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Druck nach Tesla-Preisrutsch: 29.1.Kommt es zum Preiskrieg bei Elektroautos?

Tesla blickt auf ein schwieriges Jahr zurück. Teilweise selbstverschuldet sackt der Börsenwert um bis zu 700 Milliarden Dollar ab. Konzerngründer Musk dreht mächtig an der Preisschraube - im Zeichen des Wachstums. Er könnte damit eine Lawine losgetreten haben.

Tesla-Gründer Elon Musk ist bekannt für drei Dinge: seinen Hang zu Giga-Größen, seinen autokratischen Führungsstil und seinen zuweilen skurrilen Humor. So betrat er das Twitter-Hauptquartier nach der milliardenschweren Übernahme zur Premiere mit einem Waschbecken unter dem Arm und der Bemerkung "Let that sink in!". Als erste Amtshandlung des neuen Firmenchefs wurde die gesamte Führungsspitze entlassen und 3700 der 11.000 Mitarbeiter wurden per Tweet nach Hause geschickt. Den Rest fordert der neue Twitter-Eigner ultimativ auf, "lange Arbeitszeiten mit hoher Intensität" zu akzeptieren oder mit einer Abfindung zu gehen.

Musks besonderes Markenzeichen war von Beginn an, dass alle Pläne in seinem Tesla-Firmenimperium "giga" sein mussten: Fabriken, Bauzeiten, Zuwachsraten beim Tesla-Absatz, visionäre Projekte, Aktienkurs, Privatvermögen. Zehn Jahre war Tesla ununterbrochen in der Erfolgsspur. Musk erwischte mit seiner innovativen, neuen Elektroauto-Technologie samt schrittweisem Aufbau von sogenannten Gigafactories und eigener Ladeinfrastruktur in allen großen Automobilmärkten die alteingesessenen Autobauer kalt. Über marktfähige Elektroautos, ausgerüstet mit Hochleistungsbatterien, dazu noch vernetzt und vollgestopft mit digitaler Elektronik zum autonomen Fahren verfügte damals niemand. Autos als fahrende Smartphones gab es nicht, heute schon.

Die hochpreisige Tesla-Modellpalette wuchs, der Aktienkurs stieg ins Irreale, seine Aktionäre machte Musk zu Millionären, sich selbst zum reichsten Mann der Welt und seine Firma Tesla zum ersten Autounternehmen mit mehr als einer Billion Dollar Marktwert. Das war 2021.

Zenit erreicht und überschritten?

Im Jahr 2022 ging das Märchen vom nimmer endenden Absatzwachstum und der grenzenlosen Vermögensmehrung erstmals zu Ende. Die Tesla-Aktie büßte im Jahresverlauf 70 Prozent ihres Wertes ein und wurde zum größten Verlierer an der Wall Street, der Firmenwert von Tesla schrumpfte um 700 Milliarden Dollar auf noch gut 345 Milliarden Dollar. Musks Paradepferd fiel damit aus der Listung der zehn wertvollsten Unternehmen des S&P-500 heraus, wurde aber noch immer höher bewertet als alle deutschen Autohersteller zusammengenommen.

Glaubte man zunächst, die Musks Twitter-Eskapaden hätten den Kursrutsch verursacht, so kamen gegen Jahresende 2022 offenkundig Absatzprobleme hinzu. Der Tesla-Absatz begann erstmals zu stocken, die Gigafabrik Shanghai musste Produktionspausen einlegen. Musks selbst gesetztes Absatzziel von 1,3 Millionen Elektroautos 2022 geriet in Gefahr.

Dabei hatte der selbst ernannte "Techno-King of Tesla" seinen Aktionären vollmundig ein Absatzwachstum von 50 Prozent jährlich versprochen. Und Musk hatte als Unternehmensziel immer in Aussicht gestellt, 2030 20 Millionen Elektroautos zu produzieren.

Musk beginnt zu rudern

Zwar wies Tesla im vierten Quartal 2022 eine unerwartet hohe Auslieferung von 405.278 Autos aus (Analysten hatten aber mit 430.000 gerechnet). Das Unternehmen konnte so im vergangenen Jahr mit 1,31 Millionen Auslieferungen sein Jahresziel erreichen und auf diese Weise seine Verkaufszahlen trotz Lockdowns in China und Lieferketten-Problemen um 40 Prozent steigern.

