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Energiekonzern: Anschub für Atomausbau: Frankreich verstaatlicht Stromkonzern EDF

Energiekonzern Anschub für Atomausbau: Frankreich verstaatlicht Stromkonzern EDF

Aus den Kühltürmen des Kernkraftwerks Cruas steigt Dampf auf

Kernkraftwerk Cruas: Frankreich setzt bei der Energieversorgung in erster Linie auf Atomkraft

© IMAGO / Dirk Sattler

Anders als Deutschland setzt Frankreich bei der Energiewende auf den Ausbau der Kernkraft. Zuletzt stolperte der Stromkonzern EDF aber von einem Problem zum nächsten, Berlin half mit Stromlieferungen aus. nun ändern sich die Vorzeichen.

Atomausstieg in Deutschland, Atomausbau in Frankreich: Bei wenigen Themen ticken die Nachbarn und engen Kooperationspartner Berlin und Paris so unterschiedlich wie in puncto Energie. Während in Deutschland im April die drei letzten Meiler abgeschaltet worden sind, steht Frankreich vor einer Renaissance bei der Ausweitung der Kernkraft. Probleme bei den großen Ausbauplänen hat in den vergangenen Monaten aber ausgerechnet der zuständige Stromkonzern EDF gemacht. Damit soll nun Schluss sein. Seit Donnerstag ist das verschuldete Sorgenkind wieder komplett in staatlicher Hand. Für Deutschland dürfte das eine gute Nachricht sein.

Rückblende in den vergangenen Sommer: Risse und Hitze machen französischen Meilern zu schaffen und treiben so manchem im politischen Berlin inmitten der Diskussion um einen Weiterbetrieb der letzten deutschen Atomkraftwerke Schweißperlen auf die Stirn. Denn weil in Frankreich auch noch Instandsetzungsarbeiten an den in die Jahre gekommenen Anlagen durchgeführt werden, produziert monatelang nur etwa die Hälfte der dortigen 56 Atomkraftwerke Strom. Gepaart mit Einbußen bei der Wasserkraft bescherte das Frankreich 2022 letztlich eine so geringe Stromproduktion wie seit 30 Jahren nicht mehr und zwang das Land mitten in der Energiekrise zum verstärkten Stromimport - auch aus Deutschland.

Diese instabile Versorgungslage will Paris nun Geschichte sein lassen. „Wir können die Kontrolle über unsere Stromerzeugung zurückgewinnen“, sagte Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire zur Verstaatlichung von EDF. Der Konzern soll die Produktion von den 279 Terawattstunden im vergangenen Jahr wieder hochtreiben auf 350 Terawattstunden, so schnell wie möglich sollen sechs neue Meiler gebaut werden. Die Energieautonomie Frankreichs würde so gestärkt.

„Wir brauchen eine hohe Verfügbarkeit der französischen Kernkraft“

In Deutschland wird man hoffen, dass sich die französische Stromproduktion mit der Verstaatlichung tatsächlich stabilisiert – und das obwohl erst im Frühjahr erneut Risse an Meilern entdeckt wurden und die Kontrollarbeiten bis zum kommenden Frühling andauern sollen. Denn während Deutschland Frankreich in der Krise Strom lieferte und zum Ausgleich dafür Erdgas erhielt, zeigen die aktuellen Strommarktdaten der Bundesnetzagentur, dass die Bundesrepublik seit Mai wieder mehr Strom aus dem Nachbarland erhält, als es abgibt.

Ein Mitarbeiter der Stadtwerke steht in der mit farbigem Licht illuminierten Geothermieanlage der Stadtwerke Schwerin

Klimawende, Energiewende – und Wärmewende: Immer geht es darum, künftig keine klimaschädlichen Gase mehr zu produzieren. Im Wärmesektor soll Fernwärme eine wichtige Rolle spielen. Der Weg zur Klimaneutralität ist allerdings noch weit

„Wir brauchen eine hohe Verfügbarkeit der französischen Kernkraft unbedingt in den nächsten zehn Jahren“, sagte Eon-Chef Leonhard Birnbaum kürzlich. „Denn ansonsten wird die Umstellung auf Erneuerbare für uns unglaublich schwierig.“ Wenn sie verfügbar sei, stabilisiere die französische Kernkraft den europäischen Strommarkt. Mit Blick auf den vergangenen Sommer sagte Birnbaum: „Die hohen Strompreise waren auch getrieben durch die niedrige Verfügbarkeit der französischen Kernkraft.“ Die Eon-Tochter Preussenelektra hat mit Isar 2 im bayerischen Essenbach eines der drei bis zuletzt produzierenden deutschen Atomkraftwerke betrieben.

Noch steht aber nicht fest, wie schnell EDF die Produktion hochfahren kann. Versorgungsunsicherheiten könnten auch den nächsten Winter prägen. Frankreich will daher - und um bei der Energiewende voranzukommen – auch bei den Erneuerbaren Tempo machen, vor allem bei der Windkraft. Mit der Erzeugung von Strom aus Wind in Deutschland kann Frankreich bisher bei weitem nicht mithalten. Die Windräder sind in Teilen der französischen Bevölkerung zudem äußerst unbeliebt. Die rechtsnationale Konkurrentin Emmanuel Macrons bei der Präsidentschaftswahl 2022, Marine Le Pen, ließ sich gar zum Versprechen hinreißen, die Windräder im Land allesamt abzubauen.

Die Mitte-Regierung setzt nun verstärkt auf Offshore-Anlagen. Frankreichs lange und windreiche Küsten am Atlantik und am Mittelmeer eignen sich laut Stromnetzbetreiber RTE gut für die Installation schwimmender Parks. Bis 2050 will Frankreich auf See rund 50 Offshore-Windparks mit 40 Gigawatt Leistung schaffen. In Prognosen wird davon ausgegangen, dass sie dann 12 bis 31 Prozent des französischen Stroms liefern könnten. Nahe dem südfranzösischen Perpignan haben die Arbeiten für einen ersten schwimmenden Pilot-Park bereits begonnen.

dpa/kb

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