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Der Kriegstag im Überblick: Ukraine kämpft sich in Cherson weiter vor - Kreml dementiert Bericht über geplanten Atomtest

Der Kriegstag im Überblick Ukraine kämpft sich in Cherson weiter vor - Kreml dementiert Bericht über geplanten Atomtest

Die Kämpfe in den von Russland annektierten ukrainischen Gebieten halten an. In Cherson werden russische Truppen zunehmend in die Defensive gedrängt - und treten wohl teilweise den Rückzug an. Obwohl Präsident Putin angesichts möglicher weiterer Verluste unter Druck steht, weist der Kreml den Vorwurf zurück, er wolle Nuklearwaffen testen oder einsetzen. Der 222. Kriegstag im Überblick.

Kiew verbucht Erfolge in Cherson

Die ukrainische Armee meldet die Befreiung weiterer Ortschaften von russischen Truppen in der Südukraine. Der Chef des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, schrieb beim Nachrichtendienst Telegram von fünf Orten, die zurückerobert worden seien. In sozialen Netzwerken kursierten Videos aus dem lang umkämpften Dorf Dawydiw Brid und den Ortschaften Welyka Olexandriwka und Starossillja am Fluss Inhulez. Zudem sollen ukrainische Einheiten in Dudtschany am Fluss Dnipro eingerückt sein.

Von einem Rückzug berichtet auch der russische Nationalist Igor Girkin auf Telegram: Die wichtige Siedlung Dawydiw Brid, um die zwei Monate lang erbittert gekämpft worden sei, und "eine Reihe anderer größerer Dörfer in der Umgebung wurden zurückgelassen. Der Rückzug geht weiter."

Wie Reuters-Korrespondent Felix Light twitterte, habe der russische Kriegsblog Rybar von einem "allgemeinen Rückzug" russischer Truppen im Norden von Cherson berichtet. Dabei zögen sich Russen - offenbar aus Angst vor einer Einkesselung - von Positionen zurück, die sie seit März besetzt hielten. Bei Rybar war auf Telegram die Rede von einer "Umgruppierung" und dem Beschluss, das Kontingent der russischen Streitkräfte "auf eine neue Verteidigungslinie zurückzuziehen". Offizielle Bestätigungen von russischer Seite gibt es bislang nicht.

Kreml beteiligt sich nicht an "nuklearer Rhetorik"

"Die Ukraine diktiert im Moment das Tempo", sagte ein Vertreter westlicher Sicherheitskreise in einem Briefing zu Journalisten in London. Einige russische Einheiten stünden so unter Druck, dass sie sich zum Rückzug gezwungen sähen - teilweise gegen den Willen der russischen Führung. Mit Blick auf den möglichen Einsatz von Nuklearwaffen hieß es von dem westlichen Beamten, man sehe keinerlei Anzeichen dafür, dass Moskau einen solchen Schritt vorbereite.

Zuvor hatten Videoaufnahmen eines russischen Güterzuges für Spekulationen gesorgt. In Medien wurden unter anderem gemutmaßt, die auf dem Zug transportierten Fahrzeuge könnten zu einer Abteilung gehören, die für die Wartung des russischen Atomwaffenarsenals verantwortlich ist. Belege dafür gab es nicht.

Auch der Kreml weist Berichte über einen geplanten Atomtest an der russischen Grenze zur Ukraine zurück. "Westliche Medien, westliche Politiker und Staatsoberhäupter üben sich zurzeit in nuklearer Rhetorik", sagte der Sprecher des russischen Präsidialamts, Dmitri Peskow, in Moskau. "Daran wollen wir uns nicht beteiligen."

London: Russland überfordert mit Ausrüstung und Training

Britische Militärexperten sehen Probleme auf russischer Seite - Moskau ist demnach nicht mehr in der Lage, ausreichend Ausrüstung und militärisches Training für eine große Zahl an Rekruten bereitzustellen. Ein Anzeichen dafür sei, dass der Einberufungszyklus in diesem Jahr einen Monat später als üblich beginnen solle, hieß es im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums zum Krieg in der Ukraine.

Die jährliche Einberufung von etwa 120.000 Wehrpflichtigen in Russland unterscheide sich von der kürzlich beschlossenen Teilmobilmachung von Reservisten. Russlands Präsident Wladimir Putin will nach offizieller Darstellung rund 300.000 Reservisten einziehen lassen, um nach den Niederlagen der russischen Armee in der Ukraine die besetzten Gebiete zu halten. Er hatte deshalb eine Teilmobilmachung angeordnet, was bei vielen Russen Panik auslöste - Abertausende verließen das Land.

