnistest viel besser als an neutrale Bilder. Das verbesserte Abspeichern von emotionalen Bildern war mit einer erhöhten Hirnaktivität in den bereits bekannten Bereichen des Großhirns verbunden. Zusätzlich beobachtete das Forschungsteam eine starke Aktivierung im Kleinhirn.

Die Forschenden konnten außerdem zeigen, dass das Kleinhirn während der verbesserten Abspeicherung der emotionalen Bilder mit diversen Bereichen des Großhirns verstärkt kommuniziert. Dabei empfängt es Informationen von einer Hirnregion, die wichtig für die Wahrnehmung und Bewertung von Gefühlen ist, dem sogenannten Gyrus Cinguli. Ferner sendet das Kleinhirn Signale an verschiedene Hirnregionen, unter anderem zur Amygdala und zum Hippocampus. Letzterer spielt bei der Gedächtnisabspeicherung eine zentrale Rolle.

"Die vorliegenden Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Kleinhirn ein integraler Bestandteil eines Netzwerks ist, welches für die verbesserte Abspeicherung emotionaler Informationen verantwortlich ist", so de Quervain. Obwohl ein verbessertes Gedächtnis für emotionale Erfahrungen einen lebenswichtigen Mechanismus darstellt, hat dieser auch Schattenseiten: Im Falle sehr negativer Erlebnisse kann er wiederkehrende Angstzustände begünstigen. Daher könnten die nun veröffentlichten Erkenntnisse ebenfalls für das Verständnis psychiatrischer Krankheitsbilder wie der posttraumatischen Belastungsstörung von Bedeutung sein.