Germany
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

"Drogenkrieg" in Antwerpen: Belgien wird zum Kokain-Tor Europas

289401989.jpg

Der Zoll spricht von einer möglichen Verschiebung des illegalen Handels von Rotterdam nach Antwerpen.

(Foto: picture alliance/dpa)

110 Tonnen Kokain beschlagnahmt der Zoll 2022 in Antwerpen. Die belgische Hafenstadt entwickelt sich zum größten europäischen Umschlagplatz für das weiße Pulver und kämpft zunehmend gegen Gewalt im Drogenmilieu. Der steigende Schmuggel hängt auch mit dem höheren Konsum zusammen.

Nirgendwo anders in Europa wurde im vergangenen Jahr so viel Kokain beschlagnahmt: Der Hafen von Antwerpen im Norden Belgiens ist einer der bedeutendsten Drogenumschlagplätze Europas. Das wird zunehmend zu einem Problem. Deshalb besucht die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson den Ort des illegalen Drogenhandels.

Was hat EU-Innenkommissarin Johansson vor?

Zusammen mit der belgischen Innenministerin Annelies Verlinden will Johansson den Container-Hafen von Antwerpen besuchen, weil eine "enorme Menge an Drogen" in die EU geschmuggelt würden, sagte Johansson im Januar. Besonders Kokain spielt dabei eine Rolle. Johansson kündigte auch Reisen nach Kolumbien und Ecuador an, um die Zusammenarbeit zwischen der EU und diesen südamerikanischen Ländern gegen den Drogenschmuggel auszubauen.

Warum besucht Johansson ausgerechnet den Hafen von Antwerpen?

Der Großteil des Kokains, etwa 90 Prozent, werden in Schiffscontainern nach Europa geschmuggelt, versteckt in Bananenkisten oder zwischen anderen normalen Gütern. Am Hafen von Antwerpen beschlagnahmten Fahnder im vergangenen Jahr eine Rekordmenge von 110 Tonnen Kokain. Im Vorjahr hatte der belgische Zoll dort noch knapp 90 Tonnen beschlagnahmt. Der belgische Hafen ist nach Rotterdam in den Niederlanden der zweitgrößte Container-Hafen Europas.

Sind nicht eigentlich die Niederlande das Einfallstor für Drogen nach Europa?

Neben den Niederlanden gilt auch Belgien als wichtiges Einfallstor für Kokain nach Europa. Die beschlagnahmten Mengen im Hafen von Rotterdam in den Niederlanden sowie im benachbarten Vlissingen waren in den vergangenen beiden Jahren geringer als jene im belgischen Antwerpen.

In Rotterdam spürte der niederländische Zoll nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr insgesamt 52,5 Tonnen Kokain auf, im Jahr 2021 rund 70 Tonnen. Zollchef Jan Kamp sprach von einer möglichen Verschiebung des illegalen Handels Richtung Antwerpen.

Was heißt das für Antwerpen?

Der steigende Kokain-Schmuggel ist folgenschwer für Antwerpen als Stadt. Die zweitgrößte Stadt Belgiens ist von der Gewalt durch das Drogenmilieu betroffen. Der Antwerpener Bürgermeister Bart De Wever spricht von einem "Drogenkrieg". Im Januar war in der Stadt ein elfjähriges Mädchen bei einer bewaffneten Auseinandersetzung getötet worden, hinter der die Polizei Drogenbanden vermutet.

Im September wurde ein Plan vereitelt, den belgischen Justizminister Vincent Van Quickenborne zu entführen. Der Minister machte die "Drogenmafia" für die Pläne verantwortlich. Van Quickenborne hat den Ruf, konsequent gegen die organisierte Kriminalität durchzugreifen.

Wird mehr Kokain gefunden, weil mehr konsumiert wird?

Im Jahr 2021 haben laut Europäischer Drogen-Beobachtungsstelle EMCDDA etwa 3,5 Millionen Europäer mindestens ein Mal Kokain konsumiert. Das sind viermal mehr als noch vor 20 Jahren. Und der deutsche Zoll verwies Ende Dezember anlässlich des Funds von 3,6 Tonnen Kokain im Hamburger Hafen auf den "anhaltend hohen Zufuhrdruck von Kokain nach Europa".

Außerdem gilt der illegale Kokain-Handel als eine der lukrativsten Einnahmequellen für die organisierte Kriminalität in Europa. Die EMCDDA in Lissabon schätzte den Schwarzmarktwert des in der EU gehandelten Stoffes 2020 auf zwischen 7,7 und 10,5 Milliarden Euro.