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Chaos-Hauptstadt – von wegen: Berlin ist besser als sein Ruf

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

Berlin ist der Sündenbock unter den deutschen Großstädten. Geht dort wieder einmal irgendwas schief, packen schlagzeilenheischende Politiker und spitzzüngige Journalisten die rhetorischen Knüppel aus und dreschen nach Herzenslust auf das Opfer ein. Gern dreschen sie dabei auch Phrasen. Sei es die lahme Verwaltung, der leer gefegte Wohnungsmarkt oder der weltberüchtigte Flughafen: Berlin ist die "Chaos-City", die "failed Stadt" oder gleich das "Zentrum der Bananenrepublik".

Vor Landtagswahlen hagelt es noch mehr Knüppelschläge als sonst. Erst recht vor der peinlichen Wiederholung der Landtagswahl am übernächsten Wochenende, die das Bundesverfassungsgericht gestern abgesegnet hat. Da wird gespottet und geschimpft, was das Zeug hält. "Entmündigt diese Stadt!", fordert der "Spiegel". "Berlin bleibt dysfunktional", mosert die "Neue Zürcher Zeitung" und wittert "Staatsversagen". Bayerns Oberknüppelschwinger Markus Söder ätzte nach den Silvesterkrawallen: "Berlin entwickelt sich leider zu einer Chaosstadt." Schenkte man den gepfefferten Kommentaren Glauben, könnte man annehmen, es sei eine gleichnamige Metropole in Haiti oder im Kongo gemeint. Dabei geht es nur um die deutsche Hauptstadt.

Wenige Städte haben eine so schlechte Presse wie Berlin. Ertönen Vorwürfe allzu schrill, ist es jedoch oft weniger interessant, was da kritisiert wird als vielmehr, wer da kritisiert. Beim Berlin-Bashing kommen die lautesten Tiraden meistens nicht von gewöhnlichen Berlinern, die seit Jahr und Tag ziemlich entspannt um die Höhe- und Tiefpunkte ihrer Heimatstadt herumbalancieren. Eher kommen sie von privilegierten Kommentatoren der Hauptstadtpresse und von Politikern aus anderen Gefilden, die ihre heilige Wut in Tastaturen hämmern und in Mikrofone bellen.

Nun lässt sich nicht verhehlen, dass in Berlin tatsächlich vieles schlecht organisiert ist. Die Bezirke in der ehemaligen Viermächte-Frontstadt des Kalten Krieges haben zu viele Befugnisse und wurschteln oft mehr schlecht als recht vor sich hin. Auf dem Bürgeramt muss man auf einen Personalausweis mitunter monatelang warten. Viele Politiker reden leider billigem Populismus das Wort (siehe Mietendeckel), statt Probleme an der Wurzel zu packen (mehr Wohnungen bauen). Und auch der Zuzug ungezählter Neu- und Teilzeitberliner aus Weltstädten wie New York, Tel Aviv und Tübingen geht nicht spurlos an der Stadt vorbei. Das alles könnte man besser regeln, organisieren, planen, klar.

Aber all das ist keine Katastrophe. Im Vergleich zu anderen Metropolen steht die vergleichsweise junge gesamtdeutsche Hauptstadt nicht schlecht da. Um das zu erkennen, muss man gar nicht bis nach Kairo oder Istanbul schauen. Es genügt schon der Blick in andere europäische Großstädte:

Am EU-Sitz Brüssel scheinen die belgischen Behörden die Kontrolle über ganze Stadtteile zeitweise zu verlieren. Islamisten und Drogengangs machen die Regeln. Antwerpen hat ähnliche Probleme.

In den Trabanten-Vorstädten von Paris haben sich Parallelgesellschaften breitgemacht, statt Recht und Gesetz dominieren dort islamische Bräuche. Das Stadtzentrum können sich eigentlich nur noch Gutbetuchte leisten.

Auch in weiten Teilen Londons ist Wohnraum so teuer geworden, dass er nur noch für Oligarchen und Neureiche erschwinglich ist. Spekulanten haben ganze Straßenzüge entvölkert, während Normalverdiener aus der Stadt flüchten.

Im europäischen Kriminalitätsindex liegen britische, belgische, französische und italienische Städte unangefochten auf den vorderen Plätzen.

Das größte Gesundheitsrisiko durch Luftverschmutzung in EU-Städten haben die Einwohner Brescias und Bergamos. Im deutschen Vergleich liegen Dortmund, Stuttgart und München vorn. Berlin rangiert irgendwo unter ferner liefen.

Dafür kann Berlin mit Vorteilen punkten:

Was bleibt unterm Strich? In Berlin läuft manches schlecht und manches gut. Wie das halt so ist in einer dynamischen Metropole. Erst recht in einer Stadt, die bis heute von historischen Brüchen und Hypotheken geprägt ist. Das kann man belächeln oder blöd finden, vielen Berlinern ist es aber schlicht und einfach: schnuppe. Gegen rhetorische Knüppelschwingeritis soll übrigens Kamillentee helfen. Wahlweise auch eine Berliner Weiße.

Was steht an?

Selten genug, dass sich ein westlicher Promi in die Demokratische Republik Kongo oder in den Südsudan begibt. Umso bemerkenswerter, dass Papst Franziskus gleich beiden Krisenstaaten einen Besuch abstattet. Er will den Armen, Obdachlosen und Hungernden Trost spenden, die Arbeit von Hilfsorganisationen würdigen und (hoffentlich) den Mächtigen ins Gewissen reden. In beiden Ländern bereichern sich korrupte Eliten schamlos und sind marodierende Milizen unterwegs.

Die amerikanische Notenbank entscheidet über den weiteren Kurs in der Geldpolitik. Gut möglich, dass sie den Leitzins abermals erhöht. Das hilft gegen die Inflation, verteuert aber Kredite und kann die Wirtschaft hemmen. Die Europäische Zentralbank orientiert sich gern an der Fed.

In Wien wird das Urteil im Prozess zum Terroranschlag im Jahr 2020 erwartet. Damals erschoss ein Islamist 4 Menschen und verletzte 23 weitere. Nun sind sechs mutmaßliche Unterstützer angeklagt.

Die Niederländer gedenken der Flutkatastrophe vor 70 Jahren: Am 1. Februar 1953 wurden weite Teile Zeelands überflutet, mehr als 1.800 Menschen kamen ums Leben. Anschließend baute Holland eines der weltgrößten Bollwerke gegen Hochwasser. Das muss nun wohl bald aufgestockt werden: Wegen schmelzender Gletscher steigt der Meeresspiegel.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besucht Worms und Mainz. Gemeinsam mit Speyer bildeten die Städte im Mittelalter das Zentrum des europäischen Judentums. Die erhaltenen Bauwerke und Friedhöfe gehören zu den ältesten Zeugnissen jüdischen Lebens in Deutschland. Die Synagogen wurden wieder errichtet.

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