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Eltern unterstützen Protest-Aktionen - Toll, dass unsere Tochter so radikal ist

Die Polizei weiß seit dieser Woche, wer Luisa (23) ist. Sie hat ihre Personalien aufgenommen, als die junge Frau in Berlin bei einer Protestaktion des radikalen „Klima-Kollektivs“ Extinction Rebellion gegen den Klimawandel gekämpft hat.

Schlimm findet Luisa es nicht, polizeibekannt zu sein. Auch für ihre Eltern ist das kein Problem. Die haben ihre Tochter sogar zum Protest begleitet. Wer sind die Menschen, die mit ihren grenzwertigen Aktionen in ganz Deutschland Menschen gegen sich aufbringen – um das Klima zu retten?

Wie die Eltern, so die Tochter: Luisa mit ihren Eltern beim Protest-Wochenende in Berlin

Foto: Michael Hübner

BILD am SONNTAG begleitete das Eltern-Kind-Protestgespann. Dass sich Tochter Luisa seit zwei Jahren in dem extrem umstrittenen Kollektiv engagiert, macht ihre Eltern regelrecht stolz. „Toll, dass unsere Tochter so radikal ist in ihren Überzeugungen“, sagt Mutter Wibke N. (56), Juristin mit eigener Kanzlei und seit 1993 Mitglied bei den Grünen.

Radikal als Lob? Ziemlich radikal!

Früher hielt Mutter Wiebke auf Demos Reden

Foto: privat

Sie und ihr Mann Matthias (59) aus der Nähe von Freiburg waren schon in den 80ern auf Demos aktiv, kämpften gegen den Bau von Atomkraftwerken.

„Meine Eltern haben mir beigebracht, wie wichtig Klimaschutz ist“, sagt Luisa, die in Hamburg Schauspiel studiert. Luisa ist noch nie mit ihren Eltern geflogen, die Familie besitzt kein Auto, geheizt wird mit Sonnenenergie. Aber das reicht ihr nicht, sie will mit Aktionen, für die es sogar Strafanzeigen hagelt, auf ihr Thema aufmerksam machen.

„Die Klimakrise wird uns mit voller Wucht treffen, wenn wir jetzt nicht handeln“, sagt Luisa. „Es wird zu Kriegen in Europa, Wasserknappheit in Deutschland und unbewohnbaren Orten führen.“

Am Mikro schwört Luisa Aktivisten auf die bevorstehende Aktion ein

Foto: Michael Hübner

Am ersten Protesttag in Berlin blockieren die Aktivisten eine Kreuzung im Stadtteil Kreuzberg. Luisa verteilt Flyer, sucht das Gespräch. Viele haben kein Verständnis – wie Hakan. Der schimpft: „Ich habe einen Burgerladen um die Ecke. Wegen der Straßenblockade muss ich meinen Lieferservice aussetzen. Geht doch dahin, wo die Regierung sitzt!“

Protest in Brandenburg Klima-Chaoten ketten sich bei Kohlekraftwerk fest

Auch andere Autofahrer kommen wegen der Blockaden immer wieder zu spät zur Arbeit, selbst Rettungswagen werden aufgehalten, die Wut ist riesengroß.

Hat Luisa dafür kein Verständnis? Dazu sagt sie nur: „Alle denken, wir sind richtig krasse Gesetzesbrecher. Aber das, was wir machen, ist nicht schlimmer als falsch parken.“ Eine Wahrnehmung, die nicht alle teilen – vor allem die, die stundenlang im Stau stecken. Luisa weiter: „Ich stecke viel ein, werde auch als ,Klimafotze‘ beleidigt.“

Vater Matthias in den 80igern mit Anti-Atomkraft-Fahne

Foto: privat

►Vater Matthias, Fleecejacke, Ring am linken Ohr, studierter Soziologe, unterstützt seine Tochter: „Gerechtigkeitsempfinden hat sie schon immer gehabt. Demo ist kein ziviler Ungehorsam, sondern Bürgerrecht. Erlaubt ist, was nicht gewalttätig ist.“

Mit dem ersten Protesttag ist ­Luisa zufrieden: „Wir konnten die Blockade über mehrere Stunden halten. Mit meinen Eltern zu demonstrieren, war wieder richtig cool und schön.“ Zumindest die drei hatten also Freude.

Die Eltern reisen nun zurück in den Schwarzwald, natürlich im Zug. Für Luisa gehen die Protesttage weiter. Dafür präpariert sie ihre Hände, sticht mit einer Büroklammer die oberste Hautschicht der Handflächen auf und bestreicht sie mit Glitzer und Kleber. „Das erschwert der Polizei, Fingerabdrücke zu nehmen“, erklärt Luisa. Man wappnet sich also für die Begegnung mit der Polizei – und die daraus resultierenden Konsequenzen.

Zu BILD am SONNTAG sagt sie später: „Ich würde ja auch gerne mal meinen Sommer damit verbringen, entspannt auf Festivals zu gehen – anstatt auf lauter Klima-Camps.“ Aber die Rettung der Welt durch Radikaldemos ist ihr offenbar wichtiger.

Das Klebematerial, mit dem sich Aktivisten auf der Straße festmachen, ist nun in Händen der Polizei. Es wurde Luisa abgenommen, als man ihre Personalien aufnahm.

Chart: Mittel der Temperatur im Sommer in Deutschland von 1881 bis 2022 - Infografik

Foto: BILD

Extinction Rebellion bedeutet „Aufstand gegen das Aussterben“. Die radikale Protestbewegung wurde 2018 in England gegründet. Laut eigener Aussage ist sie heute in 84 Ländern aktiv. In Deutschland wurden die Klima-Kämpfer 2019 bekannt, als sich Aktivisten mit Fahrradschlössern ans Kanzleramt in Berlin ketteten. Damals forderten sie von der Regierung, den „Klimanotstand“ auszurufen.

Später gossen sie u. a. grüne Farbe in die Spree, um auf Wasserverschmutzung aufmerksam zu machen. Es laufen zahlreiche Strafverfahren gegen Demonstranten wegen Nötigung und Sachbeschädigung.

Dieser Artikel stammt aus BILD am SONNTAG. Das ePaper der gesamten Ausgabe gibt es hier.

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