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Das Doppel-Wumms-Dilemma

Es ist ein kaum auflösbares Dilemma, in dem die Bundesregierung steckt. Natürlich ist es richtig, dass die Ampel-Koalition etwas gegen die ruinösen Gaspreise tun muss. Wer stur auf Haushaltsdisziplin während eines eskalierenden Energiekrieges setzt und dabei die Deindustrialisierung der deutschen Wirtschaft und die Auflösung des gesellschaftlichen Zusammenhalts in Kauf nimmt, hat nichts gewonnen.

Mit dem „Doppel-Wumms“ und 200 Milliarden Euro allein ist das Problem nicht gelöst, schreibt Philipp Vetter

WELT-Autor Philipp Vetter

Quelle: Martin U. K. Lengemann/WELT

Doch mit dem „Doppel-Wumms“ und 200 Milliarden Euro allein ist das Problem nicht gelöst. Im Gegenteil: Als Botschaft könnte bei den Bürgern ein wohliges „Wir schaffen das“ hängen bleiben. Doch das wäre fatal. Noch steht nicht fest, wie die Gaspreisbremse genau aussehen soll. Doch sie muss unbedingt das Signal senden, dass jeder so viel Energie sparen muss wie nur irgendwie möglich.

Selbst die Berichte über die extrem gestiegenen Preise der vergangenen Wochen, das Gezerre um die Gasumlage und explodierende Pipelines in der Ostsee haben nichts daran geändert, dass die privaten Haushalte und kleinen Unternehmen mehr Gas verbraucht haben als im Vorjahr. Ja, die Temperaturen sind niedriger als 2021. Doch das ändert nichts daran, dass das Gas in diesem Winter begrenzt ist.

Sollte vom „Doppel-Wumms“ und den Jubelmeldungen über gut gefüllte Gasspeicher nun das Signal hängenblieben, dass man die heiße Dusche wieder länger laufen lassen und die Heizung im Wohnzimmer hochdrehen kann, wird der Winter mehr als ungemütlich werden.

Um Eigenverantwortung kommt man nicht herum

Denn die Deindustrialisierung Deutschlands droht nicht nur wegen extrem hoher Energiepreise. Wird nicht trotz der Gaspreisbremse deutlich mehr Strom und Gas eingespart, wird es in den nächsten Monaten fast zwangsläufig zu einem Gasmangel kommen. Dann drohen Rationierungen und die Zwangsabschaltung von ganzen Industriezweigen.

Wer Arbeitsplatzverluste und staatliche Zwangsmaßnahmen verhindern will, der kommt um die viel beschworene Eigenverantwortung nicht herum. Wer immer noch hofft, dass der Nachbar schon sparen wird, und selbst seine Heizung aufdreht, der gefährdet zwar künftig weniger die eigene Zahlungsfähigkeit, aber die wirtschaftliche Zukunft dieses Landes.