Angst vor Kriegsdienst: 200.000 Russen nach Kasachstan gereist

Russlands Nachbarland Kasachstan vermeldete etwa, dass seit der Teilmobilmachung vor knapp zwei Wochen bereits mehr als 200.000 russische Staatsbürger eingereist seien. Seit dem 21. September hätten 147.000 Russen die Ex-Sowjetrepublik aber wieder verlassen, sagte Innenminister Marat Achmetdschanow der Staatsagentur Kazinform zufolge. Zu den Hintergründen äußerte sich der Minister nicht.

Schoigu: Mehr als 200.000 Russen eingezogen

Moskau stellt die Teilmobilmachung dagegen als Erfolg dar: Nach Angaben von Verteidigungsminister Sergej Schoigu wurden bereits mehr als 200.000 Menschen eingezogen. "Die Ausbildung erfolgt auf 80 Übungsplätzen und in 6 Ausbildungszentren", sagte er in Moskau seinem Ministerium zufolge. Schoigu sagte, die zuständigen Stellen seien angewiesen worden, den Rekruten die notwendige Kleidung und Ausrüstung zur Verfügung zu stellen und sie einzuweisen. Nach Schoigus Darstellung haben sich viele Freiwillige gemeldet. Zahlen nannte er nicht. Es sollte niemand abgelehnt werden, "wenn es keine schwerwiegenden Gründe gibt".

Selenskyj verbietet Gespräche mit Wladimir Putin

Die Ukraine untersagte unterdessen - wie schon am Freitag angekündigt - Verhandlungen mit Putin. Ein entsprechendes Dekret des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wurde auf dessen Webseite veröffentlicht. Dem ging eine Entscheidung des Rates für Sicherheit und Verteidigung voraus. In den ersten Wochen des Krieges gab es Gespräche zwischen der Ukraine und Russland vor allem auf Ebene von Unterhändlern. Nach den zunehmenden Erfolgen der ukrainischen Armee schließt Kiew Verhandlungen vor dem kompletten Abzug der russischen Truppen von ukrainischem Staatsgebiet praktisch aus.

USA sagen weitere Militärhilfen zu

Die USA versprachen der Ukraine derweil weitere Militärhilfen in Höhe von 625 Millionen Dollar (638 Millionen Euro). US-Präsident Joe Biden sagte dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj nach Angaben des Weißen Hauses in einem Telefonat, die USA würden unter anderem weitere Raketenwerfersysteme vom Typ HIMARS, Artilleriesysteme, Munition und Panzerfahrzeuge liefern. Biden sicherte Selenskyj eine dauerhafte Unterstützung der Ukraine zu, damit das Land sich gegen die "russische Aggression" verteidigen könne. Die USA würden so lange helfen wie nötig. Der Präsident betonte zudem, dass die USA "niemals die angebliche Annexion von ukrainischem Territorium durch Russland" anerkennen würden.

Videostreaming-Dienst Twitch in Russland zu Geldstrafe verurteilt

Wegen der Verbreitung angeblicher Falschinformationen über den Krieg in der Ukraine verurteilte die russische Justiz den Videostreaming-Dienst Twitch zu einer Geldstrafe. Ein Gericht in Moskau legte die Höhe der Strafzahlung auf vier Millionen Rubel - umgerechnet rund 69.400 Euro - fest, wie die staatliche Nachrichtenagentur TASS meldete. Konkret geht es demnach um ein Interview mit dem Berater im ukrainischen Präsidialamt, Olexij Arestowytsch, der irreführende Angaben zu Luftangriffen auf das Gebiet Odessa im Süden der Ukraine gemacht haben soll. Twitch sei aufgefordert worden, es zu löschen.

Lauterbach: Deutschland keine Kriegspartei

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach relativierte inzwischen seine Aussage, dass sich Deutschland mit Putin "im Krieg" befinde. Die Bundesrepublik sei "natürlich keine Kriegspartei", stehe aber "trotzdem voll an der Seite der Ukrainer", sagte der SPD-Politiker im "Frühstart" bei ntv. Dazu zählten auch Waffenlieferungen. "Wir sind nicht im Krieg, aber wir unterstützen die Ukraine nach Kräften", sagte Lauterbach.

Ukrainisches Lied gesungen: Krim-Schönheitskönigin unter Druck

Weil sie auf der Krim ein beliebtes ukrainisches Lied gesungen haben, wurden zwei Frauen auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Insel wegen Diskreditierung der russischen Armee verurteilt. Olga Walejewa, die 2022 einen Schönheitswettbewerb gewonnen hatte, muss nach Polizeiangaben 40.000 Rubel, umgerechnet 680 Euro, Strafe zahlen, ihre Freundin wurde zu einer zehntägigen Haftstrafe verurteilt. Beide hatten auf einem Balkon das patriotische Lied "Tscherwona Kalina" angestimmt. Ein Video der singenden Frauen war im September im Internet als Instagram-Story veröffentlicht worden, das nach 24 Stunden wieder verschwunden war. Laut dem "Innenministerium" handelt es sich bei dem Lied um "die Kampfeshymne einer extremistischen Organisation".

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