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Blutrache von Parlamentschef?: Bekannter Kadyrow-Kritiker in Schweden erschossen

Blutrache von Parlamentschef? Bekannter Kadyrow-Kritiker in Schweden erschossen

Tumso Abdurachmanow ist einer der bekanntesten Kritiker des Tschetschenen-Chefs Ramsan Kadyrow. Seit Jahren lebt der Blogger im Exil. Doch auch in Westeuropa kann er sich nicht sicher fühlen. Vor zwei Jahren überlebt er ein Mordattentat in seiner Stockholmer Wohnung. Beim zweiten Versuch erreichen seine Feinde nun ihr Ziel.

In Schweden ist ein bekannter tschetschenischer Oppositionsblogger übereinstimmenden Medienberichten zufolge getötet worden. Tumso Abdurachmanow sei von einer Gruppe von Menschen erschossen worden, teilte der Telegramkanal der Bewegung "Adat" unter Berufung auf "Informanten aus Europa und Tschetschenien" mit. Die Bewegung ist wegen ihrer Kritik an dem tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow in Russland verboten. Abdurachmanows Mitstreiter bestätigten laut einem Bericht des Radio Liberty dessen Tod. Demnach wurde der 36-Jährige in der Nacht auf Freitag in Schweden erschossen. In welcher Stadt, ist nicht bekannt.

Schwedische Behörden äußerten sich bislang nicht zu dem Fall. Der Polizei seien Medienberichte über die Tötung einer in Schweden lebenden Person bekannt, teilte Sprecherin Sofia Hellqvist auf Nachfrage von ntv.de mit. Sie könne diese aber weder bestätigen noch weiter kommentieren.

Tumso Abdurachmanow war für seine Kritik an den tschetschenischen Behörden bekannt. Seinem Youtube-Kanal folgen rund 475.000 Menschen. 2015 verließ er die russische Teilrepublik - laut Medien nach einem Konflikt mit Islam Kadyrow, dem Neffen des Tschetschenen-Chefs. In Schweden erhielt der Oppositionelle Asyl.

Parlamentssprecher drohte dem Blogger mit Blutrache

2019 hatte Abdurachmanow in einem Youtube-Video Achmat Kadyrow als Verräter Tschetscheniens bezeichnet. Achmat Kadyrow war erster Präsident der russischen Teilrepublik und Vater des heutigen Tschetschenen-Chefs. Magomed Daudow, Sprecher des tschetschenischen Parlaments, hatte dem Blogger daraufhin mit Blutrache gedroht. In einem Livestream auf Instagram erklärte Daudow, er und seine "Brüder" würden nach Abdurachmanow suchen, "solange Blut durch seine Adern fließt". Sie hätten jedoch nicht die Absicht, ihn zu töten, erklärte der Parlamentssprecher im Video.

"Wir werden es nach den muslimischen Gesetzen regeln. Wir werden dich nicht töten, sondern dich auf erstaunliche Weise amüsieren", sagte Daudow. "Schließe von nun an die Tür ab, wenn du ins Bett gehst. Schau dich um, wenn du auf die Straße gehst. Wenn du plötzlich von hinten getreten wirst, solltest du dir darüber im Klaren sein, dass es sich nicht um einen Zufall handelt", drohte der Parlamentssprecher im Stream, der später gelöscht wurde.

Attentat auf Abdurachmanows Bruder in Deutschland verhindert

Im Februar 2020 überlebte Abdurachmanow ein Attentat in seiner Wohnung in Stockholm. Der Angreifer schlug den Blogger mit einem Hammer auf den Kopf. Abdurachmanow überwältigte jedoch schließlich den Täter und rief die Polizei. Ein Jahr später wurden der Attentäter und seine Komplizin in Schweden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Der Auftraggeber wurde zwar nicht ermittelt, der Staatsanwalt erklärte im Prozess aber, dass "alle Spuren nach Grosny führen".

Nach der Urteilsverkündung im Fall des Angriffs auf Tumso Abdurachmanow wurde ein Attentat auf seinen Bruder Mochmad in Deutschland verhindert. Mochmad Abdurachmanow lebte zu dem Zeitpunkt als Asylbewerber in Bayern. Er ist ebenfalls ein Aktivist, der in sozialen Medien für ein unabhängiges Tschetschenien eintritt. Ziel der geplanten Tat soll es gewesen sein, "insbesondere den Bruder des avisierten Opfers zum Schweigen" zu bringen, hieß es im Juni von der Bundesanwaltschaft. Nach dem Mord an seinem Bruder sei Mochamad Abdurachmanow nun von den Behörden an einen sicheren Ort gebracht worden, teilte "Adat" auf Telegram mit. In welchem Land er sich aktuell befindet, ist nicht bekannt.

In den vergangenen Jahren sind mehrere Gegner Kadyrows in Europa getötet worden. Umar Israilow, ehemaliges Mitglied der tschetschenischen Präsidenten-Leibgarde und späterer Menschenrechtsaktivist, wurde im Januar 2009 in Wien auf offener Straße erschossen. Ebendort wurde im Juli 2020 der Blogger Mamichan Umarow getötet - fünf Monate nachdem im französischen Lille ein weiterer Kadyrow-kritischer Blogger, Imran Aliew, mit 135 Stichwunden in einem Hotelzimmer gefunden wurde.