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Die wichtigen Punkte wurden schon im Vorfeld abgeräumt - oder einfach vertagt

Es wurde dann doch eine eher zähe Weihnachtsfeier. Vier Stunden saßen die Regierungschefs von Bund und Ländern am Donnerstag im Kanzleramt beieinander. Es gab Dominosteine, Christstollen und Marzipankartoffeln für alle und einen, jedenfalls am Ende der Sitzung, recht gut gelaunten Bundeskanzler. Auf eine Bescherung für die Bürgerinnen und Bürger, auf wesentliche Weichenstellungen für die Zukunft des Landes verzichteten Olaf Scholz und die bei ihm versammelten Regierungschefs dagegen am Ende ihres adventlichen Zusammentreffens.

Stattdessen erfreute sich Olaf Scholz (SPD) zunächst noch ein wenig an seinem ersten Jahrestag als Bundeskanzler und verkündeten dann gemeinsam mit seinen „Liebsten“, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst (CDU), zwei Tagungsergebnisse, die die drei auch schon nach der letzten Ministerpräsidentenkonferenz im November verkündet hatten. Das „Deutschland-Ticket“, eine bundesweit gültige Nahverkehrs-Fahrkarte, „wird jetzt kommen“. Und es wird einen Härtefallfond für von der Energiekrise besonders betroffene mittlere und kleinere Unternehmen geben.

An zwei Stellen kommt der Kanzler den Ländern entgegen

Einzige wirkliche Neuerung: Der Bund kommt den Ländern bei der Finanzierung der beiden Maßnahmen noch ein wenig entgegen. Berlin will das Nahverkehrsticket zumindest im Jahr 2023 auch dann zur Hälfte mitfinanzieren, wenn es die Länder – was absehbar ist – mehr als die bisher veranschlagten drei Milliarden Euro kostet. Wie es dann allerdings in den folgenden Jahren weitergeht mit der Dauer-Fahrkarte bleibt abzuwarten – vermutlich wird sie zum nächsten Weihnachtsfest für die Kunden deutlich teurer werden als jene 49 Euro, die zunächst pro Monat fällig werden sollen.

Zweites zartes Entgegenkommen des Kanzlers in dieser Adventssitzung: Der Bund zahlt den Ländern eine Milliarde Euro für deren Energiepreis-Härtefallfonds, ohne diese Zahlung an bestimmte Bedingungen zu knüpfen. „Das hilft, dass wir schnell, zügig abhelfen können und dass wir nicht zu einem Nebeneinander von Regelungen kommen, sondern dass das aus einer Hand geschieht“, freute sich Stephan Weil über diese kleine freundliche Geste des Bundes. Aber selbst dafür, so hieß es nach dem adventlichen Treffen im Kanzleramt, mussten die Länder an diesem Abend sehr lange Gedichte aufsagen.

Alle weiteren Wünsche, die die Ministerpräsidenten im Namen ihrer Bürger und Unternehmen vortrugen, blieben dagegen unerfüllt.

Einer der wichtigsten Punkte wurde schon im Vorfeld abgeräumt

Das gilt für die Besitzer von Öl-, Pellet- und Brikettheizungen, für die sich insbesondere Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern eingesetzt hatten. Für sie gibt es – anders als für diejenigen Haushalte und Unternehmen, die mit Strom oder Gas heizen – in diesem Winter keinerlei pauschale Unterstützung. Wer seine Rechnungen für Öl, Pellets oder Briketts nicht bezahlen kann, wird sich stattdessen individuell um Heizkosten- oder Härtefallzuschüsse für seinen Haushalt beziehungsweise sein Unternehmen kümmern müssen. Bei diesem Thema, so der spürbar frustrierte NRW-Regierungschef Wüst, „müssen wir jetzt in den Ländern selber eine Antwort geben.“

Keine zusätzliche Unterstützung erhalten vorerst auch besonders energieintensive Industriebetriebe, die in Deutschland trotz Strompreisbremse deutlich höhere Stromkosten haben werden als zum Beispiel in den USA oder in Frankreich. So sehr die Ministerpräsidenten im Vorfeld des Treffens mit dem Kanzler darauf gedrungen hatten, insbesondere der Chemie- und Stahlindustrie konkurrenzfähige Strompreise zu garantieren, um einer „beginnenden Deindustriealisierung Deutschlands“ rechtzeitig zu begegnen, so entspannt wurde dieses dann offenbar doch nicht ganz so dringende Thema auf das kommende Jahr verschoben. Auf das nächste oder übernächste Treffen der Regierungschefs.

Ebenfalls keine Einigung gab es bei der Frage, ob nun der Bund oder die Länder die Auszahlung jener 200 Euro Energiepreis-Unterstützung organisiert, die den Studenten schon im November versprochen worden war. Nach Berechnungen der Länder kostet allein die Organisation dieser Einmalzahlung pro Nase bis zu 60 Euro. Von den mit der Erhebung der zur Auszahlung nötigen Daten mal ganz zu schweigen. Möglich, dass dieses Problem am Ende im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat gelöst werden muss – was für die Studenten bedeuten würde, dass sie noch einmal länger auf ihr Geld warten müssten.

Einen der wichtigsten Tagesordnungspunkte hatte MPK-Vormann Weil in Absprache mit dem Kanzleramt schon vor Sitzungsbeginn abräumen lassen. Der „Pakt für Planungs-, Genehmigungs und Umsetzungsbeschleunigung zwischen Bund und Ländern“, den die Regierungschefs eigentlich an diesem Donnerstag verabschieden sollten, war angesichts der ampel-internen Uneinigkeit bei diesem Thema so unkonkret und schwammig formuliert, dass Weil jegliche Kommunikation zu diesem Thema vorerst vermeiden wollte. Eine Maßnahme, die zumindest bei den Unions-Ministerpräsidenten erheblichen Unmut auslöste.

Uneinigkeit gab es bei der Maskenpflicht

Wobei auch Christdemokraten und Christsoziale sich nicht in allen Punkten einig sind. So wollte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) im Kanzleramt noch einmal für einheitliche nächste Schritte beim Umgang mit der Corona-Pandemie und damit für einen zügigen bundesweiten Ausstieg aus der Maskenpflicht werben, wurde dabei allerdings schon im Vorfeld von seinem nordrhein-westfälischen Parteifreund Wüst ausgebremst. Jedes Land müsse für sich entscheiden, welche Maßnahmen verhältnismäßig seien, befand der Düsseldorfer Regierungschef.

Wüst will – anders als Bayern und Sachsen-Anhalt – die Maskenpflicht im Nahverkehr seines Bundeslandes auch über den Jahreswechsel hinaus beibehalten. Ähnliches hat Weil in Niedersachsen vor. In Schleswig-Holstein dürfte die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes im Nahverkehr dagegen zum Jahresende fallen. Deutschland, ein Maskenflickenteppich – auch diese Botschaft geht vom absehbar letzten Bund-Länder-Gipfel des Jahres 2022 aus.