Die Wahrheit ist allerdings, dass der Markt mehr Absatz ohne kräftige Rabatte offensichtlich nicht hergegeben hat. Denn den Grundstein für höhere Absatzsteigerungen hatte Musk 2022 mit der Eröffnung zweier neuer Werke in Austin, Texas, und in Grünheide, Brandenburg, gelegt. Insgesamt zwei Millionen Elektroautos hätte Tesla bei Volllast bauen können. Mühsam sind es dann die erwähnten 1,31 Millionen Elektroautomobile geworden.

Und Musk beginnt zu rudern: Seinen Twitter-Vorsitz bot er bei einer Nutzer-Abstimmung zur Rückgabe an. Diese wollten das zwar mehrheitlich, Musk hat aber seinen Rückzug bis heute nicht angetreten. Stattdessen legte er jüngst in der Twitter-Zentrale Kaffeeküchen still und verkaufte dortiges Nobel- und Wellness-Mobiliar seiner Mitarbeiter.

Für Tesla holte er aus der Mottenkiste des Vertriebs den großen Marketing-Hammer namens Rabatt hervor. Im November meldete Tesla noch einen Rekordabsatz von 100.000 Fahrzeugen, die aber offensichtlich nicht alle den Weg zu Kunden fanden, sondern auf Werkslagern "abgesetzt" wurden. Weltweite Rabattaktionen für Lagerfahrzeuge folgten.

Musk legte mit Gratis-Tanken an Tesla-Ladesäulen nach, gefolgt von Preissenkungen in mehreren Stufen zu teils über 10.000 Dollar in den Hauptabsatzmärkten China und USA. Jüngst gab es dann auch 10.000 Euro Nachlass in Europa. Die Folge: Ein Tesla Model 3 ist nur noch 10.000 Euro teurer als ein E-Fiat 500, eines der drei meistverkauften Elektroautos Deutschlands.

Der Beginn einer Rabattschlacht?

Und die Preissenkung von Tesla setzt alle E-Autohersteller unter Druck. In Deutschland startet Tesla ab sofort beim neuen 283-PS-Basismodell des Model 3 mit Hinterradantrieb und kleinem Akku mit knapp 500 Kilometer Reichweite zu Preisen von 43.990 Euro. Einschließlich reduziertem staatlichen Kaufzuschuss durch den deutschen Steuerzahler von 4500 Euro liegt damit der Tesla-Preis für ein Einstiegsmodell knapp unter der 40.000-Euro-Marke.

Ein vergleichbarer BMW i4 eDrive 35 Gran Coupé kostet mit seinen nahezu identischen 210 kW/286 PS, vergleichbarer Reichweite und schlechterer Ausstattung mindestens 56.500 Euro. Er bekommt aufgrund des höheren Preises auch nur 3000 Euro Steuerbonus und ist somit in den Listen 13.000 Euro teurer als der Tesla.

Bei den SUV sieht es nicht anders aus. Hier hat Tesla den Preis für das beliebte Model Y auf 44.890 Euro reduziert. Mit der staatlichen Förderung liegt der Preis nur noch knapp über 40.000 Euro. Ein Tesla Model Y ist damit nicht mehr teurer als ein Skoda-Enyaq-Basismodell. Ein Mercedes EQB mit 140 kW/190 PS und Frontantrieb kostet mindestens 58.000 Euro - 13.000 Euro mehr als das Tesla Model Y in der Basisversion mit Heckantrieb. Auch die Modelle von BMW, Audi, VW sind viel teurer: BMW iX ab 55.000 Euro, Elektro-Crossover von Audi Q4 51.900 Euro, Volkswagen ID.4 46.335 Euro.

In China zeigen die Preissenkungen von Tesla bereits Wirkung: Käufer fordern auch bei anderen Elektroautobauern Rabatte ein. Nicht nur im Premiumsegment geraten die Preise unter Druck. Ein ruinöser Preiswettbewerb könnte die Folge sein. Bleibt die Frage: Wer gewinnt?