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Ein Jahr Ampel: Muss Scholz drei Minister rauswerfen? Ein Schadensbericht

Die Regierung von Olaf Scholz ist seit einem Jahr im Amt. Was bei der Ampel falsch läuft, zeigt sich besonders an drei Personalien. Ein Schadensbericht.

Olaf Scholz findet, dass er das alles ziemlich gut gemacht hat. So lässt sich zusammenfassen, was der Kanzler jetzt nach dem ersten Jahr über sich und seine Ampelregierung sagt. Die "Zeitenwende" gegen Wladimir Putin, der "Doppelwumms" gegen die hohen Preise, die LNG-Terminals gegen den Gasmangel, der Mindestlohn gegen die Armut, das Bürgergeld gegen Hartz IV. Und so weiter und so fort.

Die Liste seiner selbsterklärten Erfolge ist lang. Wen wundert's? Bescheidenheit ist in der Politik eben keine Zier. Und die Zeiten sind in der Tat schwierig.

Doch Scholz' Bilanz der Ampel ist natürlich nur die halbe Wahrheit, wenn überhaupt. Um das zu bemerken, braucht man sich nicht im Detail mit den großen und kleinen Projekten der Koalition zu beschäftigen. Es reicht, sich anzuschauen, wo es derart mies läuft, dass die Ministerinnen und Minister selbst kurz vor der Kündigung stehen.

Die erste Kollegin musste Olaf Scholz schon nach vier Monaten austauschen. Der Druck auf die grüne Familienministerin Anne Spiegel war infolge der Flutkatastrophe zu groß geworden. Nun, nach einem Jahr im Amt, gibt es drei weitere Problemfälle für den Kanzler. Sie stammen allesamt aus seiner SPD und werfen jeder für sich und auf seine Weise kein gutes Licht auf die Ampel und ihn selbst. Das hat mit der Art und Weise zu tun, wie das Personal ausgewählt wurde. Aber es liegt auch daran, dass große Defizite in wichtigen Politikfeldern so noch sichtbarer sind.

Nancy Faeser: Einmal Berlin und zurück?

Hat Olaf Scholz Nancy Faeser nur nach Berlin geholt, um ihre Chancen zu verbessern, in Hessen Ministerpräsidentin zu werden? Ist ausgerechnet das wichtige Amt der Innenministerin nur ein Bekanntheits-Booster für die Parteifreundin? Diese Fragen wabern schon durchs politische Berlin, seit der Kanzler sein Kabinett vor einem Jahr vorstellte. Und sie werfen kein gutes Licht auf die Bundesregierung.

Faeser war damals eine echte Überraschung in der Ministerriege. In der SPD waren viele mächtig stolz auf sie: Die erste Bundesinnenministerin überhaupt, und dann auch noch eine, die sich Respekt im Kampf gegen Rechtsextremismus erarbeitet hat.

Doch Nancy Faeser ist auch Chefin der SPD in Hessen. Dort wird nächstes Jahr im Herbst gewählt. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht sagte schon im Mai bei t-online, sie rechne damit, dass Faeser Spitzenkandidatin und Ministerpräsidentin werde. Nach vielen aufgeregten, aber halbherzigen Dementis sehen das in der hessischen SPD und der Ampelkoalition inzwischen die meisten genauso – einfach, weil Faeser die besten Chancen hat, die CDU aus der Staatskanzlei zu werfen.

Wenn alle das Gefühl hätten, dass Faeser bislang gute Arbeit gemacht hat, wäre dieser Kurztrip nach Berlin wohl nicht ganz so schlimm. Doch in der Ampelkoalition ist die Kritik besonders bei den Grünen groß. Zu viel Show, zu wenig dahinter, so kann man es zusammenfassen: unverbindliche Eckpunktpapiere – aber kein einziges Gesetz. Und wenn sie mal was mache, sei das konservative Innenpolitik, die man mit dem Koalitionsvertrag für überwunden hielt. So wie bei der Vorratsdatenspeicherung.

Bislang gehen sie in der SPD davon aus, dass Faeser den Wahlkampf in Hessen bestreiten und zugleich ihr Ministerium in Berlin führen kann. Auch wenn diese Doppelrolle Kritik der politischen Gegner förmlich provoziert und die Sache bei Norbert Röttgens komplett verkorkster Kandidatur in NRW schiefging. Doch Scholz müsste seine Überraschungspersonalie dann nur ändern, wenn Faeser die Wahl auch gewinnen sollte. Wie praktisch.

Früher oder später bräuchte er dann eine neue Ministerin im Kabinett. Denn er will genauso viele Frauen wie Männer in der Regierung haben. Dauerkandidaten wie der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius fallen damit quasi aus, weil sonst ein anderer Minister durch eine Ministerin ersetzt werden müsste, um die Parität zu wahren.