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Der Kriegstag im Überblick: Putin vor 70. Geburtstag unter Druck - Geheimdienste sehen Zwickmühle in Cherson

Der Kriegstag im Überblick Putin vor 70. Geburtstag unter Druck - Geheimdienste sehen Zwickmühle in Cherson

In Moskau laufen die Planungen für Putins 70. Geburtstag, allerdings ist der Kremlchef so massiv unter Druck, dass sich keine Feierlaune einstellt. Die Ukraine meldet in Cherson 400 Quadratkilometer befreites Gebiet. Der britische Geheimdienst sieht dort die russischen Truppen in einer gefährlichen Zwickmühle. Selenskyj wirbt bereits für ein Kriegsverbrechertribunal. Der 224. Kriegstag im Überblick.

Ukraine meldet 400 Quadratkilometer befreites Cherson

Die ukrainische Armee hat bei ihrer Gegenoffensive nach eigenen Angaben binnen weniger Tage Hunderte Quadratkilometer Gebiet in der Region Cherson zurückerobert. Seit Anfang Oktober hätten die Truppen mehr als 400 Quadratkilometer in der Region im Süden des Landes befreit, sagte die Sprecherin des ukrainischen Militärkommandos Süd, Natalija Humenjuk. Die Ukraine meldet seit Tagen Geländegewinne in den von Russland besetzten Gebieten im Osten und Süden des Landes, darunter auch in der bislang von Russland nahezu komplett kontrollierten Region Luhansk.

London sieht Kremltruppen im Dilemma

Nach Einschätzung britischer Geheimdienste steht Russland bei der Verteidigung im Süden der Ukraine vor einem strategischen Dilemma. Eine der größten Herausforderungen für russische Kommandeure sei derzeit die zunehmende Bedrohung der strategisch wichtigen Stadt Nowa Kachowka am Südende des Dnipro-Stausees, hieß es im Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums. Die Russen benötigten den beschädigten Nachschubweg über den Dnipro in dieser Region, um die eigenen Truppen jenseits des Flusses zu versorgen. Ein Rückzug der Einheiten von dort würde zwar die Verteidigung der Region um die Gebietshauptstadt Cherson verstärken, allerdings werde es der politische Imperativ wohl gebieten, sich nicht zurückzuziehen. Moskau habe bereits die Mehrheit seiner unterbesetzten Luftstreitkräfte bei der Verteidigung von Cherson eingesetzt. Daher verfüge der Kreml kaum über weitere, hoch qualifizierte und schnell einsetzbare Truppen, die die Front stabilisieren könnten. Es sei deshalb wahrscheinlich, dass dabei künftig Reservisten eingesetzt würden.

Moskaus Kampfverbände "zusammengewürfelt"

Russische Kampfeinheiten sind offenbar teils wild zusammengemischt. Dies legte die Schilderung eines ukrainischen Hauptmanns nahe, dessen Einheit in der Region Mykolajiw kürzlich einen russischen Soldaten gefangen nahm und den die "Washington Post" zitiert. So sollen von der Panzerbesatzung des russischen Gefangenen alle drei Soldaten aus verschiedenen Einheiten der russischen Streitkräfte gekommen sein. Der Gefangene, ein Fallschirmjäger, war demnach der Fahrer, der Kommandant ein Söldner der Wagnertruppe. Der Schütze sei aus der vom Kreml kontrollierten sogenannten Separatistenregion Luhansk mobilisiert worden. "Wenn schon auf der Ebene des Panzers ein solches Durcheinander aus verschiedenen Einheiten herrscht, dann ist es auf der Ebene der Kompanie, des Bataillons und der Brigade klar, dass es keine normale Koordination geben kann", zitierte die "Washington Post" den ukrainischen Hauptmann.

