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Dani Parthum: Immer mehr Frauen arbeiten Teilzeit – und nehmen hohe Vermögensschäden in Kauf

Erwerbstätigkeit 2022 auf höchstem Stand, schrieb das Statistische Bundesamt. Rund 45,6 Millionen sind aktuell in Deutschland erwerbstätig. Ist das der statistische Beleg dafür, dass immer mehr Frauen finanziell unabhängig sind? Leider nein

Der Trend freut mich. Immer mehr Frauen gehen Berufen nach, bringen damit ihre Kompetenzen, Fähigkeiten und Ideen in Wirtschaft und Gesellschaft ein und werden dafür entlohnt. Frauen haben mit 18,3 Millionen bei den abhängig Beschäftigten zu den Männern fast aufgeschlossen. Als Freiberufler oder Selbstständige arbeiten dagegen mit rund 2,4 Millionen weiterhin fast doppelt so viele Männer als Frauen (Destatis). Sehen wir uns dagegen die Integration in die Arbeitswelt an, und damit den Umfang der Arbeitszeit und die Entlohnung, ändert sich das positive Bild der Erwerbstätigen, zu denen Beamt:innen, Arbeitnehmer:innen, Angestellte und Lehrlinge zählen.

Vor 30 Jahren waren von den erwerbstätigen Frauen zehn Millionen Vollzeit beschäftigt. Heute sind es 9,2 Millionen. Also weniger. Verdoppelt hat sich dagegen die Anzahl der in Teilzeit arbeitenden Frauen. Aktuell rund neun Millionen. Heißt: Vor 30 Jahren arbeiteten 70 Prozent der angestellten Frauen Vollzeit, 30 Prozent Teilzeit. Heute sind wir bei 50 Prozent zu 50 Prozent. Die Teilzeitquote bleibt bei Frauen bis zum Ende des Erwebslebens dabei konstant hoch. Männer arbeiten weiterhin mehrheitlich Vollzeit, wenngleich auch hier die Teilzeitquote anzog auf zwölf Prozent.

Nun ließe sich einwenden: Frauen sind einfach clever. Teilzeit ist das neue Vollzeit! Mit einem Teilzeitjob lässt sich eine viel bessere Work-Life-Balance herstellen, es bleibt Zeit für die persönliche Lebensgestaltung, Familie, Freunde, Hobbys, Erholung. Das trifft vielleicht bei einigen persönlich den Kern; statistisch sieht die Wahrheit anders aus.

Frauen und Finanzen - Teil 2: Der kleine Unterschied reißt im Alter große Lücken

Schon die Berufswahl entscheidet übers Einkommen und die spätere Rente. Frauen können sich sehr gut viel höhere Alterseinkünfte erarbeiten. Wenn sie nebenbei noch clever sparen, können sie mit relativ wenig Geld die drohende Rentenlücke schließen

Warum arbeiten Frauen Teilzeit? Als häufigsten Grund, mit 28 Prozent, nannten Befragte die „Betreuung von Kindern“, 18 Prozent waren „persönliche und familiäre Verpflichtungen“ und acht Prozent „Vollzeit war nicht zu finden“. Und was nannten Männer? Die gaben mit 25 Prozent „Aus- und Weiterbildung“ als Hauptgrund für Teilzeit an, 13 Prozent „Vollzeit war nicht zu finden“, sieben Prozent „persönliche und familiäre Verpflichtungen“ und zu vier Prozent „Betreuung von Kindern“.

Teilzeit für bessere Work-Life-Balance? Ist bei Frauen ein Mythos

Frauen verzichten also wegen der Familie auf Vollzeit. Zu Hause übernehmen sie dann überwiegend die Care- und Hausarbeit. Würde diese unbezahlte Leistung als Erwerbsarbeit gelten, sähe die Work-life-Balance von Frauen schlechter aus, als die der Männer. Die bessere Work-Life-Balance bei Teilzeit kann für Frauen jedenfalls als Mythos bezeichnet werden, vor allem, wenn sie Mütter sind.

Teilzeit bedeutet auch finanzielle Abhängigkeit. Die meisten arbeiten im Schnitt 20 Stunden pro Woche. Würden diese mit dem statistischen Durchschnittslohn für Frauen bezahlt, ergäben sich rund 1530 Euro Brutto-Einkommen im Monat. Davon lässt sich mit und ohne Kindern nicht wirklich leben, nicht in der Kleinstadt, schon gar nicht in Metropolen. Und für einen zusätzlichen Rentenaufbau fehlt das Geld.

Teilzeit geht mit hohen Lohnabschlägen einher

Noch ein Haken: Frauen in Teilzeit verdienen gar keine 19,12 Euro wie Frauen in Vollzeit. Teilzeit wird bei gleicher Tätigkeit über 17 Prozent niedriger bezahlt! Darauf weist das Forschungsinstitut DIW hin. Es klafft ein Part-Time-Wage-Gap. In Euro ausgedrückt bedeutet das: Frauen in Teilzeit verdienen brutto 15,87 Euro, das sind 3,25 Euro weniger als bei Vollzeit. Vergleichen wir diesen Lohn mit den 23,20 Euro, den Männer pro Stunde brutto verdienen, summiert sich der Lohn-Abschlag für Frauen in Teilzeit auf 7,33 Euro pro Stunde. (15,87 Euro + 3,25 Euro + 4,08 Euro = 23,20 Euro).

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Die 7,33 Euro Lohnabschlag ergeben bei 80 Arbeitsstunden im Monat einen entgangenen Lohn von rund 590 Euro brutto. Rechnen wir das über 30 Jahre hoch, summiert sich der entgangene Lohn auf 212.400 Euro. Würden wir die 590 Euro pro Monat in Aktien mit einer Rendite von fünf Prozent investieren, betrüge der Vermögensschaden für Frauen in Teilzeit nach 30 Jahren etwa 480.000 Euro.

Hohe Vermögensschäden für Frauen durch Teilzeit

Frauen in Teilzeitjobs erleiden somit erhebliche Vermögensschäden, die Lebensarbeitseinkommen bleiben niedrig, die Renten erreichen kaum das Niveau des Grundeinkommens und Macht und Einfluss sind mit Teilzeit auch eher nicht zu erreichen. Statistik, Mikrozensus und Forschung sprechen hier eine eindeutige, traurige Sprache.

Dass teilzeitarbeitende Frauen statistisch gesehen einen 32 Prozent niedrigeren Stundenlohn für gleiche Tätigkeiten erhalten wie Vollzeit arbeitende Männer ist kein Automatismus. Es ist praktizierte Diskriminierung und Bereicherung auf Kosten der Frauen. Ausgerechnet das Teilzeitfördergesetz hat ab 2001 dazu geführt, dass zwar immer mehr Frauen erwerbsstätig sind, sich aber eher für Teilzeit entscheiden. Sie bleiben damit finanziell abhängig, werden um Lebensarbeitseinkommen und eine auskömmliche Rente gebracht und sind weiterhin Hauptverantwortliche für unbezahlte Care- und Hausarbeit.

Wirtschaft, Politik und Gesellschaft profitieren dabei von den leistungswilligen, fokussierten, gut ausgebildeten, in Teilzeit arbeitenden Frauen und Müttern. Das grenzt an Zynismus.

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