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Erdbeben in der Türkei und Syrien - Die Menschen schliefen, als die Hölle losbrach

Gaziantep – Sie graben mit den Händen, weil es an Baggern fehlt. Sie wühlen sich durch Trümmer, unter denen verzweifeltes Wimmern erklingt. Die Zeit läuft gegen die Helfer, sie läuft für den Tod.

Die schwersten Erdbeben seit mehr als 50 Jahren haben den Südosten der Türkei und den Norden Syriens erschüttert.

Plattentektonik: Spannung auf der Anatolischen Platte – Infografik

Helfer bringen ein weinendes Mädchen in Diyarbakir (Türkei) in Sicherheit. Es wurde aus Trümmern geborgen

Foto: SERTAC KAYAR/REUTERS

▶︎ Es war 4.17 Uhr in der Früh, als rund um das Epizentrum bei Gaziantep (2 Mio. Einwohner) die Erde mit Stärke 7,8 erzitterte. 60 Sekunden dauerte der Erdstoß, die meisten Menschen überraschte er im Schlaf.

Nur elf Minuten später bebte die Erde erneut, diesmal mit Stärke 6,7. Was der erste Erdstoß beschädigt hatte, vernichtete der zweite komplett: Stadtviertel stürzten ein wie Kartenhäuser, rissen Hunderte in den Tod. Die Wucht des Bebens war bis in den Libanon, nach Zypern und Israel zu spüren. Italien löste Tsunami-Alarm aus.

Karte/Map: Erdbeben in der Türkei und Syrien – Infografik

„Das Beben hat einfach nicht aufgehört“, so Rami Araban, Mitarbeiter der Hilfsorganisation „Care“. „Ich dachte, die ganze Stadt stürzt zusammen.“ „Alle sind auf der Straße, die Menschen sind verwirrt, wissen nicht, was sie tun sollen“, berichtete Özgül Konakçı (25) aus Malatya (635 000 Einwohner). „Überall wurde geschrien“, so ein Überlebender (30) aus Diyarbakir (1,8 Mio. Einwohner). „Wir zogen Verletzte aus den Trümmern, aber das Schreien hörte nicht auf.“

Rettungskräfte ziehen Mehmet Emin Ataoglu aus dem Schutt eines ehemals 6-stöckigen Gebäudes in Hatay (Türkei)

Foto: ddp/abaca press

Mit dem Morgen kam das Grauen: dichte Staubwolken über verwüsteten Städten, überall Tote. Im Schneetreiben bibbernde Menschen, die ihr Heim, Hab und Gut verloren hatten. „Alle Krankenhäuser der Region sind voll“, berichtete Mohammed S. (30), Sprecher des syrischen Zivilschutzes „Weißhelme“, BILD am Telefon. „Wir wissen nicht, wohin mit den Menschen. Hunderte Familien sind noch unter den Trümmern!“

Über eine Leiter bergen Anwohner in Jandaris (Syrien) ein verletztes Mädchen

Foto: RAMI AL SAYED/AFP

Als langsam Hilfe anrollte, tobte die Erde erneut. Ein weiteres Beben mit Stärke 7,6 erschütterte die Katastrophenregion am Mittag um 13.24 Uhr. „Das Beben hatte die Stärke von etwa 130 Atombomben“, schätzt Geophysik-Ingenieur Prof. Övgün Ahmet Ercan (74).

Sie haben es aus den Trümmern gerettet! Ein Helfer bringt das Mädchen in Jandaris (Syrien) in Sicherheit

Foto: KHALIL ASHAWI/REUTERS

45 Nationen, darunter Deutschland, die USA, die Ukraine und Russland, boten Hilfe an. Bergungsteams und Mediziner aus aller Welt machten sich auf den Weg in die Katastrophenregion. Hilfslieferungen mit Notstromaggregaten, Zelten und Decken wurden auf den Weg gebracht. Sie werden bitter benötigt. Bis zum Abend wurden mehr als 3000 Tote geborgen. Mehr als 7000 Menschen, schätzen die Behörden, könnten noch unter den Trümmern liegen. Tausende Verletzte wurden notdürftig behandelt, Zehntausende sind obdachlos.

Eine verschüttete Frau wird von den Rettungskräften mit Sauerstoff versorgt

Foto: ddp/abaca press

Unzählige Menschen verbrachten die Nacht aus Angst vor Nachbeben im Freien oder in ihren Autos. Bei Schneefall und Minusgraden droht ihnen die nächste Katastrophe.

Menschen rennen um ihr Leben Hochhäuser-Einsturz nach Erdbeben in Türkei

Erklärgrafik: Erdbeben – Entstehung, Geschwindigkeit, geologischer Ursprung