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Eine „grüne Brücke“ über den Atlantik – Habecks heikle Mission in Washington

Es ist das größte Wirtschaftsförderprogramm zur Bekämpfung des Klimawandels in der amerikanischen Geschichte. 370 Milliarden Dollar garantiert der von US-Präsident Joe Biden durch den Kongress gebrachte „Inflation Reduction Act“ (IRA) für Energiesicherheit und den Kampf gegen die globale Erwärmung mit einer besonderen Priorität auf grünen Industrien.

So gibt es beispielsweise 7500 Dollar Steuernachlass beim Kauf eines neuen E-Autos. Die amerikanischen Unternehmen freuen sich auf einen Nachfrage-Boom. Auf der anderen Seite des Atlantiks wird der IRA indes mit Argwohn betrachtet, weil man eine Schwächung der eigenen Wirtschaft befürchtet. Auf die US-Gesetzgebung lässt sich kaum Einfluss nehmen, aber vielleicht bekommt man ja ein Stück vom Kuchen ab, so die Überlegungen in Europa.

Um diese Möglichkeit auszuloten, sind derzeit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und der französische Finanzminister Bruno Le Maire zu transatlantischen Regierungsgesprächen in Washington unterwegs. Am Dienstagmorgen gab sich Habeck trotz der leichten Handelsspannungen diplomatisch.

Der „Inflation Reduction Act“ sei ihm sehr willkommen, sagt der Grünen-Politiker vor dem Weißen Haus. „Endlich“ hätten die USA die Entscheidung getroffen, die globale Erwärmung zu bekämpfen. Man sehe Washington als Partner für den Bau einer „grünen Brücke“ über den Atlantik. Allerdings wolle er auch, dass die industriepolitischen Ansätze in Europa und den USA vergleichbar oder gar kombiniert werden, so Habeck.

Frankreich gibt sich selbstbewusst

Bruno Le Maire wird da schon etwas konkreter. „Wir brauchen die Voraussetzungen für fairen Wettbewerb“, sagte der 53-Jährige. Europäische Unternehmen sollten ebenfalls von den Steuererleichterungen und Subventionen des „Inflation Reduction Act“ profitieren. In Frankreich gibt man sich insgesamt etwas selbstbewusster als in Deutschland, was die Gespräche in Washington angeht.

Um eine „loyale Konkurrenz und gleiche Bedingungen“ zu erreichen, sei man mit drei Forderungen nach Washington gereist: Gegenseitigkeit, Transparenz und Kooperation, hieß es aus dem französischen Finanzministerium im Vorfeld. Den Franzosen ist vor allem die Transparenz wichtig.

Le Maire forderte Klarheit über die Höhe der Subventionen und Steuererleichterungen. „Nur wenn wir wissen, was die Produktion grünen Wasserstoffs in den Vereinigten Staaten kostet und was sie in Europa kostet, können wir Bedingungen fairer Konkurrenz gewährleisten“, so der Franzosen.

In Paris befürchtet man die Abwanderung großer Projekte. Aus dem Weißen Haus würden Bedenken mit den Worten abgetan, es gebe genug Platz für alle. „Sicher“, heißt es aus französischen Regierungskreisen, „aber wir wollen nicht, dass unsere Firmen abgeworben werden, damit sie ihre Produktion in die USA verlegen“.

In Sichtweite des Weißen Hauses erläutert Robert Habeck die Sicht der Europäer

In Sichtweite des Weißen Hauses erläutert Robert Habeck die Sicht der Europäer

Quelle: dpa/Bernd von Jutrczenka

Das Problem für Habeck und Le Maire: Im Prinzip haben sie kein Druckmittel. Auswirkungen auf die Handelsbeziehungen interessieren den Gesetzgeber in der größten Volkswirtschaft der Welt nur bedingt. Dass Firmen ihre Aktivitäten in die USA verlagern, ist der Regierung in Washington mehr als willkommen.

Und so gibt auch Robert Habeck am Dienstag zu, bei den Gesprächen unter anderem mit US-Finanzministerin Janet Yellen und Handelsministerin Gina Raimondo eher „unterstützend“ einwirken zu wollen und anschließend der EU-Kommission zu „erzählen, was wir gehört haben.“ Anders als Berlin macht sich Paris für einen vergleichbaren Fond der EU stark. Kurz vor seiner Abreise nach Washington ließ Le Maire durchblicken, dass er das Gefühl habe, sich damit in Brüssel durchgesetzt zu haben.

„Wir stehen kurz vor einem europäischen IRA“, versicherte Le Maire. Mit Blick auf das außerordentliche Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag in Brüssel erhofft sich der Franzose die Ankündigung eines gemeinsamen, grünen Investitionsfonds nach amerikanischem Vorbild. „Europa hätte dann endlich die strategische Kurve gekriegt, damit die Staaten ihre Industrie und ihre Produktion besser schützen und die Energiewende zu finanzieren vermögen“, sagte Le Maire und sprach von einem „klaren Sieg Frankreichs“.

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