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Der Kriegstag im Überblick: Nach Fall von Lyman suchen Hardliner die Schuldigen - Botschafter Melnyk will Panzer

Der Kriegstag im Überblick Nach Fall von Lyman suchen Hardliner die Schuldigen - Botschafter Melnyk will Panzer

Tausende Russen könnten in Kriegsgefangenschaft geraten oder gefallen sein: Einen Tag nach der Annexionsrede des Kremlchefs weht die ukrainische Flagge wieder über dem Knotenpunkt Lyman in Donezk. Während Putin-Vasall Kadyrow die eigene Armee für ihren Rückzug beschimpft und nach Atomschlägen ruft, verlangt Botschafter Melnyk vom Westen schweres Gerät. Der 220. Kriegstag im Überblick.

Verteidigungsministerium in Moskau räumt Abzug ein

Russland hat in einer weiteren Niederlage gegen die ukrainische Armee die strategisch wichtige Stadt Lyman im östlichen Gebiet Donezk aufgegeben. Die Streitkräfte seien wegen der Gefahr einer Einkesselung abgezogen worden, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, in Moskau. Zuvor hatten ukrainische Behörden von rund 5000 eingekesselten russischen Soldaten gesprochen.

Seit Wochen wurde um Lyman erbittert gekämpft. Nach der Niederlage im nordostukrainischen Gebiet Charkiw und ihrem Rückzug von dort haben die russischen Truppen versucht, eine neue Frontlinie entlang der Flüsse Oskil und Siwerskyj Donez aufzubauen. Nach intensiven Kämpfen ist die Stadt am Nachmittag gefallen: Ukrainische Einheiten haben in Lyman die blau-gelbe Landesflagge gehisst.

Unklar, wie viele Russen in Gefangenschaft geraten sind

Zuvor hatten die Ukrainer die Stadt in die Zange genommen. Angriffe wurden sowohl von Westen als auch von Norden und Süden lanciert. Die einzige Nachschub- und Rückzugsverbindung der Russen nach Osten über Saritschne und Torske geriet unter den Beschuss der ukrainischen Artillerie. Unklar ist unter diesen Umständen, wie viele russische Soldaten gefallen oder in Gefangenschaft gekommen sind. Der ukrainische Verwaltungschef für Luhansk, Serhij Hajdaj, teilte noch am Morgen mit, die Okkupanten hätten ihre Führung um einen Rückzugsbefehl gebeten, "woraufhin sie eine Abfuhr erhielten". Eine solche Zahl an eingekesselten Russen habe es überhaupt noch nicht gegeben in dem Krieg, sagte Hajdaj.

Schlappe kurz nach Annexion

Lyman galt nach der russischen Schlappe in Charkiw als so wichtig, dass die russische Führung die Stadt möglichst lange halten wollte, zumindest aber bis zur Erklärung der Annexion der vier ukrainischen Gebiete Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte die Annexion erst am Freitag im Rahmen eines Festakts im Kreml erklärt. Kein Staat erkennt diesen Bruch des Völkerrechts an. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte angekündigt, alle besetzten Territorien zu befreien. Er setzt dafür auf schwere Waffen des Westens und auf Militärberater der NATO-Staaten.

Mit dem Fall von Lyman öffnet sich für die ukrainischen Truppen der Weg Richtung Kreminna und Swatowe. Beide Städte liegen im Gebiet Luhansk und gelten - speziell Swatowe - als wichtige Verkehrsknotenpunkte. Für den Kreml wäre dies ein verheerendes Signal. Anfang des Sommers hatte die russische Armee das Gebiet Luhansk für "befreit" erklärt.

Kadyrow will verantwortlichen General absetzen

Auf russischer Seite sorgt die erneute Niederlage für erbitterte Kommentare: Der tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow forderte auf seinem Telegram-Kanal, den für den Frontabschnitt verantwortlichen Generaloberst Alexander Lapin abzusetzen, zu degradieren und als einfachen Soldaten an die Front zu schicken. Die Probleme in Lyman seien schon vor zwei Wochen gemeldet worden. "Eine Woche später verlegt Lapin seinen Stab nach Starobilsk, mehr als 100 Kilometer von seinen Untergebenen entfernt, und verdrückt sich selbst nach Luhansk. Wie kann man operativ seine Einheiten befehligen, wenn man sich 150 Kilometer entfernt befindet", echauffierte sich Kadyrow. Der kremlkritische russische Politologe Abbas Galljamow hingegen erklärte süffisant: "Gestern haben sie Lyman "für immer" an Russland angeschlossen, um heute die Stadt zu räumen".

