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"Damit es künftig keine Opfer mehr gibt": Würzburger gedenken mit Schweigemarsch an Opfer der Deportation

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Seit mehr als 20 Jahren gedenken die Gemeinschaft Sant'Egidio, die Israelitische Kultusgemeinde, der Katholische Dekanatsrat und das Dekanat der Evangelisch-Lutherischen Kirche gemeinsam an die erste Deportation unterfränkischer Jüdinnen und Juden am 27. November 1941. In diesem Jahr stand der Schweigemarsch unter dem Motto "Zukunft braucht Erinnerung".

Die drei Worte standen auf dem großen Banner, das Jugendliche von Sant'Egidio am Montagabend nach Grußworten von Weihbischof Ulrich Boom und des evangelischen Dekans Wenrich Slenczka vom DenkOrt Deportationen vor dem Hauptbahnhof durch die Innenstadt zum Rathaushof trugen. Hinter ihnen bildeten etwa 250 Menschen mit Kerzen in der Hand einen Schweigemarsch, allen voran Oberbürgermeister Christian Schuchardt und der erst einen Tag zuvor im Amt bestätigte Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster.

Oberbürgermeister erinnerte an die etwa sechs Millionen getöteten Juden

Einige der Teilnehmerinnen und Teilnehmer trugen Schilder mit den Namen der Orte, in denen zwischen 1941 und 1944 mehr als 2000 jüdische Männer, Frauen und Kinder aus Würzburg von den Nationalsozialisten in Konzentrationslager gesperrt und getötet wurden. Beim Abschluss der Gedenkveranstaltung im Rathaushof erinnerte der Oberbürgermeister daran, dass insgesamt etwa sechs Millionen Juden aus Deutschland und den von der Wehrmacht im 2. Weltkrieg besetzten Gebieten während der NS-Zeit ermordet wurden. "Das ungeheure Maß an menschlichem Leid und unmenschlicher Schuld, das sich hinter diesen nüchternen Zahlen verbirgt, erfüllt uns mit Trauer und Scham und lässt kaum Raum für andere Empfindungen", sagte Schuchardt.

Es dürfe keinen bequemen Schlussstrich unter dieses dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte geben: "Die Shoa führt uns deutlich vor Augen, welche schrecklichen Folgen drohen, wenn rassistische Vorurteile gesellschaftsfähig werden, wenn politischer Extremismus gesellschaftsfähig wird und wenn Hass und Gewalt die Oberhand gewinnen", so der OB weiter: "Wir gedenken der Opfer von damals, damit es künftig keine Opfer mehr gibt."

2069 Menschen wurden zwischen 1941 und 1944 verschleppt

Bei der ersten Deportation in der Nacht des 27. November 1941 mussten 202 jüdische Menschen aus Würzburg von der Schrannenhalle zum Güterbahnhof in der Aumühle laufen und wurden von dort mit dem Zug über das Sammellager Nürnberg-Langwasser ins Vernichtungslager nach Riga gebracht. Ob der Rest der Würzburger Bevölkerung in jener Nacht "wirklich nichts von diesem Elendszug mitbekamen, der durch die Straßen getrieben wurde, das bezweifle ich. Proteste sind jedenfalls nicht bekannt", sagte Josef Schuster und erinnerte auch an die folgenden acht Deportationen bis Dezember 1944, bei denen insgesamt 2069 Menschen verschleppt wurden, von denen nur 63 überlebt haben.

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Die Shoa sei in Zeiten des Krieges durchgeführt worden, betonte die evangelische Pfarrerin Angelika Wagner. Heute bilde der russische Krieg gegen die Ukraine "einen Boden, auf dem Verschwörungstheorien wieder neuen Zulauf finden." Sie rief die Anwesenden dazu auf, friedliches Zusammenleben zu fördern, sich für eine inklusive Gesellschaft einzusetzen und jeder Art von Rassismus und Antisemitismus zu widerstehen.