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Entspannung bei den Preisen: Wieso geht die Inflation plötzlich zurück? 

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Die Inflation verliert an Kraft - aber die Preise steigen dennoch weiter.

(Foto: IMAGO/Martin Wagner)

Der Höhepunkt bei der Inflation ist wohl überschritten, der Preisdruck lässt nach. Das liegt auch an einem statistischen Effekt. 

Auf diesen Moment haben auch Statistiker, Volkswirte, und Notenbanker gewartet: Der Inflationsdruck lässt in Deutschland stark nach. Im März lag die Inflationsrate dem Statistischen Bundesamt zufolge bei 7,4 Prozent. Das ist immer noch hoch, doch weitaus niedriger als die 8,7 Prozent im Februar. Ein wesentlicher Grund für die Entspannung ist ein statistischer Effekt.

Der Hintergrund: Die Inflation - also die allgemeine Steigerung der Preise - wird üblicherweise im Vergleich zum Vorjahr angegeben. Unmittelbar nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Ende Februar vergangenen Jahres waren die Energiepreise stark gestiegen und hatten die Inflation insgesamt angeschoben.

Das erklärt, warum die Preise im Januar und im Februar dieses Jahres so viel höher lagen als im Vergleichsmonat 2022. Ab diesem März bildet dagegen das erhöhte Preisniveau die Grundlage, um die Inflationsrate zu berechnen. Nun werden die Preise mit dem hohen Niveau des Frühjahrs 2022 verglichen. Dieser so genannte Basiseffekt schlägt sich in einer niedrigeren Gesamtrate nieder. Dämpfend dürften zudem die staatlichen Preisbremsen für Gas und Strom wirken, die vom 1. März an rückwirkend zum 1. Januar 2023 gelten.

Die Preise steigen zwar noch immer stark, aber die Inflation in Deutschland scheint ihren Höhepunkt überschritten zu haben. Mit einer durchgreifenden Entspannung bei den Preisen rechnen Volkswirte gleichwohl im laufenden Jahr nicht. "Unser Kampf gegen die Inflation ist noch nicht vorbei", sagte Bundesbankchef Joachim Nagel unlängst, der im geldpolitischen Rat der Europäischen Zentralbank sitzt. Die Notenbank hatten im März die Zinsen zum sechsten Mal in Folge wegen der hartnäckig hohen Inflation im Euroraum erhöht.

Kerninflation im Fokus

Angeschoben wurde die Teuerung lange Zeit vor allem von hohen Energie- und Lebensmittelpreisen. Inzwischen erfassen Preissteigerungen immer weitere Teile des täglichen Lebens. Während also die Gesamtinflation von sehr hohem Niveau zu sinken beginnt, befindet sich die Kerninflation (ohne die schwankungsreichen Energie- und Nahrungsmittelpreise) nach wie vor im Aufwärtstrend. Und auf die achtet die EZB bei der Ausrichtung ihrer Geldpolitik besonders.

Die Kerninflation erweise sich inzwischen als viel hartnäckiger als die Gesamtinflation, sagte EZB-Direktorin Isabel Schnabel diese Woche. "Und natürlich verursacht das auch einige Kopfschmerzen für Notenbanker", ergänzte sie. Schnabel ist Mitglied des sechsköpfigen Führungsteams der Europäischen Zentralbank und für die konkrete Umsetzung der Geldpolitik zuständig.

Die Gesamtinflation im Euro-Raum ist zwar zuletzt weiter gesunken auf 8,5 Prozent im Februar von 8,6 Prozent im Januar. Doch die Kernrate stieg von 5,3 Prozent im Januar auf 5,6 Prozent im Februar an. Das könnte darauf hindeuten, dass die Phase der hohen Teuerungsraten in der 20-Länder-Gemeinschaft noch länger andauern könnte als bislang gedacht.

Einer der Gründe für die anhaltend hohe Kerninflation hängt Schnabel zufolge mit den Energiepreisen zusammen. So beeinflusse teurere Energie die gesamte Wirtschaft und dies gehe dann auch in die Kerninflation ein, erläuterte sie. Laut Schnabel hat der heftige Energiepreisanstieg im vergangenen Jahr sehr schnell in die gesamte Wirtschaft hineingewirkt. So schnell werde sich dieser Effekt aber voraussichtlich nicht wieder herauslösen. "Dies ist einer der Faktoren, der erklärt, warum die Kerninflation beharrlicher ist", führte sie aus.

Die EZB strebt zwei Prozent Inflation als Optimalwert für die Wirtschaft im Euro-Raum an. Davon ist sie immer noch weit entfernt.