Explosionen an Militärflughafen auf der Krim

Auf der von Russland annektierten ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim kam es offenbar erneut zu Explosionen auf einem Militärflughafen. "Der Information der Rettungskräfte nach ist ein Flugzeug über die Landebahn hinausgeschossen und in Brand geraten", schrieb der von Moskau eingesetzte Gouverneur der Stadt Sewastopol, Michail Raswoschajew, auf Telegram. Die Feuerwehr sei im Einsatz. In sozialen Netzwerken kursierende Videos zeigten allerdings dicke Rauchwolken mit starken Explosionen. Beobachter vermuteten, dass ein Munitionslager in Brand geraten sein könnte.

Dem ukrainischen Militär sind bereits mehrere Schläge auf Stützpunkte der russischen Luftwaffe auf der Halbinsel gelungen. Im August etwa wurde der Militärflughafen bei Saki auf der Krim angegriffen. Der Militärflughafen Belbek bei Sewastopol gilt als einer der wichtigsten für das russische Militär.

Melnyk sieht Ukraine auf der Siegerstraße

Der scheidende ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, sieht die ukrainischen Truppen weiter auf dem Vormarsch. Dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND) sagt er: "Die Befreiung von Lyman ist - nach der erfolgreichen Charkiw-Gegenoffensive - ein weiterer Beleg dafür, dass die Ukraine diesen Krieg militärisch gewinnen wird. Russland hat keine Chance, die besetzten Gebiete unter seiner Kontrolle auf Dauer zu halten." Melnyk appellierte zudem an Bundeskanzler Olaf Scholz und die Bundesregierung, "die Ukraine endlich mit allen verfügbaren schweren Waffen auszustatten, vor allem die Blockade für Leopard-Lieferungen aufzugeben". Er sagte dem RND: "Es wäre jetzt ein fataler Fehler, sollte die Bundesregierung wegen Atomwaffen-Drohungen Putins in Schockstarre verfallen."

Frankreich liefert Caesar-Haubitzen

Frankreich könnte einer Zeitung zufolge der Ukraine zwischen sechs und zwölf weitere Haubitzen des Typs "Caesar" liefern. Diese seien ursprünglich für Dänemark bestimmt gewesen, berichtete die Zeitung "Le Monde". Die drei Staaten hätten sich grundsätzlich auf die geänderte Lieferung verständigt, die Gespräche seien jedoch nicht abgeschlossen. Frankreich hat der Ukraine bereits 18 der Haubitzen geliefert, die von dem französischen Konzern Nexter stammen.

Italien bekommt "heute" kein Gas aus Russland

Russland stellte nach Auskunft des italienischen Versorgers Eni seine Gaslieferungen an Italien ein. Der russische Konzern Gazprom habe mitgeteilt, dass er "für heute" kein Gas mehr durch Österreich liefern könne, teilte Eni mit. Das russische Gas kommt normalerweise an dem italienisch-österreichischen Grenzort Tarvisio in Italien an und wird von dort verteilt. Allerdings erhalte die Alpenrepublik nach Auskünften von Eni weiterhin russisches Gas, sagt ein Eni-Sprecher. Italien hatte bis zum Ausbruch des Krieges in der Ukraine rund 40 Prozent seines Gases aus Russland erhalten.

Aus Nord Stream 2 tritt kein Gas mehr aus

Aus dem Leck der Nord-Stream-2-Pipeline tritt laut Betreibergesellschaft kein Gas mehr aus. Das teilte Sprecher Ulrich Lissek mit. Dies könne bedeuten, dass die Leitung entweder mittlerweile vollständig leer ist oder der Druck in der Gasleitung auf das gleiche Niveau wie der Wasserdruck gefallen ist.

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