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Der Kanzler beim Saudi-Öl-Scheich - Hilft uns dieser Handschlag aus der Krise?

Von: Angelika Hellemann (zzt. in Dschidda)

Lächelnd gaben sich der Kanzler und der Blutprinz die Hand. Olaf Scholz (64, SPD) reiste am Samstag nach Saudi-Arabien, dort empfing ihn Kronprinz Mohammed bin Salman (37, kurz MBS genannt) in seinem prunkvollen Sommerpalast in Dschidda.

All der Glitzer konnte allerdings nicht über die schmutzige Vergangenheit des Prinzen hinweg Funkeln. Es war MBS, der laut US-Geheimdiensten vor vier Jahren die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi († 59) angeordnet hatte.

Khashoggi, der im Exil in den USA lebte und kritisch über die erzkonservative saudische Herrscherfamilie schrieb, wollte im saudischen Konsulat in Istanbul Dokumente für seine Hochzeit abholen. Ein aus Riad angereistes Killerkommando enthauptete ihn, zerteilte seine Leiche mit einer Knochensäge, schaffte ihn in Koffern aus dem Konsulat.

Der getöte Regime-Kritiker Jamal Khashoggi

Foto: AFP

Der Kanzler versicherte nach dem Treffen, dass er den Fall Khashoggi nicht vergessen habe: „Wir haben alle Fragen im Bereich Menschenrechte besprochen“, sagte er. „Und da können Sie davon ausgehen, dass nichts unbesprochen geblieben ist, was zu sagen ist.“

Aber: In der Öffentlichkeit wurden dem Blutprinzen kritische Fragen zum Khashoggi-Mord erspart. Es war die erste Auslandsreise von Scholz, bei der es keine Pressekonferenz gab. Aus dem Kanzleramt hieß es, man habe die Saudis davon zu überzeugen versucht, leider vergeblich.

Vier Jahre lang wurde MBS wegen seiner Bluttat vom Westen gemieden. Scholz, der zum Zeitpunkt des grausigen Verbrechens noch Vizekanzler war, forderte damals restlose Aufklärung und die Bestrafung aller Verantwortlichen.

Dass der Drahtzieher des Khashoggi-Mords nun wieder offizieller Besuchspartner ist, liegt am Ukraine-Krieg von Russlands Diktator Wladimir Putin (69). Damit hat er MBS auf der Despoten-Bösartigkeitsskala überholt. Und so wird aus dem geächteten Blutprinzen ein möglicher Bündnispartner – Scholz will Putin international möglichst stark isolieren und sucht gleichzeitig neue Energielieferanten.

MBS versuchte seinerseits, sich als Frauenförderer zu inszenieren. Er arrangierte nach dem Palastbesuch ein Treffen von Scholz mit jungen Saudi-Araberinnen.

Bin Salman führt Scholz durch seine Palasträume

Foto: Kay Nietfeld/dpa

Tatsächlich hat er ein paar ultrastrenge Sitten gelockert: Frauen müssen sich nicht mehr verschleiern, dürfen Auto fahren, ihren Beruf frei wählen. Aber wehe, sie begehren auf! Erst vor einem Monat wurde eine Studentin zu 34 Jahren Haft verurteilt, weil sie auf Twitter für Frauenrechte gekämpft hatte.

Der Kronprinz selbst blieb dem Termin mit Jungunternehmerinnen und Künstlerinnen fern. Überhaupt traf er bei der Besuchergruppe aus Deutschland fast nur auf Geschlechtsgenossen. Der Kanzler, der sich selbst Feminist nennt, nahm aus seiner Regierungszentrale acht Männer mit Leitungsjobs und eine Sachbearbeiterin mit.

So saßen sich auch beim deutsch-saudischen Regierungsaustausch fast nur Männer gegenüber – MBS hatte neun Minister mitgebracht, Scholz umringten sieben Anzugträger. Die einzige Frau war die deutsche Generalkonsulin in Dschidda.

Foto: BILD

Dieser Artikel stammt aus BILD am SONNTAG. Das ePaper der gesamten Ausgabe gibt es hier.