Putin regiert mit Dekreten gegen die Panik

In Russland hatte eine Teilmobilmachung Ende September Panik unter vielen jungen Männern und eine Massenflucht über die Grenzen ausgelöst. Präsident Wladimir Putin versucht nun nach eigener Darstellung, Fehler zu beheben. Per Dekret stellte er weitere Gruppen vorerst vom Militärdienst frei: Studenten an Privat-Unis mit staatlicher Zulassung, Postgraduierte und angehende Priester. Moskau gab indes die Einnahme einer Siedlung in Donezk bekannt. Nach etlichen Rückschlägen in der Ostukraine meldete das russische Verteidigungsministerium die Einnahme der Siedlung Sajzewe im Gebiet Donezk und die Tötung von 120 ukrainischen Soldaten.

Kadyrow verspricht Loyalität

Nach seiner Beförderung zum Generaloberst versicherte der berüchtigte Chef der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, dem Kremlchef seine Solidarität. Das tschetschenische Volk werde die Politik des Staatsoberhauptes überall auf der Welt voll und ganz unterstützen, schrieb Kadyrow auf Telegram. Zuvor hatte er sich schon für den dritthöchsten militärischen Rang bedankt. Er sei dem Oberbefehlshaber "unglaublich dankbar" für die "große Wertschätzung". Kadyrow, der für seinen brutalen Führungsstil im muslimisch geprägten Tschetschenien im Nordkaukasus bekannt ist, tat sich seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine als einer der glühendsten Kriegsbefürworter hervor. Eigene Truppen wollte er zuletzt allerdings nicht mehr an die Fronten im Osten und Süden in der Ukraine schicken.

Experte rechnet mit baldigen Machtkämpfen in Russland

Einen Tag vor seinem 70. Geburtstag befindet sich Russlands Präsident wegen herber militärischer Rückschläge immer offensichtlicher in einer schwierigen Lage. "Was zählt, ist der Machterhalt in Moskau, und das bedeutet nicht unbedingt, dass Putin sich in der Ukraine weiteren Risiken aussetzt", schrieb der Yale-Professor und Ukraine-Kenner Timothy Snyder in einem Essai zu einem möglichen Ende des Krieges. "Die Erde hat sich unter Putins Füßen bewegt." Bis vor Kurzem hätte Putin in den Massenmedien einfach den Sieg verkünden können, und die meisten Russen wären zufrieden gewesen. "Nun aber hat er seinen sinnlosen Krieg so weit getrieben, dass selbst der russische Informationsraum zu bröckeln beginnt." Der ukrainische Feldzug könne enden, weil Putin und seine Gefolgschaft alle Kräfte für einen Machtkampf in Russland brauchen, führte Snyder aus.

Peskow zum Jubiläum: "Putin wird arbeiten"

Seinen Geburtstag an diesem Freitag wird Putin in seiner Heimatstadt St. Petersburg im prunkvollen Konstantinpalast feiern. Es sei am Mittag ein "informeller Gipfel" der Staatschefs der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) in der Metropole am Finnischen Meerbusen geplant, teilte Kremlsprecher Dmitri Peskow mit und betonte, dass Putin sein Jubiläum bei zahlreichen Terminen und Telefonaten verbringen werde. Die Gästeliste des "informellen Gipfels" wollte Peskow nicht verraten. Auch der Ablauf deutete nicht auf Festtagsstimmung hin. "Morgen wird der Präsident in St. Petersburg arbeiten", sagte Peskow.

Selenskyj dringt auf Kriegsverbrechertribunal

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warb beim ersten Treffen der sogenannten Europäischen Politischen Gemeinschaft für Solidarität mit seinem Land. Russland sei ein Staat, "der geografisch zu Europa zu gehören scheint, aber mit Blick auf seine Werte und sein Verhalten der am stärksten anti-europäische Staat der Welt ist", sagt er per Videoschalte auf dem Prager Gipfel von mehr als 40 Staats- und Regierungschefs aus Europa. "Wir haben es mit einem Staat zu tun, der keinen Frieden will", so Selenskyj. Er fordert eine Verschärfung der Sanktionen gegen Moskau. Zudem müsse Russland aus internationalen Organisationen wie den UN ausgeschlossen und ein Kriegsverbrechertribunal eingerichtet werden.

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