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"Blauer" Wasserstoff als Lösung: So will Habeck Deutschlands Industrie grün machen

"Blauer" Wasserstoff als Lösung So will Habeck Deutschlands Industrie grün machen

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In der Chemie- und Stahlindustrie gilt Wasserstoff als Mittel der Wahl beim Abbau von Emissionen.

(Foto: picture alliance / Daniel Kubirski)

Deutschlands Industrie soll klimafreundlich werden. Den Weg dahin will Wirtschaftsminister Habeck mit einem milliardenschweren Förderkonzept ebnen. Damit soll der emissionsarme Umbau der Produktion finanziert werden. Wasserstoff spielt dabei eine wichtige Rolle.

Wirtschaftsminister Robert Habeck will mit einem milliardenschweren Förderkonzept nach der Energie- nun auch die grüne Industrie-Wende voranbringen. So sollen zunächst energieintensive Branchen wie Stahl-, Chemie- oder Zement ihre Produktion klimafreundlich umstellen, wie der Entwurf einer Richtlinie zeigt, die der Nachrichtenagentur Reuters vorlag.

Auf Basis der Richtlinie werden Klimaschutzverträge mit der Industrie geschlossen: Wer seine Produktion klimafreundlich macht, bekommt mit einem 15-jährigen Vertrag zwischen Staat und Betrieb sowohl Geld für Investitionen als auch jährlich Mittel für die teurere, grüne Produktion. Dabei geht es in erster Linie um den Einsatz von Wasserstoff, der Kokskohle, Öl oder Erdgas verdrängen soll.

"Klimaschutzverträge führen somit nicht nur zu einer Emissionsreduzierung der geförderten Industrie", heißt es in Habecks Richtlinie. "Sie setzen auch einen Anreiz, dass die hierfür erforderlichen Technologien und Infrastrukturen schon jetzt in Deutschland entwickelt und umgesetzt werden."

Die Verträge sollen Kern der Industrie-Transformation als auch des Hochlaufs einer Wasserstoff-Produktion sein. Anders als etwa Autos im Verkehr oder Wärmepumpen im Gebäudesektor kann die Industrie ihre Prozesse häufig nicht direkt auf grünen Strom umstellen. Daher gilt Wasserstoff als Mittel der Wahl, etwa in der Stahl- und Chemie-Industrie. Experten des Thinktanks Agora hatten berechnet, dass die deutsche Stahlindustrie im günstigsten Fall mit rund acht Milliarden Euro an Hilfen klimaneutral werden könne.

Auch Rückzahlungen der Industrie möglich

Die Verträge sollen der Richtlinie zufolge ausgeschrieben werden: Wer die geringsten Hilfen verlangt, am meisten Treibhausgas einspart und am wenigsten Energie verbraucht, erhält den Zuschlag. Dabei können über den Vertrag auch Mittel zurück an den Staat fließen.

Da die herkömmliche Produktion etwa durch den steigenden Preis von nötigen CO2-Verschmutzungsrechten über die Jahre immer teurer wird, werden Rückzahlungen fällig: "Sofern im Laufe der Vertragslaufzeit der effektive CO2-Preis den im Klimaschutzvertrag festgelegten Vertragspreis übersteigt, endet die staatliche Förderung nicht nur, sie kehrt sich um in eine Zahlungspflicht der Unternehmen an den Staat", heißt es so in der Richtlinie. "Dies senkt die Belastung des staatlichen Haushalts."

Mit berücksichtigt wird in den Verträgen, dass klimafreundliche Produkte einen höheren Preis erzielen können. Dieser Mehrerlös der Unternehmen wird der Richtlinie zufolge in den Verträgen zu 70 Prozent abgeschöpft.

Wasserstoff zur Not auch aus Erdgas erzeugen

Wenn Strom im Rahmen der Produktion verwendet wird, muss dieser aus erneuerbaren Quellen wie Wind oder Sonne stammen. Beim Wasserstoff wird dagegen erlaubt, dass er etwa mithilfe von Erdgas erzeugt wird. Bedingung: Das anfallende CO2 muss abgeschieden und sicher gespeichert werden. Diese sogenannte CCS-Technik (Carbon Capture and Storage) ist in Deutschland bislang verboten. Besonders die Grünen und auch Habeck selbst hatten gegen CCS in vergangenen Jahren protestiert.

Im Klimaschutzprogramm hatte das Wirtschaftsministerium dagegen bereits den Weg für "blauen" Wasserstoff geöffnet. Dies muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass das CO2 in Deutschland in ehemalige Erdgas-Lagerstätten gepresst wird. Länder wie die Niederlande oder Norwegen wollen daraus ein Geschäftsmodell machen und auch CO2 aus Deutschland aufnehmen. "Blauer" Wasserstoff gilt für eine Übergangszeit als einzig machbarer Weg für die Industrie zum Ziel der Klimaneutralität.

Die Industrie ist für etwa ein Viertel der deutschen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich - an der Spitze stehen Stahl-, Chemie- und Zementindustrie. Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein. Bis dahin soll also unterm Strich kein Treibhausgas mehr in die Atmosphäre geblasen werden. Der Entwurf Habecks wird derzeit mit anderen Ressorts abgestimmt. Habeck hatte erste Verträge für Anfang 2023 angekündigt.