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Bunt bleibt bunt: Nina Hagen marschiert unter dem "Unity"-Banner

Bunt bleibt bunt Nina Hagen marschiert unter dem "Unity"-Banner

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Ist und bleibt die "Godmother of Punk": Nina Hagen.

(Foto: GABO / Grönland / Rough Trade)

Im Kampf gegen die zunehmende Verwahrlosung des Planeten gesellt sich ein neues Album von Nina Hagen dazu. Auf diesem kennt die Musik keine Grenzen. Nun hat die keimende Protestbewegung auch endlich ihren eigenen Soundtrack.

Krawallo-Pop von einem anderen Stern, Outfits aus der Designer-Hölle und ein provokantes Mundwerk, das keine Grenzen zu kennen schien: Einst schockte Nina Hagen als selbsternannte "Godmother of Punk" die ganze Nation. Knapp elf Jahre nach ihrem letzten etwas überladenen Studio-Gruß "Volksbeat" will es die schrille Berlinerin nun noch einmal wissen und marschiert unter dem "Unity"-Banner mit altbewährter Protest-Attitüde vorneweg.

Bereits beim bibelfesten Crossover-Opener "Shadrack" bekommt der Hörer die komplette Soundpalette serviert. Rock, Pop, Rap, Elektro und ganz viel Theatralik sorgen dafür, dass man es sofort wieder vor Augen hat: das Bild von der wild gestikulierenden, mit Händen und Füßen zappelnden Punk-Art-Queen. Ja, Nina Hagen steckt auch mit 67 Jahren noch in einer Art Revoluzer-Pubertät, die sie nicht nur mit lyrisch klarer Kante ("Geld, Geld, Geld", "Atomwaffensperrvertrag", "Die Antwort weiß ganz allein der Wind"), sondern auch mit musikalischer Offenheit auslebt als gäbe es kein Morgen.

Nachtigall, Roboter, kaputte Trompete

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(Foto: picture alliance/dpa)

Auf der Suche nach Musik von Nina Hagen? Songs, Alben und Infos von ihr gibt es auf RTL+ Musik.

Dabei kommen natürlich auch die stimmlichen Trademarks nicht zu kurz. Mal trällert sie wie eine Nachtigall, mal fällt sie wie ein röchelnder Roboter mit der Tür ins Haus und mal klingt sie wie ein Blasinstrument, das zuvor versehentlich mit im Wäschetrockner gelandet ist. Bunt bleibt eben bunt. Selbst wenn der große Bob Dylan um die Ecke lugt und sich zarte Akustikgitarren mit störrischem Lo-Fi-Rauschen paaren, spürt man das lodernde Feuer in der Gesangskabine.

Nina Hagen ist immer on fire. Das war sie mit Anfang 20, als sie sich von Kult-Fotograf Jim Rakete für das Cover ihres Meilensteins "Nina Hagen Band" in Szene setzen ließ - und das ist sie auch heute noch. Im Grunde weiß man bei der Sängerin nie, wo die Reise als nächstes hingeht. So folgt der krachenden Eröffnung beispielsweise eine flotte Fingerschnips-Achterbahnfahrt, bei der man einen grinsenden und stetig von links nach rechts hüpfenden James Last vor Augen hat ("United Women Of The World").

Tadelnde Friedensbotin

Der Titeltrack groovt smooth und jazzig wie eine verschollene B-Seite von Faith No More. "Tons" klingt, als hätten die Herren von BossHoss zu tief ins Whiskeyglas geschaut. Auf "Atomwaffensperrvertrag" fungiert die Hauptprotagonistin als tadelnde Friedensbotin. Natürlich kommt auch die Liebe nicht zu kurz. Mit Vogelgezwitscher, vertracktem Beat und verstörenden Sci-Fi-Sounds im Gepäck fordert Nina Hagen die größte Kraft des Lebens zum Duell ("Gib mir deine Liebe"). Wer hiernach keine rosafarbene Bettwäsche aus dem Schrank holt, der ist der wahren Liebe wohl noch nie face to face begegnet.

Vierzig Minuten lang stampft und poltert die Sängerin durch so ziemlich alle Genre-Vorgärten. Vor nichts und niemanden wird Halt gemacht. Alles ist erlaubt und jede noch so skurrile Idee ist willkommen. Das daraus entstehende Chaos verzeiht man der Speerspitze der Pop-Anarchie aber mit einem breiten Grinsen im Gesicht. In Zeiten, in denen die Welt im tristen Grau zu versinken droht, tut ein kunterbuntes Klangfeuerwerk, das sich auch inhaltlich am Puls der Zeit präsentiert, schließlich mal ganz gut.