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Die Panzerwende im Ukraine-Krieg: Olaf Scholz ist sauer

Mit seinem Zaudern bei den Waffenlieferungen hat Olaf Scholz viel Schaden angerichtet. So sehen es die Verbündeten, so sieht es die Opposition. Oder hat der Kanzler doch recht?

Olaf Scholz ist sauer, auch wenn er dabei klingt, als lese er das Telefonbuch vor. "Kampfpanzer, U-Boote, Flugzeuge – wer fordert noch mehr?", fragt der Kanzler am Mittwoch in seiner Regierungserklärung im Bundestag. "Markige innenpolitische Statements und Kritik an Partnern und Verbündeten auf offener Bühne", sagt Scholz, ein "öffentlicher Überbietungswettbewerb" – das alles schade der Geschlossenheit der westlichen Partner.

Und mehr noch: "Jede Dissonanz, jede Spekulation über mögliche Interessensunterschiede nutzt einzig und allein Putin und seiner Propaganda", findet Scholz. Jede Kritik an seinem Kurs – ein kleiner Sieg für Putin? Da tippen einige Politiker, die in den vergangenen Wochen für die Dissonanzen zuständig waren, betont desinteressiert auf ihren Handys herum.

Die Dissonanzen waren zuletzt wieder spürbar geworden. Aber diesmal, weil es unter den europäischen Partnern das Gegenteil eines Überbietungswettbewerbs gab. Nach Scholz' Ankündigung, Leopard-2-Panzer zu liefern, kam aus mehreren Unterstützerländern erst einmal: nichts. Panzer liefern? Wir? Gerade eher schwierig.

Die Bilanz der Panzerwende ist für Olaf Scholz deshalb zwiegespalten. Es ist ein Erfolg des deutschen Kanzlers, US-Präsident Joe Biden davon überzeugt zu haben, dass die USA auch Abrams-Kampfpanzer liefern. Doch dieser Erfolg hat offensichtlich Nebenwirkungen: Der Zusammenhalt unter den europäischen Partnern – "unser höchstes Gut", wie Scholz es im Bundestag selbst nennt – er ist noch immer angeknackst.

Spitze gegen Polen

Dass nicht alles ganz so glattlaufen könnte mit der großen Panzerwende, das schien Olaf Scholz schon bei der Ankündigung in der vergangenen Woche geahnt zu haben. Als er gefragt wurde, wie viele Partner sich an den Lieferungen beteiligen würden, lächelte Scholz kurz und sagte: "Das wird jetzt ganz interessant werden. Übrigens auch für diejenigen, die sich besonders damit hervorgetan haben, in öffentlichen Diskursen der deutschen Innenpolitik teilzunehmen." Denn das müsse nun bedeuten, "dass man dann auch substanziell etwas beiträgt".

Es ist eine unverblümte Spitze gegen EU-Staaten wie Polen, die den Kanzler öffentlich und zum Teil deftig angegangen sind. Und es ist eine "Dissonanz" aus dem Munde des Kanzlers selbst, um es mit seinen Worten zu sagen.

Solche Kritik spart sich Scholz an diesem Mittwoch im Bundestag. Die Fakten sprechen inzwischen für ihn und seine Version der Geschichte. Und mit zusätzlicher Kritik, so sieht er das wohl, bewegt er die Partner nun auch nicht dazu, bei seiner Panzerwende mitzumachen.

Bislang fallen die konkreten Zusagen sparsam aus. Besonders die nördlichen Staaten halten sich zurück: Schweden zieht sich darauf zurück, gerade 50 Kampffahrzeuge versprochen zu haben. Norwegen verweist vor allem auf "langjährige Hilfszahlungen" an die Ukraine. Dänemark scheint nicht zu wissen, wie viele Panzer es hat. Und Finnland war zwar vorne dabei, die Panzerwende zu fordern. Nun sagt die Regierung aber, dass sie viele Leopard-Panzer an der langen Grenze zu Russland selbst brauche.

Die deutsche Bundesregierung hingegen hatte nach den zunächst angekündigten 14 Leopard-2-Kampfpanzern Anfang der Woche noch eine gute Nachricht für die Ukraine: Der Bundessicherheitsrat genehmigte den Export von 178 Leopard-1-Panzern, die bei Rüstungskonzernen herumstehen. Viele davon müssen zwar noch repariert werden und werden wohl erst nächstes Jahr einsatzbereit sein. Aber ein Ende des Krieges ist bislang ja auch nicht in Sicht.

Doch es gibt in der Ampelkoalition eben auch Politiker, die glauben, dass Scholz an den "Dissonanzen" und auch an der Zögerlichkeit der Partner nicht ganz unschuldig ist. Gerade weil er gerne tut, was er diesmal auch tat: Die Panzerentscheidung mit dem US-Präsidenten Joe Biden zunächst "vertraulich vorbereiten – und dann erst kommunizieren". Was im Klartext heißt: Alle anderen bekommen die Fakten erst im Anschluss präsentiert.

Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter sieht Scholz jedenfalls nun wieder in der Pflicht. "Es geht jetzt darum, Vertrauen zurückzugewinnen und die europäischen Partner zu überzeugen", sagte er t-online. "Es ist gut, dass der Kanzler endlich eine koordinierende Rolle übernimmt."